Der 33-Jährige war nach der Tat wieder im Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) in Wiesloch untergebracht worden. Er ist jetzt in die psychiatrische Klinik Weinsberg (Kreis Heilbronn) verlegt worden. Wie lange der Täter in Weinsberg bleibt, stehe noch nicht fest, sagte der Ärztliche Direktor der Klinik am Weissenhof, Matthias Michel, dem SWR.
Minister Lucha in Wiesloch
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) hatte sich am Montagabend ein Bild der Situation in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis gemacht). Am Freitag kommt der Sozialausschuss zu einer Sondersitzung im Landtag zusammen.
Am Tatort gab es eine Schweigeminute. Manfred Lucha legte Blumen nieder. Im Rathaus liegt seit Dienstag ein Kondolenzbuch für die Bevölkerung aus.
Am Montag gab es neue Erkenntnisse zur Herkunft der Tatwaffe
Die Polizei hatte am Montag neue Erkenntnisse mitgeteilt, wie die tödliche Messerattacke in Wiesloch abgelaufen ist. Der 33-Jährige hatte demnach in einem Geschäft eine 30-jährige Frau erstochen, nachdem er aus der Auslage eines Kaufhauses ein Küchenmesser gestohlen hatte. "In unmittelbarem zeitlichem Anschluss", so die Polizei, habe er die Tat begangen.
Bei seiner Vorführung vor dem Haftrichter habe der Mann somalischer Herkunft keine Aussage gemacht. Er wird beschuldigt "aufgrund einer wahnhaften Störung im Zustand der Schuldunfähigkeit heimtückisch einen Menschen getötet zu haben", schreiben Polizei und Staatsanwaltschaft. Der Mann lebt seit 2014 in Deutschland. Er ist seit 2021 in der Psychiatrie in Wiesloch untergebracht.
Sondersitzung im Landtag am Freitag
Auf Antrag von SPD und FDP wird es am Freitag eine Sondersitzung des Sozialausschusses im Landtag zu der tödlichen Messerattacke von Wiesloch geben. Sozialminister Manfred Lucha solle erklären, so die SPD, welche Maßnahmen er ergriffen habe, um weitere Taten zu verhindern. In Wiesloch selbst hat sich Verunsicherung breit gemacht.
Wieslochs Oberbürgermeister Dirk Elkemann (parteilos) äußerte sich im SWR-Interview. Er sprach davon, dass die Bevölkerung in Wiesloch durch das Geschehen geschockt sei:
PZN: Alle Sicherheitsmaßnahmen im Vorfeld der Tat eingehalten
Das Psychiatrische Zentrum Nordbaden (PZN) hatte am Sonntag selbst über Einzelheiten des Messerangriffs am Freitag in Wiesloch informiert. So sei zwischen der Flucht des 33-jährigen Tatverdächtigen und dem Messerangriff auf die junge Frau in einem Ladengeschäft in Wiesloch nur kurze Zeit vergangen. Das sagte Christian Oberbauer, Leiter der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am PZN.
Im Vorfeld seien alle Sicherheitsmaßnahmen eingehalten worden. Zwei Pfleger hätten die sechsköpfige Gruppe begleitet und kontinuierlich Kontakt zu den Patienten gehalten. Diese seien auf dem 200 Meter langen Weg zur Arbeitstherapie gewesen. Dann sei der Mann plötzlich losgerannt, ein Pfleger habe ihn verfolgt.
Warum der Mann dann so heftig reagierte, dazu gebe es bislang keine belastbare Hypothese, betonte Chefarzt Christian Oberbauer.
Diskussion über Platz- und Personalmangel
Der psychisch kranke 33-jährige Mann hat sieben Straftaten begangen - von Körperverletzung über Beleidigung bis hin zu sexueller Nötigung. Der Landtagsabgeordnete Florian Wahl (SPD) sagte nach der Tat, er habe kürzlich bei einem Besuch im PZN einen massiven Personal- und Platzmangel erlebt.
Christian Oberbauer sagte dazu, dass es keinen Personalmangel gebe. Zudem sei im vergangenen Jahr eine neue Station mit 24 zusätzlichen Betten in Betrieb genommen worden, betonte er. Im Sicherheitsbereich würden zurzeit drei weitere Stationen in einem neuen Gebäude gebaut. Sie sollen ab Mitte nächsten Jahres 54 zusätzliche Betten bieten. Dennoch hätten sämtliche psychiatrische Kliniken in Deutschland mit steigenden Patientenzahlen zu kämpfen.
Tiefe Betroffenheit bei Patienten und Mitarbeitern
Unter den Patienten und Mitarbeitern der insgesamt fünf Kliniken am PZN herrsche tiefe Betroffenheit, sagte Oberbauer. Viele reagierten mit Fassungslosigkeit auf das Geschehen. Er habe weinende Oberärzte auf den Stationen gesehen.
Das PZN hat einen Krisenstab eingerichtet. Als Sofortmaßnahme seien die Ausgänge auf den Stationen eingeschränkt worden. Das solle aber auf Dauer nicht so bleiben, erklärte Oberbauer. Seinen Angaben zufolge wird wegen des Vorfalls zurzeit nicht gegen das PZN oder einzelne Mitarbeiter ermittelt.
Maßregelvollzug ist Krankenhaus, kein Gefängnis
Oberbauer betonte, dass der Maßregelvollzug ein Krankenhaus und kein Gefängnis sei. Der Fokus liege auf der Behandlung und Rehabilitation der sucht- oder psychisch kranken Menschen. Diese sollten schrittweise auf eine Entlassung vorbereitet und wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. Es gebe neun verschiedene Ausgangsstufen, für Lockerungen würden strengste Kriterien gelten. Der mutmaßliche Täter hatte die fünfte Lockerungsstufe erreicht. Damit durfte er die Station in Begleitung verlassen. Entweichungen wie jene am Freitag gebe es im Schnitt fünfmal pro Jahr. So ein Ereignis habe die Klinik aber noch nicht gehabt, so Oberbauer. Das Ende sei "katastrophal" gewesen.