Tierhaltung und Tierwohl: Mehr Tier als Gier ist das Ziel

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Moderator Jens Wolters aus dem SWR1 Team moderiert regelmäßig die Sendung SWR1 Leute mit spannenden und interessanten Gästen (Foto: SWR)
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Moderator Torsten Helber aus dem SWR1 Team. Zu hören unter anderem im Musik Klub Country oder in SWR1 Die Nacht. (Foto: SWR)

Agrarwissenschaftlerin Stefanie Pöpken will Verbesserungen im Bereich Tierwohl erreichen und dazu beitragen, nachhaltigere tierische Produkte in die Lebensmittelregale zu bringen.

Es gibt keinen Landwirt und keine Landwirtin, die ihre Tiere schlecht halten wollen. Alle wollen das Beste für ihre Tiere. Wenn ich nur kranke Tiere habe, dann kann ich sie nicht verkaufen.

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Tierschutz, Tierhaltung und Tierwohl

Tierwohl und Tierhaltung funktionieren gut zusammen, ist Agrarwissenschaftlerin Stefanie Pöpken überzeugt. Der Begriff "Tierwohl" ist gesetzlich allerdings nicht verankert.

Einige landwirtschaftliche Betriebe haben mittlerweile vorbildliche Strukturen aufgebaut. Allerdings sehen wir auch immer noch Bilder von schlechten Zuständen für die Tiere auf anderen Höfen.

Wir haben viele Gesetze und Verordnungen, die einiges erreichen können – es aber noch nicht ganz erreichen. Das Potenzial, die Gesetze umzusetzen, ist noch nicht voll ausgeschöpft.

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Was bedeutet die Tierhaltungskennzeichnung?

Beim Einkaufen im Supermarkt haben viele sicherlich schon die Kennzeichnungen zur Haltungsform auf tierischen Lebensmitteln gesehen. Dies sei ein guter Hinweis zur Orientierung, meint Stefanie Pöpken. Allerdings müssten Verbraucher:innen sich weiter informieren, was hinter der Kennzeichnung steckt, da der Aufkleber alleine noch nicht viel aussage. Für Landwirte bedeutet das "Tierwohllabel" oft zusätzlichen Aufwand.

Wie geht es den Tieren in unseren landwirtschaftlichen Betrieben?

In ihrem Buch "Nutztiere – Mehr als eine Frage der Haltung", das Stefanie Pöpken gemeinsam mit Bernward Geier und Renate Künast geschrieben hat, stellt sie eine Auswahl von 16 unterschiedlichen Betrieben vor. Dabei hebt sie besondere Projekte, wie beispielsweise die "ammengebundene Putenhaltung" hervor. In ihrem Buch gehe es nicht ausschließlich um Bio-Höfe, sagt Stefanie Pöpken.

Ich finde es schwierig zu sagen: nur die Bio-Betriebe sind die "einzig wahren" Betriebe. Es gibt ganz viele konventionelle Betriebe, die auch tolle Dinge auf ihren Höfen umsetzen. Auch das muss man zeigen.

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Wie können wir im Supermarkt für mehr Tierwohl sorgen?

Discounter kaufen in großen Mengen ein und bieten Lebensmittel relativ günstig an. Auf diese Entwicklung musste sich die deutsche Landwirtschaft einstellen, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.

Das, was wir heute in den Lebensmittelläden sehen, ist ein Produkt unseres Kaufverhaltens. Das, was wir kaufen, wird hergestellt und angeboten. Wenn der größte Teil der Bevölkerung nur das günstigste Fleisch kauft, wird es davon auch weiterhin viel geben.

Selbstverständlich spielt der Preis eine Rolle und viele können sich kein teures Fleisch leisten. Es gehe auch keinesfalls darum, vegetarisch zu leben, so Stefanie Pöpken, es gehe allein um das Maß:

Wenn ich jeden Tag Fleisch esse, habe ich einen sehr hohen Fleischkonsum und es muss so kostengünstig angeboten werden, dass ich es mir jeden Tag leisten kann. Wenn es teurer ist, dann kann ich es mir nicht mehr jeden Tag leisten. Für viele ist der Begriff "Verzicht" ja schon ein Unwort. Keiner möchte auf etwas verzichten.

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Mehr Tierwohl: eine Aufgabe für uns alle

Der Umbau der Tierhaltung muss bezahlt werden. Das betreffe uns als gesamte Gesellschaft, so Stefanie Pöpken. In Verbraucher-Umfragen geben viele an, sie seien für Tierwohl, entscheiden sich im Geschäft dann aber für Fleischprodukte mit dem günstigeren Preis. Hier müsse ein Umdenken stattfinden:

Ich muss mich persönlich dafür interessieren, was ich kaufe und was ich mit meinem Kauf unterstützen möchte. Wenn ich nur auf den Preis achte, wird sich nichts ändern. Wenn ich aber anfange, bewusst zu kaufen und versuche, die heimische Landwirtschaft mit bewusstem Kaufverhalten zu stärken, wird es auch eine Veränderung geben.

Es koste Zeit, sich im Internet oder bei Verbraucherzentralen über die Lebensmittel zu informieren — aber das hätten die Tiere in den Ställen und Betrieben verdient, meint Stefanie Pöpken. Dabei sei niemand perfekt und man könne nicht alles kontrollieren, aber: Auch sie selbst versuche zumindest ihr Bestes, um sich über die Lebensmittel, die sie kauft, zu informieren.

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