Kinodoku zur Spitzengastronomie

Kinodoku „She Chef“ – Jungköchin Agnes Karrasch schaut in die besten Küchen Europas

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AUTOR/IN
Julia Haungs

In der Kinodoku „She Chef“ macht sich die Jungköchin Agnes Karrasch auf eine Erfahrungsreise durch einige der besten Restaurants in Europa. Der Film feiert die Kreativität der Haute Cuisine und fragt gleichzeitig nach dem menschlichen Preis, den das Kochen auf Spitzenniveau verlangt.

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Talent und Durchhaltevermögen

Wer es in der Spitzengastronomie nach oben schaffen will, braucht neben Talent einen langen Atem. So wie die österreichische Junioren-Kochweltmeisterin Agnes Karrasch. Nach ihrer Lehre in einem Wiener Top-Restaurant packt sie ihre vielen Messer ein und macht sich auf den Weg: Die nächsten anderthalb Jahre will sie in einigen der besten Restaurants Europas mehrmonatige Praktika machen, um verschiedene Kochstile kennenzulernen.

Filmstill (Foto: Camino Filmverleih)
„She Chef“ ist das Porträt von Kochweltmeisterin Agnes. Nach der Ausbildung in Österreichs Top-Restaurant, dem „Steirereck“, begibt sich die 25-Jährige auf eine spannende Reise, um von den besten Köchen der Welt zu lernen und ihre eigene Küchensprache zu entwickeln. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: Camino Filmverleih)
So unterschiedlich Persönlichkeiten und Stile der berühmten Köche aus Vendome, Disfrutar und Koks auch sein mögen: Die Stars der Szene sind alle Männer. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: Camino Filmverleih)
Die Kinodoku „She Chef“ begleitet Agnes auf ihrem eigenen Weg zur Spitzenköchin in einer Zeit, in der Frauen sich nicht einfach nur mehr hintenanstellen. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: Camino Filmverleih)
„She Chef“ stellt sich die Frage nach der Zukunft der Arbeitswelt, nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf, nach den Träumen der nachfolgenden Generation. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: Camino Filmverleih)
Ganz nebenbei führt uns der Film an die sinnliche Schönheit dieses Handwerkes heran abseits des üblichen Starkults. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill (Foto: Camino Filmverleih)
„Als Teenager habe ich angefangen, ein gesteigertes Interesse am Kochen zu haben, ohne mir dessen wirklich bewusst zu sein. Statt einer neuen Handtasche wollte ich eine Pastamaschine.“ (Agnes Karrasch über ihre Berufsanfänge) Bild in Detailansicht öffnen

Herz-OP oder Haute Cuisine?

Die erste Station ist Joachim Wisslers gediegenes Sterne-Restaurant „Vendôme“ in Bergisch Gladbach. Nach anfänglichem Misstrauen nimmt das überwiegend männliche Team Agnes freundlich auf. Ganz zurückgenommen beobachtet das Regieduo Melanie Liebheit und Gereon Wetzel den Küchenbetrieb, in dem alles präzise aufeinander abgestimmt ist: die Zutaten genauso wie das Timing der Speisen und die Bewegungen im Raum. Das Team arbeitet ruhig, aber unter ständiger Spannung. Bei all dem hochkonzentrierten Pinzetteneinsatz hat man fast das Gefühl, einer Herz-OP beizuwohnen und nicht der ziselierten Zubereitung von Speisekunstwerken.

Filmstill (Foto: Camino Filmverleih)
So unterschiedlich Persönlichkeiten und Stile der berühmten Köche aus Vendome, Disfrutar und Koks auch sein mögen: Die Stars der Szene sind alle Männer.

Spitzengastronomie heisst Perfektion

Der Perfektionsanspruch, dem alle Teammitglieder bis hin zum Servicepersonal gerecht werden müssen, vermittelt „She Chef“ eindrücklich, und auch, welcher Druck damit einhergeht. Seltsam unsichtbar bleibt dagegen das, was die Spitzengastronomie so in Verruf gebracht hat: das Geschrei, das Mobbing, die sexistischen Sprüche. Nur in Agnes‘ Gesprächen mit anderen Köchen klingt an, dass solche Erfahrungen zum Alltag gehören. Genauso wie die krassen Arbeitszeiten, die es einer Frau fast unmöglich machen, Kinder zu haben.

Corona-Zwangspause in Barcelona

Bei Agnes‘ nächster Station, dem experimentellen „Disfrutar“ in Barcelona kommt ihre Bildungsreise zu einem plötzlichen Stopp: Corona zwingt die Restaurants zu schließen. Statt Erfahrungen in der Molekularküche zu sammeln, hat die 25-Jährige viel Zeit darüber nachzudenken, wie sie eigentlich leben will.

Hapy End am entlegendsten Ort der Welt

Ihr berufliches und privates Glück findet Agnes dann ausgerechnet am gefühlt entlegensten Ort der Welt: auf den Färöer Inseln steht inmitten grüner Hügel ein Holzhaus: das Koks. Hier kocht ein internationales Team mit dem, was es in der Umgebung so gibt. Jeden Morgen sammeln die Köche am Wasser Muscheln und Schnecken oder suchen im Wald nach Kräutern. Die Stimmung ist entspannt, der Ton konstruktiv, das Essen delikat. Dass es so auch gehen kann, erlebt Agnes Karrasch als Erleuchtung und beschließt: hier will sie bleiben.

 

Filmstill (Foto: Camino Filmverleih)
Am frühen Morgen vor malerischer Kulisse auf der Suche nach den feinsten Zutaten. Agnes Karrasch geht mit dem Küchenteam im umliegenden Gewässer der Färöer Inseln fischen.

Widerstand gegen das Machosystem

„She Chef“ feiert die Vielfalt und Kreativität der Haute Cuisine. Seine Protagonistin porträtiert der Film als Vertreterin einer jungen Generation, die nicht mehr gewillt ist, das patriarchale System Küche hinzunehmen. Eine Generation, die in einem menschenfreundlichen Umfeld arbeiten will, weil sie weiß: das Herz kocht mit.

Trailer „She Chef“, ab 18.5. im Kino

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