Ex-Außenminister von Luxemburg

Jean Asselborn: der "letzte Europäer" liebt klare Worte

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Nabil Atassi
Moderator Nabil Atassi aus dem SWR1 Team. Zu hören in der Talk-Sendung SWR1 Leute - immer 2 Stunden für einen Gast mit interessanten Themen. (Foto: SWR)

Mehr als 19 Jahre lang war Jean Asselborn Außenminister von Luxemburg. Ein bewegtes politisches Leben, geprägt von Krisen in Europa und der Welt. Was bewegt ihn heute?

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Die Europäische Union zu verstehen ist selbst für einen, der 20 Jahre dabei war, nicht immer ganz einfach.

Rechtsstaatlichkeit und Solidarität als Grundwerte von Europa

Vielen nennen ihn den "letzten Europäer": Jean Asselborn war in vielen Belangen eine Ausnahmeerscheinung in der Politik, stand für klare und auch mal markige Worte. Seine Einschätzungen und sein Rat waren zuletzt aufgrund seiner langen Erfahrung als Außenpolitiker immer häufiger gefragt. Einen Begriff betont er auch heute noch besonders, wenn es um die Zukunft Europas geht: Solidarität.

Solidarität heißt, dass wir helfen, wenn einer unter Druck ist. Es heißt aber auch, dass wir politisch einsehen, dass [wir es] nicht hinbekommen, alleine gegen die Kriminalität, gegen die Sicherheit, gegen den Klimawandel anzugehen – deshalb brauchen wir diese Solidarität. Auch, was die Flüchtlingspolitik angeht. 

Den zweiten Begriff, den Asselborn beim Thema Europa immer wieder ins Spiel bringt: Rechtsstaatlichkeit – auch im Hinblick auf den immer größer werdenden Einfluss von Rechtspopulisten oder autokratischen Regierungen.

Wenn die Gerichte nicht mehr frei sind, wenn die Presse nicht mehr frei ist, wenn die Gewaltentrennung nicht mehr besteht, dann hat Europa seine Werte verloren.

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Jean Asselborn als Krisenmanager: Migration, EU-Finanzen, Ukraine

Luxemburg, dem zweitkleinsten Land der EU, gab er ein gewichtiges Wort in der europäischen Gemeinschaft und damit in der ganzen Welt. Die längste Zeit im Amt hatte es Asselborn mit internationalen Krisen zu tun: uter anderem die EU-Finanzkrise, die Migrationskrise und Herausforderungen im transatlantischen Verhältnis. Heute schaut er mit Sorge auf den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine.

Dieser Krieg steht vor den Toren Europas. Und wenn Putin diesen Krieg gewinnt, steht er vor Polen. Ich glaube, dass in der EU noch immer Verschiedene nicht verstanden haben, welche negativen Konsequenzen es für unsere Kinder und Kindeskinder in Europa gibt, wenn Putin diesen Krieg gewinnt. Und er gewinnt ihn, wenn wir miteinander streiten. 

Nur ein einiges Europa könne Putin in die Schranken weisen. Mit Putin an der Spitze Russlands wird es Asselborns Einschätzung nach keine Verhandlungs-Lösung geben, selbst wenn es im Land gemäßigtere Stimmen in seinem Umfeld geben sollte. Deshalb müsse Europa der Ukraine durch Waffenlieferungen die Möglichkeit geben, sich zu wehren.

Die Ukrainer haben seit zwei Jahren den Mut, sich zu wehren – im Namen der Europäer und der freien Welt. Denn Putin schlägt ja nicht nur die Ukraine kaputt. Er schlägt unsere Werte kaputt, er schlägt die Demokratie kaputt.

Jean Asselborn: vom Stahlarbeitersohn zum Außenminister

Jean Asselborn ist ein Kämpfer. Als Sohn eines Stahlarbeiters kämpfte er sich hoch: Er holte das Abitur nach, studierte, wurde Bürgermeister in seiner Heimat Steinfort und schließlich Außenminister. Als seine Partei "LSAP" 2023 die Wahlen im Großherzogtum Luxemburg verlor, schied er aus der Regierung aus und kündigte auch seinen Abschied aus der Politik an. Für seine Verdienste um das deutsch-luxemburgische Verhältnis erhielt Asselborn das Bundesverdienstkreuz.

Der 74-Jährige ist verheiratet und hat zwei Töchter, ist passionierter Radsportler, schreckt auch vor Berggipfeln nicht zurück und genießt seinen Ruhestand, auch wenn er weiterhin ein großes Pensum an Vorträgen und Diskussionen absolviert.

Ich habe mir ein neues Fahrrad gekauft, bin ein bisschen weggefahren und versuche, ein normales Leben zu führen.

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