Prämiert mit sieben Oscars

„Oppenheimer“ von Christopher Nolan: Konventionelles Biopic mit Starbesetzung

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Rüdiger Suchsland

Bestes Drama und beste Regie bei den Golden Globes: Wenige wissenschaftliche Biographien im 20. Jahrhundert sind ähnlich spannend für das Kino wie das Leben des „Vaters der Atombombe“ J. Robert Oppenheimer. Regisseur Christopher Nolan erzählt es als konventionellen Kinoblockbuster mit Cillian Murphy in der Titelrolle.

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Die Ordnung der Dinge

Die ersten Bilder zeigen Regentropfen. Geometrisch exakte Kreise, die zum Teil ineinander greifen und Schnittmengen bilden. Es gibt eine Ordnung der Dinge, die alles verbindet, suggeriert dieses Bild, und der Mann, der sie so gedankenverloren, mit tiefgründigem Blick ansieht, schaut tiefer als andere. Er ahnt etwas von dieser Ordnung, er wird sie enthüllen und sie nutzen.

Wissenschaftsgenie, Frauenheld und politisch naiv

„American Prometheus“ heißt die bisher maßgebliche Biographie Oppenheimers und ist die Grundlage für Christopher Nolans Film. „Oppenheimer“ erzählt die Lebensgeschichte eines Wissenschaftlers, der schon früh durch seine Persönlichkeit und sein Genie zum Außenseiter wurde.

Filmstill
Christopher Nolan lässt den Physiker Julius Robert Oppenheimer (Cillian Murphy) zurückblicken: Auf seine Anfänge, sein Privatleben und vor allem auf die Zeit, als ihm während des Zweiten Weltkriegs die wissenschaftliche Leitung des Manhattan-Projekts übertragen wird. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Im Los Alamos National Laboratory in New Mexico sollen er und sein Team unter der Aufsicht von Lt. Leslie Groves (Matt Damon) eine Nuklearwaffe entwickeln. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Oppenheimer wird zum „Vater der Atombombe“ ausgerufen, doch nachdem seine tödliche Erfindung folgenschwer in Hiroshima und Nagasaki eingesetzt wird, stürzt es den gerade noch so jubelnden Oppenheimer in ernste Zweifel. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Um sich auf seine Rolle vorzubereiten studierte Murphy stundenlang Filmmaterial von Oppenheimer bei Vorträgen und Interviews. Bild in Detailansicht öffnen

Er führte eine komplizierte Ehe mit einer Alkoholikerin und hatte eine Geliebte, die in der Kommunistischen Partei aktiv war. Und er war ein politisch Naiver, Sozialist seit den 1930er-Jahren bis zum Ende seines Lebens. Das brachte ihn spätestens mit Beginn des Kalten Krieges in große Schwierigkeiten und kostete ihn wahrscheinlich den Nobelpreis.

Der „Atom-Mythos“ Los Alamos

Nolan erzählt auch die Geschichte der Physik in der man zwischen 1900 und 1945 das Atom, die Radioaktivität, die Relativitätstheorie, die Quantenmechanik, die Kernspaltung und schließlich die Nutzung der Kernenergie entdeckte.

Und schließlich die nicht minder heroische Geschichte des Baus der Atombombe selbst – also die nach wie vor von vielen Mythen umwobene Geschichte von Los Alamos, dem Miteinander zwischen Wissenschaft und Militär.

Filmstill
Als sich Oppenheimer immer stärker gegen Strauss und ein Wettrüsten mit Russland stellt und für eine internationale Kontrolle der Kernenergie plädiert, kommen die alten Verbindungen des Physikers zum Kommunismus wieder zur Sprache.

Regisseur Christopher Nolan enttäuscht

Das Ergebnis, das jetzt ins Kino kommt, hat drei Kapitel, und ist relativ chronologisch erzählt. Das ist alles stimmig und gut erzählt, aber auch recht vorhersehbar, es geht in seinen Fakten und Episoden auch eigentlich nie über die 40-Jahre alte BBC-Serie zu Oppenheimer hinaus.

Filmstill
„Cillian Murphy als Oppenheimer war das Herzstück des Films“, sagt Regiseur Christopher Nolan.

Gemessen daran, was man von Regisseur Christopher Nolan, einem der großen originellen Künstler des Gegenwartskinos eigentlich erwarten darf, bleibt dieser Film unbefriedigend. Zum ersten Mal in einem Nolan-Film fehlt die für Nolan typische a-chronologische Erzählweise.

Nur ein konventinelles Biopic

Auf hohem Niveau enttäuscht der Film: Dies ist ein gutes, aber konventionelles Biopic über Oppenheimer, aber kein Nolan-Film. Er entscheidet sich nicht für bestimmte Zugänge, sondern arbeitet seine Themen brav ab, ohne neue Themen zu setzen.

Filmstill
Gemeinsam mit Nolan und Kostümbildnerin Ellen Mirojnick feilte Murphy Oppenheimers unverwechselbarem Aussehen: „Ich habe nicht versucht, Robert Oppenheimer zu imitieren“, sagt Murphy. „Es hat lange gedauert, eine Kombination aus Darstellung und Interpretation zu finden.“

Schließlich bleibt das Problem natürlich, dass reale Geschichte selbst unglaublich spannend ist. Was will Fiktion hier hinzufügen? Zudem ist der Ausgang bekannt.

Nur wer überhaupt nichts weiß, wird von dem was er im Film sieht, wirklich überrascht sein. Wer aber überhaupt nichts weiß, wird sich in diesem Film aus anderen Gründen nicht zurechtfinden.

Trailer „Oppenheimer“, ab 20.7. im KIno

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SWR2 am Samstagnachmittag SWR2

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Diese Woche mit Sina Kürtz und Julia Nestlen.

Ihre Themen sind:
- Julia hat „Oppenheimer“ gesehen – und einen verbreiteten Fake dazu im Netz gefunden. Und Sina erklärt uns, was Klavierstimmer in Chicago mit dem Film zu tun haben … (00:53)
- In Vietnam wurde ein 2000 Jahre altes Currygericht ausgebuddelt – und es riecht noch! Julia überlegt, was noch so lange riechen könnte … (10:10)
- Vögel benutzen Spikes, die sie eigentlich verscheuchen sollen, zum Nestbau. Sina hat noch andere clevere Strategien zum Nestschutz gefunden! (19:22)

Unser Podcast-Tipp für diese Woche: “Der KI-Podcast” mit Marie Kilg, Gregor Schmalzried und Fritz Espenlaub. In der riesigen Flut an Informationen und Sorgen, die das Thema betreffen stellen sie sich den großen und den kleinen Fragen, die künstliche Intelligenz betreffen: https://1.ard.de/der_ki_podcast

Und noch ein KI-Tipp aus der ARD Mediathek – Die VOLLBILD-Recherche „Du als Klon! Betrug mit deiner Stimme”: https://www.ardmediathek.de/video/vollbild-recherchen-die-mehr-zeigen/du-als-klon-betrug-mit-deiner-stimme/swr/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE4OTA1Njg

Weitere Infos und Studien gibt’s hier:
Trinity Test Eyewitnesses: https://ahf.nuclearmuseum.org/ahf/key-documents/trinity-test-eyewitnesses/
Earliest curry in Southeast Asia and the global spice trade 2000 years ago: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adh5517
Science that Stinks: https://web.archive.org/web/20170409200339/http://www.americanscientist.org/issues/num2/science-that-stinks/1
Bird nests made from anti-bird spikes: https://www.hetnatuurhistorisch.nl/fileadmin/user_upload/documents-nmr/Publicaties/Deinsea/Deinsea_21/Deinsea_21_17_25_2023_Hiemstra_et_al.pdf
Tiny Frogs and Giant Spiders: Best of Friends: https://blogs.scientificamerican.com/tetrapod-zoology/tiny-frogs-and-giant-spiders-best-of-friends/

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Redaktion: Charlotte Grieser und Chris Eckardt
Idee: Christoph König

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Rüdiger Suchsland