Am Wochenende feierte mit „In Liebe, Eure Hilde“ der erste von zwei deutschen Wettbewerbsbeiträgen seine Premiere bei der Berlinale. Regisseur Andreas Dresen erzählt darin die Geschichte der NS-Widerstandskämpferin Hilde Coppi. 1943 wurde sie hingerichtet. Ein zutiefst menschlicher Film über Anstand, Liebe und Zivilcourage. In der Hauptrolle „Babylon Berlin“-Star Liv-Lisa Fries.
Der Film beginnt mit Hildes Verhaftung
Die Liste von Hildes Ängsten ist lang: vor Spinnen fürchtet sie sich genauso wie vor ihrem Zahnarzt, den Nazis oder der Liebe. Als geborene Widerstandskämpferin porträtiert Hauptdarstellerin Liv Lisa Fries diese stille junge Frau nicht.
Und doch zögert Hilde keinen Moment, als ihr Freund Hans sie 1941 bittet, ihn beim Morsen zu unterstützen. Mit einem illegalen Funkgerät will er Nachrichten an die Sowjetunion übermitteln. „In Liebe, Eure Hilde“ beginnt mit Hildes Verhaftung.
Andreas Dresen erzählt die Geschichte auf zwei Farbebenen
Von diesem Punkt aus erzählt Regisseur Andreas Dresen in zwei Richtungen: in fahlen Bildern vorwärts über Hildes Zeit im Gefängnis bis zu ihrer Hinrichtung. Und in farbgesättigten Rückblenden Schritt für Schritt zurück bis zu dem Punkt, an dem Hilde ihren zukünftigen Mann Hans Coppi kennenlernt.
Über ihn gelangt sie in einen Freundeskreis von jungen Leuten aus verschiedenen Schichten, die sich gegen das Regime wehren. Zum Beispiel kleben sie Zettel, verteilen Flugblätter und senden geheime Funksprüche. 1942 werden sie als Mitglieder der von den Nazis so titulierten „Roten Kapelle“ verhaftet und 1943 in Plötzensee hingerichtet.
Zutiefst menschlicher Film
Am schwersten fällt Hilde der Abschied von ihrem acht Monate alten Sohn, den sie im Gefängnis zur Welt gebracht hat. Die Liebe zu ihrem Baby gibt Hilde Kraft.
Aus dem schüchternen Mädchen vom Anfang ist eine Frau geworden, deren innere Größe anderen beeindruckt. Drehbuchautorin Laila Stieler zeigt diese Entwicklung, jedoch ohne Hilde oder ihre Freunde zu heroisieren.
In diesem zutiefst menschlichen Film sind sie vor allem ganz normale junge Leute, die gerne lachen, feiern und lieben. So nimmt die Liebesgeschichte zwischen Hilde und Hans auch großen Raum ein, inklusive überraschend vieler Sexszenen.
Gängige Nazi-Klischees umschifft Regisseur Dresen
Selten sah ein historischer Film so wenig historisch aus. Die gängigen Nazi-Klischees umschifft Dresen. Weder sieht man Hakenkreuze noch schreiende NS-Schergen in Uniform.
Auch wenn der Regisseur das Warten auf die Hinrichtung beklemmend kleinteilig zeigt – im Grunde kommen alle, die das Regime repräsentieren, freundlich daher: der Gestapobeamte ebenso wie der Richter oder die Gefängniswärterin. Aber mitgemacht haben sie eben doch, sagt Andreas Dresen bei der Pressekonferenz der Berlinale.
Alltäglicher Widerstand ist das Thema mehrer Wettbewerbsfilme
Dieser Akt des Widerstands aus dem Alltag heraus verbindet einige Filme des diesjährigen Wettbewerbs: im Eröffnungsfilm „Small Things Like These“ lehnt sich ein irischer Kohlenhändler gegen die Machenschaften der katholischen Kirche auf.
In „My Favourite Cake“ will eine iranische Renterin nicht mehr akzeptieren, dass der Staat bestimmt, wie sie als Frau ihr Leben zu führen hat. Bei „In Liebe, Eure Hilde“ sind es die jungen Leute, die sich gegen das NS-Regime stellen.
Von den Funksprüchen, für die Hilde Coppi unter anderem hingerichtet wurde, ist übrigens nur ein einziger durchgekommen. Die Reichweite des Funkgeräts war nicht ausreichend. Dieser bewegende Film verhilft zumindest der Erinnerung an eine vergessene Widerstandskämpferin zu einer gewissen Reichweite – als Beispiel für Anstand und Zivilcourage.
„In Liebe, eure Hilde“ startet am 17. Oktober im Kino
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