Marco Wehr: So schaffen wir es, glücklich zu sein

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MODERATOR/IN
Nicole Köster
Moderatorin Nicole Köster aus dem SWR1 Team moderiert täglich ausßer samstags zwischen 10 und 12 Uhr die Sendung SWR1 Leute (Foto: SWR)

Er ist Physiker, Philosoph und Tänzer. Marco Wehr spricht darüber, wie wir einer Welt begegnen, die immer komplizierter wird und welche Wege zum Glücklichsein führen.

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Unser unglückliches Leben im Paradies

Wir leben in einem Paradies, ohne dass es uns wirklich bewusst ist, meint Marco Wehr. In jedem normalen Supermarkt gebe es rund 50 Früchte aus aller Welt, aber wir wissen nicht, wie außergewöhnlich das ist, weil es für uns selbstverständlich ist.

In der Bibel oder dem Koran, in denen das Paradies beschrieben wird, sei dieses viel reduzierter als unser Supermarkt. Unser Leben im Paradies bringe aber auch das Problem der Wahl mit sich, das nicht zu unterschätzen sei.

Das ist durchs Internet noch viel schlimmer geworden. Man kann sich das Internet vorstellen wie ein globales Kaufhaus, in dem alle Produkte dieser Welt in der Auslage liegen. Wenn ich sage, ich möchte das allerbeste Produkt haben, gemessen an meinen Bedürfnissen, dann mache ich mir einen Stress, der eigentlich gar nicht notwendig ist.

Eine Untersuchung habe ergeben: Werden wir aktiv gefragt, wollen wir eine große Auswahl. Wird unser Verhalten aber gemessen, stelle man fest, dass wir viel mehr kaufen, wenn die Auswahl reduziert ist.

Weniger ist mehr: geringere Auswahl reduziert Stress

Wenn wir diesen Mechanismus verstehen, sollten wir besser nicht die Plätze mit gigantisch großer Auswahl aufsuchen, um uns nicht dem Stress auszusetzen, alles miteinander vergleichen zu müssen, meint Wehr.

Und: Wem es gelinge, seine Ansprüche auf 80 Prozent zu reduzieren und zu sagen, "Ich will einfach ein gutes Produkt, aber es muss nicht das Beste sein", nimmt sich eine große Last, ist er überzeugt.

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Was führt zu einem glücklichen Leben – und was nicht?

Für eine Glücksstudie der Universität Harvard wurden Menschen ein Leben lang begleitet und immer wieder befragt, um herauszufinden, welche Dinge glücklich machen und welche nicht, berichtet Marco Wehr.

Menschen, die Schicksalsschläge erlitten haben, wie schwere Verletzungen oder Todesfälle im engsten Familienkreis, haben es schwerer, glücklich zu sein. Es sei aber nicht unmöglich.

Interessant seien die Menschen, die vom Pech verschont geblieben sind, meint Marco Wehr. Es zeigte sich, dass die, die glücklich wurden, nicht die waren, die man bei uns als "erfolgreich" bezeichnen würde mit großer Villa und tollem Auto. Diese Faktoren bergen im Gegenteil die Gefahr, das "Tor des Unglücks" zu durchschreiten, weil dieses Glück über Vergleiche definiert wird, erläutert Marco Wehr.

Kaufen wir uns ein tolles Auto, währt die Freude relativ kurz: nach 2-3 Monaten haben wir uns daran gewöhnt. Damit gehe das "Glück des Habens" zurück und wir fangen wieder an zu vergleichen. Kaufen wir uns dann ein noch tolleres Auto, beginne es von vorne.

Das nennt sich die 'Hedonistische Tretmühle'. Sie ist ein ganz sicherer Weg zur Unzufriedenheit.

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Das Glück liegt auf der Straße: Beziehungen

Wir alle haben liebe Menschen in unserem Umfeld. Zufriedenheit komme daher, dass wir unseren sozialen Beziehungen wirklich einen Raum einräumen und auch selbst investieren, meint Marco Wehr. Das sei der einfachste und sicherste Weg zur Zufriedenheit.

Die Essenz der Harvard Glücksstudie liegt darin, dass die glücklich wurden, die ihre Beziehungen gepflegt haben.

Marco Wehr hat zwei Leidenschaften: Tanz und Wissenschaft

Mit Tanztheaterstücken wie "VoodooVibes" bereiste Marco Wehr die Bühnen von Bregenz bis Shanghai. Die Leidenschaft als Tänzer ist für ihn genauso groß wie die Neugier, die Welt wissenschaftlich zu begreifen. Er hat Chemie, Physik und Philosophie studiert, ein Diplom über die Chaostheorie gemacht und jahrelang parallel dazu als Bühnentänzer, Tanzlehrer und Wissenschaftsautor gearbeitet.

Je mehr man weiß, desto bescheidener wird man, weil man weiß, wie viele Dinge man nicht weiß. Die Konfrontation mit Grenzen ist für mich absoluter Alltag.

Marco Wehr ist Gründer und Leiter des Philosophischen Labors in Tübingen.

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