Blick in die Leiche: Pathologe Roland Sedivy über verborgene Krankheiten und Trauer

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Nabil Atassi
Moderator Nabil Atassi aus dem SWR1 Team. Zu hören in der Talk-Sendung SWR1 Leute - immer 2 Stunden für einen Gast mit interessanten Themen. (Foto: SWR)

Wie können Krebs und andere Krankheiten besser erkannt und geheilt werden? Die Pathologie hilft bei der Diagnose. Roland Sedivy über seine Erlebnisse bei Autopsien & Trauerarbeit.

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Prof. Dr. Roland Sedivy ist Pathologe aus Wien, er war Chefarzt und Stellvertreter des Ärztlichen Direktors an Kliniken in Österreich und der Schweiz. Inzwischen ist er an einem pathologischen Institut in Wien und hat einen Lehrstuhl an der Siegmund-Freud-Universität in Wien inne. In seinem Berufsleben hat er schon einiges erlebt – der Beruf des Pathologen genießt nicht nur in Medizinerkreisen einen speziellen Ruf, hat er doch vorwiegend mit leblosen Körpern zu tun.

Krebs & andere Krankheiten: Pathologie hilft bei Diagnose

Ein großes Missverständnis in der Pathologie: Pathologen sind nicht ausschließlich "Leichenärzte", sondern auch und gerade wichtige Experten bei der Suche nach Ursachen für Krankheiten und mit ihrem geschulten Blick am Mikroskop ein unverzichtbarer Baustein zum Beispiel bei der Diagnose von Krebs.

Die Pathologen sind zuständig für die Todesursache bei Verstorbenen im Krankenhaus und machen auch für Lebende vieles. Die Rechtsmediziner, das sind die Detektive mit dem Skalpell. Die arbeiten für das Gericht, zum Beispiel bei Morden.

Das entdeckt man beim Blick in eine Leiche

Natürlich gehört auch die Sektion zum Geschäft von Roland Sedivy: Das Öffnen einer Leiche gewährt einen Blick in das Innere eines Menschen, der vieles offenbart.

In SWR1 Leute berichtet er über die vielfältigen Erkenntnisse, die er durch Einblicke in die Körper Verstorbener gewinnt: Dabei kann er nicht nur verborgene Erkrankungen aufdecken, sondern auch beurteilen, ob Therapien erfolgreich waren. Im Standardverfahren erfolgt zuerst die Untersuchung der zentralen Körperhöhlen, einschließlich des Herzens. Wenn dabei Auffälligkeiten auftreten, wird die Untersuchung vertieft. Dadurch kann sich die Dauer einer Obduktion verlängern.

Eine Obduktion oder auch innere Totenschau ist dafür da, dass man eine Todesursache klärt oder auch bei der Verbrechensaufklärung hilft.

Für die Einen ist das faszinierend, für die Anderen gruselig und abstoßend. Entsprechend ranken sich darum einige Mythen. Sedivy weiß, dass es beim Sezieren einer Leiche vor allem auf eines ankommt: Sorgfalt und Erfahrung. Dennoch: Auch für ihn gab und gibt es immer wieder rätselhafte Fälle. Von denen und seinem ganz speziellen Beruf erzählt er in SWR1 Leute.

Das Verhältnis zum Tod als Pathologe

Als Pathologe arbeitet Roland Sedivy täglich in der Grenzzone zwischen Leben und Tod. Das Verhältnis zum Sterben hat sich im Laufe seiner beruflichen Laufbahn ziemlich verändert.

Man wird bedachter, demütiger [...]. Am Anfang ist die Euphorie da [...], aber mit den Jahren kommt natürlich auch die Selbstreflektion dazu und dann weiß man, eines Tages liege ich auf so einem Tisch.

Empathie in der Medizin: Die Bedeutung von Trauergesprächen

Wenn geliebte Menschen sterben, empfinden wir nicht nur den Schmerz des Verlustes, sondern auch Einsamkeit. Oft bleiben unbeantwortete Fragen der Angehörigen zurück bezüglich möglicher Maßnahmen, die den Tod vielleicht verhindert hätten.

Man muss sich auch Zeit nehmen können [...], dass man nicht in der Hektik des Alltags, sondern [...] in einem ruhigen Umfeld mit den Menschen spricht [...] und ihnen hilft den Todesfall zu verstehen.

Das hat auch der Pathologe erkannt. Er hat sich zusätzlich als Lebens- und Sozialberater ausbilden lassen, um Trauergespräche mit den Angehörigen und Hinterbliebenen professionell zu führen.

Man muss sich schon wappnen, denn jeder Mensch ist anders, hat seine individuellen Bedürfnisse, verarbeitet das anders und dann brauche ich entsprechendes Eigenwissen.

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