Suchtforscher: Folgen einer Legalisierung von Cannabis für Deutschland

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MODERATOR/IN
Nicole Köster
Moderatorin Nicole Köster aus dem SWR1 Team moderiert täglich ausßer samstags zwischen 10 und 12 Uhr die Sendung SWR1 Leute (Foto: SWR)

Benedikt Fischer diskutiert in SWR1 Leute die Legalisierung von Cannabis in Deutschland. Kritiker sorgen sich um Abhängigkeit, wenn Weed bzw. Gras legal sind.

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Gründe für eine Legalisierung von Cannabis

Die Bundesregierung hat Cannabis in Deutschland Ende März 2024 teilweise legalisiert (Anm. d. Redaktion: zum Zeitpunkt der Sendung war die Legalisierung noch nicht verabschiedet). Kritiker hatten Bedenken, dass durch die Legalisierung in Zukunft noch mehr Menschen diese Droge konsumieren. Die Ampel-Koalition argumentierte, sie wolle durch einen "kontrollierten Umgang mit Cannabis" Konsumenten besser schützen und den illegalen Markt eindämmen.

Vorreiter bei der Legalisierung von Cannabis war Kanada: Dort dürfen Erwachsene seit fünf Jahren Cannabisprodukte in bestimmten Geschäften kaufen, im Internet bestellen und teilweise zu Hause anbauen.

Zieht man nicht nur die Verfügbarkeit und die Verteilung in Betracht, sondern auch die Möglichkeit, zu erziehen, realistisch aufzuklären und zu informieren, dann bietet das ja möglicherweise Gelegenheit, bessere und effektiviere Prävention zu betreiben - als wenn man immer sagt: "Das ist die Teufelsdroge und bleibt davon weg!" Dann machen die Jugendlichen genau das Gegenteil.

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Prof. Fischer: Legalisierung von Cannabis - Pro & Contra Argumente

Pro:

  • Bessere Möglichkeiten, um realistisch aufzuklären und Prävention zu betreiben.
  • Die Qualität des Cannabis steigt, erfahrungsgemäß aber auch der THC Gehalt.
  • Cannabis-Konsum wird aus dem Dunkelfeld der Kriminalität heraus gebracht - damit gibt es weniger Zugang zu anderen Drogen aus illegalen Quellen.
  • Cannabis ist laut empirischen Studien keine Einstiegsdroge, im Gegensatz zu Alkohol und Tabak.

 Kontra:

  • Das Risiko für Psychosen und Abhängigkeit steigt. Die Abhängigkeit ist schwierig zu behandeln und schränkt das Leben stark ein.
  • Kognitive Fähigkeiten werden eingeschränkt.
  • Höherer Konsum und stärker potentes Cannabis steigern die Gesundheitsrisiken.
  • Das Gesundheitsrisiko ist bei Jugendlichen höher, weil sich das Gehirn noch entwickelt.
  • Bei Ausschluss der unter 18-jährigen Jugendlichen von der Legalisierung muss eine gute Strategie zur Prävention vorliegen. Sonst werden diese ebenfalls mehr Cannabis konsumieren, da mehr verfügbar ist.
  • Der illegale Drogenmarkt wird nicht ganz verschwinden, weil weiterhin für unter 18-Jährige und für das Ausland produziert wird oder vermehrt andere Substanzen verkauft werden.

Umfrage zur Legalisierung von Cannabis

Wie stehen die Deutschen eigentlich zur Cannabis-Legalisierung? Eine infratest dimap-Umfrage im Auftrag des Hanfverbandes zeigt, dass das Land gespalten ist. 47 Prozent der Befragten finden, das Cannabis für Volljährige legal und reguliert erhältlich sein sollte, ebenfalls 47 Prozent sind dagegen. 
(Quelle: Infratest Dimap/Statista)

Wenn man an Einstiegsdrogen arbeiten will, muss man sich stark auf Tabak und Alkohol konzentrieren - vor allem in Deutschland wird das ja noch gebraucht, als sei es Trinkwasser. Von der öffentlichen Gesundheit ist da viel mehr Aufmerksamkeit und Aktion gefragt, statt speziell weiter auf Cannabis herum zu hacken.

Cannabis als legale Droge? Das sind die Folgen

Wie sind die Erfahrungen seither? Das erforscht Benedikt Fischer von der Simon Fraser University in Vancouver. Die Bilanz fällt durchwachsen aus: Der illegale Handel mit Cannabis ist durch die Freigabe zwar geschrumpft, allerdings kamen mehr Menschen wegen Cannabis in Notaufnahmen und Krankenhäuser. Wie das Fazit der Wissenschaftler einzuordnen ist, erklärt Benedikt Fischer in SWR1 Leute. Er ist im Remstal geboren, hat Deutschland vor mehr als 30 Jahren verlassen und verfasste mit internationalen Kollegen wissenschaftsbasierte Richtlinien zum sicheren Umgang mit Cannabis.

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