Symbolbild Wahlkreis 293 Bodensee Bundestagswahl 2021 in Baden-Württemberg (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Felix Kästle, Karte und Montage: SWR)

Neuer CDU-Kandidat nach Jahren

Bundestagswahl 2021 in Baden-Württemberg: Wahlkreis 293 - Bodensee

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Isabel Heine

Im Wahlkreis Bodensee steht ein Wechsel bevor. Der bisherige direkt gewählte Kandidat von der CDU, Lothar Riebsamen, tritt nicht mehr an. Es wird spannend, wer das Mandat gewinnt.

Die politische Ausgangslage

Für die CDU saß seit 2009 Lothar Riebsamen im Bundestag und vertrat den Wahlkreis Bodensee. Riebsamen hatte das Direktmandat im Wahlkreis gewonnen. Er wird bei dieser Wahl nicht mehr antreten. Der Rechtsanwalt Volker Mayer-Lay möchte für die CDU dieses Mandat übernehmen. Für die AfD war bei der letzten Bundestagswahl Alice Weidel angetreten und über die Landesliste in den Bundestag eingezogen. Sie wurde bei dieser Wahl wieder als Direktkandidatin für ihre Partei aufgestellt.

Die größten Herausforderungen vor der Bundestagswahl

Der Wahlkreis ist geprägt von der Landwirtschaft, vor allem dem Obstbau. Die Kandidatin der Grünen sieht die ökologischen Transformation am Bodensee als eine der größten Herausforderungen. Maria Heubuch ist selbst Bäuerin und fordert eine andere Agrar- und Ernährungspolitik, um das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Der Bund müsse bessere Programme auflegen, um den Acker- und Obstbau ökologisch zu machen, sagt sie. Es koste Geld, wenn künftig Pestizide verringert werden sollen.

Streitthema im Wahlkreis ist auch der Bodensee als wichtiger Wirtschaftsfaktor für den Tourismus, aber ebenso für die Fischerei. Durch den Klimawandel verändern sich Flora und Fauna im See, die Fischpopulation geht seit Jahren zurück. Diskutiert und gefordert werden immer wieder, den Phosphatgehalt im Bodensee zu erhöhen oder Fischzuchtanlagen zu errichten. Volker Mayer-Lay (CDU) spricht sich klar dagegen aus.

Ein weiteres viel diskutiertes Thema am Bodensee ist die schlechte Infrastruktur, vor allem die Bahnanbindung. Die Südbahn zwischen Lindau und Ulm wurde mittlerweile elektrifiziert, die Fertigstellung ist auf der Zielgeraden. Aber die Bodenseegürtelbahn, die aus unterschiedlichen Teilstrecken um den Bodensee besteht, fährt nach wie vor nicht unter Strom. Es gibt Forderungen, die Strecke zu einer Bodensee-S-Bahn weiterzuentwickeln. Der Bund müsse bei den Planungskosten einbezogen werden, sagt zum Beispiel Leon Hahn (SPD). Auch der Ausbau der Bundesstraßen wie der B31 ist ein wichtiges Thema in der Region. Streit gibt es unter anderem um die Trassenführung der B31neu. Besser werden muss auch die digitale Infrastruktur. Am Bodensee gibt es noch nicht flächendeckend schnelles Internet oder Handyempfang.

Zuletzt wurde über den neuen Regionalplan der Region Bodensee-Oberschwaben heftig gestritten. Dieser zeigt, welche Flächen in der Region Wohn - oder Gewerbegebiete werden können oder wo zum Beispiel Kiesabbau möglich sein kann. Die Grünen kritisieren den Plan. Er sei nicht zukunftsfähig, findet auch Maria Heubuch, die Direktkandidatin der Grünen. Denn er beruhe auf einem 20 Jahre alten Landesentwicklungsplan, der die Verkehrswende und neue Wohnformen nicht im Blick habe.

Die FDP setzt neben Digitalisierung, Klimawandel und Bildung einen Fokus auf die Gastronomie und den Tourismus im Wahlkreis Bodensee. Letztere sind wichtige Wirtschaftsfaktoren in der Region. Die Branche litt im Lockdown unter wirtschaftlichen Einbußen. Direktkandidat Christian Steffen-Stiehl will sich für eine Entlastungspolitik einsetzen, um einen Neustart der Branche zu ermöglichen. Außerdem blickt er bereits wieder Richtung Winter: Es brauche Konzepte, wie man mit dem Virus lebe und die Freiheiten der Bevölkerung nicht übermäßig einschränke, so Steffen-Stiehl.

Die Linke will im Wahlkreis Bodensee auf die soziale Schieflage eingehen, die während der Corona-Pandemie entstand. Weitere Themen sind für den Direktkandidaten Frank Sander Klima, Arbeit, Digitalisierung und der knappe und teure Wohnraum am Bodensee. Frank Sander will sich deshalb für eine nachhaltige Stadtentwicklung, faire Löhne und bezahlbare Mieten einsetzen. Letzteres thematisiert auch der SPD-Direktkandidat. Leon Hahn sieht den Grund für hohe MIeten am Bodensee unter anderem in der zunehmenden Anzahl an Ferienwohnungen. Einerseits sei das ein lukratives Geschäft in der Ferienregion, andererseits verdränge das Bürgerinnen und Bürger vom See, die sich Wohnungen nicht mehr leisten können, sagt Leon Hahn (SPD). Hier sei die Politik gefragt, um Lösungen zu präsentieren.

Die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten

Die Reihenfolge der Kandidierenden ergibt sich aus dem Endergebnis der Bundestagswahl 2017 in Baden-Württemberg.

Zu den Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien, die im Bundestag vertreten sind, zählt der Rechtsanwalt Volker Mayer-Lay (CDU). Der 39-Jährige ist seit 20 Jahren politisch aktiv. Bisher ist er Kreisvorsitzender der CDU im Bodenseekreis. Leon Hahn (SPD) ist 30 Jahre alt und Mitglied des Landesvorstandes der SPD Baden-Württemberg. Er war bereits 2017 Direktkandidat für den Bundestag. Maria Heubuch (Grüne) ist Bäuerin und war viele Jahre als Abgeordnete im Europaparlament aktiv, wo sie sich mit Entwicklungs- und Agrarpolitik befasste.

Für die FDP tritt Christian Steffen-Stiehl an. Er ist seit 2017 Bundestagskandidat für den Wahlkreis und Mitglied im Vorstand des FDP Kreisverbands Bodensee. Alice Weidel wird wieder für die AfD ins Rennen gehen. Die Co-Fraktionschefin im Bundestag tritt auch als Spitzenkandidatin für ihre Partei an. Außerdem ist sie stellvertretende Vorsitzende des AfD Kreisverbands Bodenseekreis. Sander Frank tritt für Die Linke an und ist der jüngste Kandidat im Wahlkreis Bodensee. Der 23-Jährige hat die Fridays-for-Future-Ortsgruppe in Friedrichshafen gegründet, wo er auch studiert. Außerdem ist er im Vorstand des Kreisverbands der Linken im Bodenseekreis.

Baden-Württemberg

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Die Top-Themen vor der Wahl

Der Wirtschaftsstandort Bodensee muss sich weiterentwickeln und zukunftsfähig werden, will man langfristig Arbeitsplätze vor Ort sichern. Deshalb wünschen sich viele technologischen und ökologischen Fortschritt. Konzerne, wie der Autozulieferer ZF Friedrichshafen, setzen bereits auf alternative Antriebstechnologien. Zum wirtschaftlichen Fortschritt gehört auch eine belastbare Infrastruktur, sowohl was eine bessere Netzabdeckung und schnelles Internet angeht als auch ausgebaute Straßen und eine bessere Bahnanbindung. Gleichzeitig muss sich auch die Landwirtschaft, die die Bodenseeregion prägt, langfristig weiter entwickeln hin zu mehr Ökologie.

So gehen die großen Parteien in den Wahlkampf

Der CDU-Kandidat, Volker Mayer-Lay, ist in der Region unterwegs und sucht neben digitalen Veranstaltungen das persönliche Gespräch. Es wird spannend, ob der Neuling seinen langjährigen Vorgänger, Lothar Riebsamen, nachfolgen wird oder ob ein anderer Direktkandidat das Mandat im Wahlkreis holt.

Leon Hahn (SPD) will Alice Weidel, Direktkandidatin im Wahlkreis Bodensee für die AfD, im Wahlkampf offensiv angehen. Damit will der Politiker eine starke Stimme gegen Intoleranz und Rechtsextremismus sein. Schon seit ihrem Einzug in den Bundestag greift er die rechtspopulistische Politikerin an. Zum Beispiel erstattete er Anzeige gegen Weidel, als die illegalen Spenden aus der Schweiz bekannt wurden. Leon Hahn setzt im Wahlkampf auch auf eine Bürgerumfrage, für die er 20.000 Umfragebögen verteilt hat. Diese will er auswerten und daraus ein Programm für den Wahlkreis entwerfen. Darüber hinaus stehen vor Ort Termine, Online-Konferenzen und Hausbesuche an.

Die Grünen setzen im Wahlkampf auch auf direkte Gespräche. Maria Heubuch bietet sogenannte Klappstuhlgespräche an. Im Garten, auf der Terrasse oder auf der grünen Wiese lässt sie sich von Interessierten einladen, um unterschiedliche Themen zu besprechen. Im Wahlkampf will sie sich eher auf ihre eigenen Inhalte besinnen und diese publik machen. An Alice Weidel wolle sie sich nicht abarbeiten, sagt Heubuch.

Der Spendenskandal um Alice Weidels AfD-Kreisverband Bodenseekreis hängt ihr weiterhin nach. Wegen der illegalen Spenden aus der Schweiz muss ihre Partei ein Bußgeld über 400.000 Euro zahlen. Auf eine Interviewanfrage hat Alice Weidel oder ihre Partei bisher nicht reagiert.

Die FDP setzt im Wahlkampf auf eine Mischung aus Social Media, eine Homepage und das persönliche Gespräch. Dabei werde eine Rolle spielen, wie sich die Pandemie entwickelt, so Christian Steffen-Stiehl. Er freue sich schon auf den Straßenwahlkampf, sagt er.

Frank Sander (Linke) will mit den Menschen über digitale Wege oder persönliche Gespräche in Kontakt treten. Konkret geplant sind Haustürgespräche, Infostände, digitale Events oder auch Kundgebungen.

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