Das Stadtmuseum Stuttgart zeigt mit der Ausstellung „Blinde Date“ die Wahrnehmung der Stadt aus der Perspektive von Blinden und Sehbehinderten. In einem vollkommen dunklen Raum erleben Besucher, welchen Vielfalt an Wahrnehmung die nicht-visuellen Sinne bieten. Ein lehrreiches und höchst unterhaltsames Abenteuer.
Drinnen ist rabenschwarze Nacht
Im Erdgeschoss des Stadtpalais spielen sich derzeit ziemlich ungewöhnliche Szenen für ein Museum ab:. Ein Mann führt Menschen in einen düsteren Durchgang. Dort ist es nicht irgendwie dunkel, sondern stockfinster, rabenschwarze Nacht. Man sieht buchstäblich Nichts. Kurator Matthias Nagel unterweist gerade Guides, wie sie Besucher einstimmen können auf die neue Sonderausstellung „Blind Date mit Stuttgart“.
Diese Ausstellung ist in mehrfacher Hinsicht ein Experiment; wobei schon das Wort „Hinsicht“ heikel sein könnte, denn es geht darum, wie Blinde die Stadt wahrnehmen. Fragt sich also, was die angemessene Sprechweise ist. Bianca Haacker vom Verband der Blinden- und Sehbehinderten-Verband Württemberg ist eine der rund zwanzig Ausstellungs-Guides, die gerade angelernt werden. Sie nimmt das Thema Behinderungs-gerechte Wortwahl eher locker. „Ich persönlich sag auch Fernsehgucken, obwohl ich Fernsehen höre. Ich fände es jetzt ein bisschen albern, das so zu unterscheiden … “.
„Blindes Vertrauen“ – Sprache voller visueller Metaphern
Auch Kurator Matthias Nagel findet visuelle Metaphern unproblematisch, oder sogar reizvoll: „Unsere Sprache ist voll mit solchen Begrifflichkeiten: Wir sehen uns, blindes Vertrauen ... Das kann man sogar umdrehen, um mit Sprache so ein bisschen zu spielen. Das ist ja genau das, was wir sogar mit dem Titel dieser Ausstellung gemacht haben: Blind Date mit Stuttgart.“
Stuttgarter Ausstellung von sehbehinderten Kuratoren entwickelt
Matthias Nagel ist im Hauptberuf Referent für Inklusion von Kindern und Jugendlichen, und er ist Autor von Audio-Beschreibungen. Das sind Texte, die Sehbehinderten in Theatern, Museen und bei Filmen die Teilnahme ermöglichen. Nagel hat beobachtet, dass sogar bei vielen gut gemeinten Inklusions-Projekten die Behinderten erst gefragt werden, ob´s passt, wenn alles fertig ist. Die Stuttgarter Ausstellung aber wurde von gleich drei sehbehinderten Kuratoren entwickelt – und zwar für Sehende: Inklusion einmal andersherum.
Die sehbehinderten Guides, die Besucher durch die lichtlose Ausstellung führen, kommen aus einem Umkreis von über 150 Kilometern. Der Weg lohnt sich, denn die Ausstellung bietet intensive Erfahrungen – etwa wie schwierig es ist, sich in der Bahn nicht irrtümlich jemandem auf den Schoß zu setzen. Und der Parcours erweitert den Horizont – oder wussten sie, das Stuttgart siebenfacher deutscher und damit Rekord-Meister im Fußball ist, allerdings nicht durch den VfB, sondern die Blindenabteilung des MTV?
Ausstellung Grafiken und Zeichnungen von Christoph Niemann im Kunstverein Mannheim
Der Grafiker und Zeichner Christoph Niemann zählt zu den gefragtesten und vielseitigsten Künstlern unserer Zeit. Er gestaltet Cover für das Magazin „The New Yorker“, schreibt Blogs, entwirft Apps, schreibt Bücher und hat für seine Arbeiten zahlreiche internationale Preise eingeheimst. Nach vielen Jahren in New York lebt der in Waiblingen bei Stuttgart geborene Künstler inzwischen wieder in Deutschland – in Berlin. Nun hat er den Kunstverein Mannheim in ein Gesamtkunstwerk verwandelt mit der Ausstellung „Christoph Niemann – Kontrast“.