Katastrophenforscher schätzt Risiko von Naturkatastrophen ein
Katastrophenforscher Andreas Schäfer ist Geophysiker und Bauingenieur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und schätzt sowohl Risiko als auch mögliche Auswirkungen von Naturkatastrophen ein. Neben der Hochwassergefahr gibt es in Baden-Württemberg auch eine reale Gefahr durch potentielle Erdbeben. Hinzu kommen immer öfter auch Extremwetterereignisse wie Stürme und Hagelschauer.
Pläne aus Gaggenau und Gernsbach Schutz vor Hochwasser: Experte sieht Verbesserungsbedarf im Murgtal
Die Hochwasserlage war in den vergangenen Tagen in Deutschland vielerorts angespannt. In Baden-Württemberg ist der Schutz gut, ein Experte sieht im Murgtal jedoch Verbesserungsbedarf.
Flächenversiegelung als Auslöser für Hochwasser?
"Was trägt unsere hemmungslose Flächenversiegelung mit Pflastersteinen und Asphalt zur Hochwassergefahr bei?" fragt ein SWR1 Hörer per Mail ins Studio. Schäfers Antwort räumt mit einigen Missverständnissen auf. Zum einen gebe es so genanntes "fluviales" Hochwasser – da regnet es über einem sehr großen Gebiet, das Wasser sammelt sich und bringt einen Fluss zum Überlaufen.
Ahrtal Hochwasser als Blaupause für das Murgtal?
Das Murgtal sei dem Ahrtal recht ähnlich, sagt Andreas Schäfer – eng, wenig Platz, viel Bebauung. "Da ist kein Platz für das Wasser." Es sei also eine Frage der Raumplanung, wie man Platz schafft für das Wasser. Mit Blick auf das Ahrtal könne man dies sehr konkret nachvollziehen und sich fragen, welche Konsequenzen man daraus zieht. Nicht vergessen dürfe man dabei aus wissenschaftlicher Sicht den Faktor Mensch.
Das Ahrtahl: Leben nach der Flutkatastrophe
Kosten, Bürokratie, langwierige Genehmigungsverfahren
Nach Angaben des Landes komme man "in Baden-Württemberg mit dem Hochwasserschutz gut voran". Wie gut, davon kann Michael Pfeiffer auf kommunaler Ebene berichten. Der Oberbürgermeister von Gaggenau im Kreis Rastatt engagiert sich seit Jahren für den Hochwasserschutz. Er weiß, wie wichtig - und wie teuer - Schutzmaßnahmen in von Hochwasser gefährdeten Regionen wie dem Murgtal sind.
Das seien Summen, die man nicht so einfach mal in einem kommunalen Haushalt stemmen könne. Das seien Aufgaben für Jahrzehnte, auch wenn das Land relativ viel beisteuere – nicht zu vergessen die Genehmigungsprozesse und die damit verbundene Bürokratie.
Hochwasserschutz: kluge Kombination statt einfacher Lösungen
Einfache Lösungen, die eine schnelle Maßnahme - nur das Hochwasser-Rückhaltebecken, nur die Renaturierung, nur die Überlauffläche - nein, das helfe nicht, sagt Andreas Schäfer. Schutz sein nur mit einer klugen, auf die örtlichen Bedürfnisse angepassten Kombination möglich.
Außerdem müssten die Menschen sich und ihre Häuser auch selbst schützen, denn bei Starkregen, der wild über die Täler ablaufe, helfe Gewässerschutz oftmals gar nicht.
Und warum hinterfragen ab einem gewissen Zeitpunkt die Menschen die teuren Investitionen in Hochwasserschutz erneut, warum fehlt plötzlich die Bereitschaft, Gelände abzugeben für Renaturierung oder Rückhaltebecken? Psychologie, sagt Schäfer.