Billy Wagner vom "Nobelhart & Schmutzig"

So regional & nachhaltig ist eines der weltbesten Restaurants

Stand
MODERATOR/IN
Nicole Köster
Moderatorin Nicole Köster aus dem SWR1 Team moderiert täglich ausßer samstags zwischen 10 und 12 Uhr die Sendung SWR1 Leute (Foto: SWR)

Engagiert, geradlinig, nachhaltig und durchaus auch politisch: Wer bei Billy Wagner isst, bekommt regionale Küche auf Michelin Sterne-Niveau.

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Regionale Lebensmittel - Sterneküche mit Verzicht auf Exotisches

2015 eröffnete Billy Wagner gemeinsam mit Micha Schäfer das Restaurant "Nobelhart & Schmutzig" in Berlin-Kreuzberg. Den Gästen möchten sie die Lebensmittelvielfalt vermitteln, die es in Berlin und Umgebung gibt. Die Philosophie des Restaurants lautet: "brutal lokal" – kein Pfeffer, kein Olivenöl, im Winter viel Fermentiertes.

Seit 2016 trägt das Restaurant einen Michelin-Stern, seit 2018 gehört es zu "The World's 50 Best Restaurants". Eine große Ehre, sagt Billy Wagner, nicht nur für das Restaurant.

Gerade Brandenburg ist verschrien als nicht so kulinarisch interessanter Raum, als qualitativ nicht so hochwertiger Ort für gute Lebensmittel. Wir sagen: das ist es wohl! Und [unsere Preise und Auszeichnungen sind auch] eine Auszeichnung für die Landwirtschaft, die sich um Berlin herum in den letzten 10-15 Jahren entwickelt hat.

Der politische Hintergedanke: Was, wie und in welcher Weise von den Landwirten produziert wird und werden kann, wird stark von der Politik bestimmt. Also wollen engagierte Wirte und Restaurantbesitzer wie Billy Wagner regionales Bewusstsein schaffen.

Gastronomie im Wandel: Wie sieht die Zukunft aus?

Billy Wagner wurde mehrfach als Sommelier des Jahres ausgezeichnet. Seine Aufgabe im Restaurant: alles außer kochen. Er schaut, dass das Restaurant läuft, die Gäste eine gute Zeit haben – und dass sie überhaupt kommen. Er sagt: "Ich bin quasi jeden Abend Gastgeber einer Party".

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Billy Wagner wurde in Mittweida bei Chemnitz geboren und wuchs in Dechsendorf bei Erlangen auf. Seine Ausbildung zum Restaurantfachmann absolvierte er im Hotel "Herzogs Park" in Herzogenaurach.

Den Wandel in der Gastronomie hat er schon in Kindeszeiten in der Wirtschaft der Eltern miterlebt - heute sieht er ihn in einem größeren Fokus, als man zunächst vermuten würde.

Die Gastronomie befindet sich grundsätzlich im Wandel: Man muss eine ganze Menge tun, um en vogue zu bleiben. Es geht in der Gastronomie ja immer erst mal um Menschen: Also um die Gäste an sich, aber auch um die Mitarbeiter:innen, mit denen man zusammenarbeitet, um die Lieferant:innen, und da ist Wandel dahinter.   

Oh, eine Buchtel müsste man sein - schönstes bei kaltem Wetter: Buchteln (ja, Plural), Fichte, eingelegte Brombeeren.

Philosphie und Werte im "Nobelhart & Schmutzig"

Billy Wagner zieht einen spannenden Vergleich, wie er die Gäste für das Restaurant und dessen Werte begeistern möchte: Kleidung. Wenn man wisse, woher die Kleidung kommt, die man trägt - die Baumwolle aus Griechenland, gefertigt auf der Schwäbischen Alb - habe man ein gutes Gefühl beim Tragen. Und deshalb wirbt er nicht nur mit der Küche, sondern auch mit den Werten, die in seinem Restaurant vertreten werden.

Natürlich geht es ums Essen und um die Getränke. Aber es geht auch darum, was hinter dem Essen und hinter den Getränken steht: Wie geht man mit den Mitarbeiter:innen um? Was für Menschen liefern ans Restaurant?

4 Tage Woche und soziale Verantwortung

Nachhaltigkeit ist den Betreibern des "Nobelhart & Schmutzig" besonders wichtig - dazu gehören für sie nicht nur Ökostrom oder Verzicht auf Papier beim Bon-System. Nachhaltigkeit erstreckt sich für Billy Wagner auch auf den sozialen Bereich.

Wir haben eine Vier-Tage-Woche für die Mitarbeiter:innen, sie arbeiten 40 Stunden. Die werden ganz genau aufgeschrieben, Überstunden werden bezahlt oder in Freizeit ausgeglichen. Das ist ein gewisses nachhaltiges Konzept, weil dann die Leute einfach nicht ausgelaugt sind.

Verhaltenskodex für Mitarbeitende und Gäste

Dass es in einem Restaurant durchaus mal hoch hergehen kann, ist Billy Wagner bewusst, und natürlich sind auch die Gäste höchst verschieden. Auch innerhalb des Teams kann es durchaus mal zu Spannungen kommen. Das alles regelt ein Verhaltenskodex, den sich dasTeam selbst gegeben hat.

Wenn ein Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin nicht mehr an einen Tisch will, weil es da vielleicht irgendwie unangenehm war ... weil die Gäste sich nicht so richtig benehmen, dann muss sie das nicht erklären. Dann gehe ich da normalerweise hin und habe natürlich in meiner Autorität als Inhaber einen anderen Kontakt mit den Leuten, die da sitzen.

Hohe Preise in der Gastronomie - Essen als Luxus?

Apfelsaft, der 4.20 Euro kostet, sei nicht zu teuer, sagt Billy Wagner und dreht das Preisargument um: Der Apfelsaft für 50 Cent sei zu billig. Und warum sind bei ihm im Restaurant die Preise am Wochenende höher als unter der Woche? Er argumentiert mit der Deutschen Bahn: Wenn dort die Züge nicht voll sind, sind die Tickets eben billiger. Ist Essen gehen zum Luxus geworden?

Es ist ein neuer Luxus. Also nicht der Kaviar oder die Austern sind ein Luxus, sondern es ist Luxus, die Zeit zu haben, im Restaurant entsprechend lange sitzen zu können. Es ist Luxus, das mundgeblasene Glas zu haben, die handgemachten Teller von einem kleinen Töpfer aus der Region um Berlin. Es ist Luxus, die große Weinkarte zu haben, wo viele besondere Positionen draufstehen, die es nicht so häufig gibt. Das sind alles besondere Dinge, die man bei uns bekommt. 

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