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Härtetest für einen unerschrockenen Finnen: „Die Geschichte vom Holzfäller“ von Mikko Myllylahti

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AUTOR/IN
Simone Reber

Der finnische Regisseur Mikko Myllylahti hat als Dichter begonnen und dann an der Filmakademie Helsinki studiert. Er hat das Drehbuch zu „Der glücklichste Tag im Leben von Olli Mäki“ geschrieben und bringt mit „Die Geschichte vom Holzfäller“ sein Regiedebüt ins Kino. Bei Filmen aus Finnland denkt man sofort an die Werke der Brüder Kaurismäki: karge Dialoge, langes Schweigen, trockener Humor. Mikko Myllylatti gehört der nächsten Generation finnischer Filmemacher an.

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Ein Leben voller Gleichförmigkeit im Norden Finnlands

In langsamem, gleichmäßigem Tempo transportiert das Förderband die Baumstämme aus dem Wald zur Holzfabrik. Das Band gibt auch den Rhythmus für das Leben in dem kleinen Dorf im Norden Finnlands vor. Wenn Pepe nicht Bäume fällt, schnürt er mit seinem Sohn auf den Langlauf-Ski durch den Schnee oder spielt Karten mit seinem besten Freund und Kollegen Thomas und dessen Frau. Nur die Musik kündigt das nahende Unheil an.

Filmstill (Foto: © Aamu Film Company)
Pepe (JarkkoLahti, Mi.) ist Holzfäller in einer idyllischen Kleinstadt im Norden Finnlands.

Härtetest für Pepe – ein Schicksalsschlag nach dem anderen

Der finnische Filmstar Jarkko Lahti spielt Pepe, den Holzfäller, mit sanften blauen Augen und unerschütterlicher Freundlichkeit. In seinem doppelbödigen Film unterzieht Mikko Myllylahti seine unerschrockene Hauptfigur einem Härtetest. Er konfrontiert Pepe mit einem Schicksalsschlag nach dem anderen und hält dabei virtuos die Balance zwischen realen und unbewussten Ängsten. Myllylahti nennt als seine Vorbilder Ingmar Bergmann und David Lynch, findet in dieser Nachfolge aber seine eigene poetische Handschrift.

Filmstill (Foto: © Aamu Film Company)
Man ahnt nichts Gutes, wenn Pepes Frau abends vor dem Einschlafen Sigmund Freud liest und dabei wissend kichert. Es stellt sich heraus, dass der Friseur des Ortes gerne Damenbesuch empfängt.

Unberechenbare Mächte bedrohen die Gleichförmigkeit des Nordens

Mikko Myllylahti hat seinen Film auf 35 mm gedreht. Jedes Bild in dem Cinemascope-Format ist in den Farben weiss, rot und blau komponiert. Die ruhigen, halbnahen  Einstellungen der Kamera entsprechen den stoischen Dialogen. Aber in diese geradlinige Welt brechen unberechenbare Mächte ein. Haare sind hier ein surreales Symbol der Bedrohung. Der Friseur, der den Frauen den Kopf verdreht, wird abgelöst durch ein unheimliches Mädchen mit hüftlangem Haar. Irgendwann tauscht Pepe seinen gelben Schutzhelm gegen eine schwarze Pelzmütze. Dann galoppiert das Böse als langhaariger Höllenhund durch die Nacht. Unvergesslich das Geräusch, das dieser Blutsauger macht.

Filmstill (Foto: © Aamu Film Company)
Während sich Chaos, Streit und surreale Abenteuer um ihn herum ausbreiten, begegnet er allen Herausforderungen mit seltsamer Gleichmut, fest entschlossen, die positive Seite des Lebens zu sehen.

Ein Hauch von Beckett weht durch diesen Film

Im Soundtrack des dänischen Komponisten Jonas Struck hallt die Bedrohung wider. Der einzige Fels in der Brandung ist Pepe, der Holzfäller. Selbst als ein Wanderprediger mit Mönchsfrisur ihn verführen will, bleibt Pepe ganz bei sich. Mikko Myllylahti erzählt die Geschichte vom Holzfäller in einem absurd schwebenden Ton, der an Samuel Beckett erinnert. Nur so kann Pepe das Inferno seelisch überstehen. Ein Happy End bedeutet in dem kleinen finnischen Dorf: Das Leben geht weiter wie eh und je.

Trailer „Die Geschichte vom Holzfäller“ von Mikko Myllylahti, ab 10.5. im Kino

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