Film des Mainzer Stadtschreibers

Schriftsteller Alois Hotschnig befragt Menschen mit Kriegserfahrungen

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AUTOR/IN
Leonie Berger
SWR Kultur Autorin Leonie Berger  (Foto: SWR, Leonie Berger)

Jeder Mainzer Stadtschreiber darf einen Film zu einem Thema seiner Wahl machen. Der aktuelle Stadtschreiber Alois Hotschnig hat sich für seinen Film „Nach den Kriegen“ auf die Spuren von Kriegen gemacht, von denen Mainz betroffen war oder ist. Die Stadt war Schauplatz von Terror und Verfolgung, wurde zerstört und wieder aufgebaut, heute leben hier viele Geflüchtete. Alois Hotschnig hat Menschen befragt, deren Biographien von Kriegen geprägt sind.

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Mich interessiert, was Kriege mit den Menschen machen. Mit denen, die den Krieg hier in der Stadt am Rhein erlebt haben und denen, die vor fernen Kriegen geflüchtet sind und hier Zuflucht gefunden haben.

Der Mainzer Stadtschreiber Alois Hotschnig hat solche Menschen in Mainz gefunden und sie zu Protagonisten seines Films gemacht. Da sind zum Beispiel der inzwischen 94-jährige Philipp Münch, der als Jugendlicher die Bombardierung von Mainz überlebte, die Ukrainerin Olga, die mit ihrem neunjährigen Sohn Timofej nach Mainz geflohen ist oder Wolfgang Kern, an dessen Großvater ein Stolperstein auf dem Marktplatz erinnert.  

Monatelang Menschen aus Mainz befragt

Monatelang hat sich Alois Hotschnig mit den Geschichten dieser Menschen aus Mainz beschäftigt, in deren Biographien Kriege Spuren hinterlassen haben. Er hat zugehört und lange Interviews geführt. Für ihn als Schriftsteller ergäbe jede einzelne Geschichte ein ganzes Buch. Sie alle  in nur 30 Minuten Dokumentarfilm packen zu müssen, war für ihn eine große Herausforderung, denn die vielen Perspektiven wollte er auf jeden Fall beibehalten.

Dazu kam das ungewohnte Erzählen mit Bildern, nicht mit Worten, so zum Beispiel bei der Fluchtgeschichte von Meis Termanini aus Syrien.Im Film sitzt Meis Termanini am Rheinufer, einem ihrer Lieblingsplätze. Das Wasser, das auf ihrer Flucht über das Meer lebensbedrohlich war, hat seinen Schrecken verloren. 

 Hotschnig hat sich auf Mainz eingelassen wie nur wenige dies tun

Alois Hotschnig ist es gelungen, einen dichten, sehr berührenden Film zu machen, in dem er seinen Protagonisten sehr nahekommt. 30 Minuten, prall gefüllt mit Schicksalen, die nachdenklich machen. Es ist ein Blick hinter die Fassaden einer Stadt, die erst durch die Menschen, die dort leben, ein Gesicht bekommt. Gleichzeitig ist der Film ein Zeugnis dafür, dass Alois Hotschnig sich auf Mainz und sein Stadtschreiberamt eingelassen hat, wie nur wenige dies tun. Dieses Jahr sei eine Wahlverwandtschaft im besten Sinne gewesen, sagt er und fährt reich beschenkt zurück nach Innsbruck. 

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