Kindergarten, Schwimmbad, Umgehungsstraße - der Gemeinderat hat mit wichtigen Fragen zu tun, die sich auf das tägliche Leben der Menschen in einer Stadt oder einem Dorf auswirken. Am 9. Juni werden in Baden-Württemberg in 1.101 Städten und Gemeinden die neuen Mitglieder für die Gemeinderäte gewählt.
Je nach der Größe der Gemeinde variiert die Zahl der Mitglieder. Stuttgart hat zum Beispiel sechzig Ratsmitglieder, die Gemeinde Böllen im Kreis Lörrach als kleinste Gemeinde in Baden-Württemberg nur sieben Ratsmitglieder. Was macht der Gemeinderat genau und wie nah sind seine Entscheidungen an unserem täglichen Leben? Das haben wir hier zusammengefasst:
- Was genau ist der Gemeinderat?
- Was genau macht der Gemeinderat?
- Wer ist der Vorsitzende des Gemeinderats?
- Warum gibt es die Fraktionen im Gemeinderat?
- Wie ist der Gemeinderat zusammengesetzt?
- Werden Ratsmitglieder bezahlt?
Was genau ist der Gemeinderat?
Der Gemeinderat ist das Hauptorgan der Gemeinde. Er ist allerdings kein Parlament, sondern ein Verwaltungsorgan. Die Sitzungen des Gemeinderats finden in der Regel öffentlich statt - mindestens einmal im Monat.
Was macht der Gemeinderat?
Der Gemeinderat hat viele Aufgaben und Pflichten. Er soll zum Beispiel die Verwaltung und den Bürgermeister/die Bürgermeisterin kontrollieren. Außerdem entscheidet er darüber, wer bei der Gemeinde angestellt wird, das heißt: Wer zum Beispiel die Stelle des Gemeindekämmerers bekommt oder wer den örtlichen Kindergarten leiten soll.
Außerdem beschließt das Gremium Satzungen, also die "Gemeindegesetze": Damit kann zum Beispiel festgelegt werden, wie mit "Lärm" durch Sportplätze oder Musikboxen in Parks umgegangen wird. Der Freiburger Gemeinderat beschloss zum Beispiel im vergangenen Mai in einer neuen "Parkanlagensatzung", das Musikinstrumente und Bluetoothboxen in Freiburger Parks von 23 Uhr bis 6 Uhr nicht mehr genutzt werden dürfen.
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Der Freiburger Gemeinderat hat am Dienstagabend eine neue Parkanlagensatzung beschlossen. Musikinstrumente und Bluetooth-Boxen sind in Freiburger Parks nachts künftig untersagt.
Das Gremium entscheidet außerdem über "Angelegenheiten der Gemeinde", das heißt auch darüber, ob ein Schwimmbad saniert oder weiter betrieben werden soll, ein Kindergarten neu gebaut wird oder die Schule eine neue Sporthalle bekommt. Außerdem hat der Gemeinderat das Haushaltsrecht und beschließt den Etat der Gemeinde - die Summe Geld, die von der Kommune in einem Haushaltsjahr ausgegeben werden kann.
Der Stuttgarter Gemeinderat beschloss zum Beispiel im vergangenen Dezember den Doppelhaushalt für die Landeshauptstadt:
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Wer ist der Vorsitzende des Gemeinderates?
Den Vorsitz im Gemeinderat hat der Bürgermeister/die Bürgermeisterin des Ortes inne. In Schramberg (Kreis Rottweil) zum Beispiel hat der Gemeinderat 28 Sitze - einen davon hat Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr (parteilos). Eisenlohr ist als OB auch ein stimmberechtigtes Mitglied. Die Sitze teilen sich also in Schramberg in 27 Sitze für gewählte Rätinnen und Räte auf und in den einen zusätzlichen Sitz für die Oberbürgermeisterin, die dem Rat vorsitzt. Sie wurde übrigens bei den OB-Wahlen 2019 gewählt. In kleineren Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von unter 20.000 gibt es Bürgermeisterwahlen. Dort steht dann die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister an der Spitze des Gemeinderates, wie zum Beispiel in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis).
Warum gibt es Fraktionen im Gemeinderat?
Ähnlich wie im Bundestag oder Landtag können sich Gemeinderäte - als Abgeordnete ihrer Gruppierungen und Parteien - auch im Gemeinderat zu Fraktionen zusammenschließen. So gibt es in Tettnang (Kreis Bodenseekreis) zum Beispiel fünf Fraktionen: Die stärkste Fraktion wird mit acht Mandaten von der CDU gestellt, gefolgt von den Freien Wählern, den Grünen, der SPD und FDP.
Fraktionen können sich bei Abstimmungen zusammentun, um zum Beispiel gemeinsam bei strittigen Fragen eine Mehrheit zu bekommen und so einen Beschluss zu erreichen.
Wie ist der Gemeinderat zusammengesetzt?
Es gibt insgesamt rund 20.000 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte in Baden-Württemberg. Nach einer Studie der Hochschule Kehl sind 80 Prozent der Gemeinderäte erwerbstätig. Ein Großteil von ihnen ist demnach angestellt (38 Prozent), fast ein Viertel ist selbstständig oder freiberuflich (23 Prozent) tätig und elf Prozent sind Beamte oder leitende Beamte.
Der Frauenanteil in den Gemeinderäten bleibt weiter eher gering. Er liegt nach Angaben des Statistischen Landesamtes bei 26,8 Prozent - damit war er nach der letzten Kommunalwahl 2019 zum ersten Mal zwar etwas höher als ein Viertel, aber die Statistikerinnen und Statistiker stellen fest: "Berücksichtigt man, dass Frauen mehr als die Hälfte der baden-württembergischen Bevölkerung umfassen, stellt ein Anteil von gut einem Viertel weiblicher Abgeordneter zwar eine Verbesserung gegenüber den vorangegangenen Gemeinderatswahlen dar (2014: 23,9 Prozent), bleibt aber weit entfernt von einer paritätischen Verteilung."
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Werden Ratsmitglieder bezahlt?
Die Mitglieder des Gemeinderates arbeiten ehrenamtlich. Sie erhalten in der Regel eine finanzielle Aufwandsentschädigung, die von Stadt zu Stadt unterschiedlich ausfällt. Mit steigender Gemeindegröße nimmt der Betrag, der gezahlt wird, in der Regel zu. Im südbadischen Lörrach mit fast 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern zum Beispiel bekommen Gemeinderätinnen und Gemeinderäte einen monatlichen Grundbetrag von 250 Euro. Außerdem erhalten sie pro Sitzung (bis vier Stunden) 40 Euro. Dauert die Sitzung länger, gibt es laut Stadt 60 Euro.
Etwas anders läuft die Aufwandsentschädigung in Schramberg (Kreis Rottweil): Die Stadt hat eine deutlich niedrigere Einwohnerzahl (rund 21.000): Dort erhalten die Gemeinderäte einen monatlichen Grundbetrag von 40 Euro, für jede Sitzung bekommen sie weitere 40 Euro. Fraktionsvorsitzende erhalten eine zusätzliche Entschädigung in Höhe von 85 Euro monatlich. Also je kleiner die Stadt, umso geringer die Aufwandsentschädigung.
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