Seit Jahrzehnten polarisiert Barbie: Vielen Feministinnen gilt die perfekte Plastikpuppe als Ausgeburt der Hölle. Aus vielen Mädchenzimmern ist sie dennoch nicht wegzudenken. Die feministische Indie-Regisseurin Greta Gerwig setzt Barbie mit ihrem Film ein Denkmal, ohne an Kritik zu sparen. Eine bessere Werbung könnte sich Mattel kaum ausdenken.
Zwischen Frisiertisch und Klamottenschrank
Präsidentin, Astronautin, Konzernchefin - Barbie kann alles sein, und auch Mädchen können alles werden. Das ist von jeher die Botschaft des Spielzeugherstellers Mattel. Allein, die Wirklichkeit sieht oft anders aus.
Und Barbies Image steht auch weniger für weibliches Empowerment als für unrealistische Körpermaße sowie pinke Lebenswelten zwischen Frisiertisch und Klamottenschrank.
In diesem Spannungsfeld bewegt sich der Barbie-Film von Anfang an. All das, was an der Plastikpuppe seit Jahrzehnten polarisiert, greift Regisseurin Greta Gerwig auf, hat aber dennoch offenkundig Spaß an dieser widersprüchlichen Figur.

Barbieland ist künstlich, asexuell und oberflächlich
Die Handlung beginnt im „Barbieland“, einem Wunderwerk der Ausstattung: Alles von der Milchtüte über die Möbel in den wandlosen Häusern bis zu den Outfits ist detailgetreu dem Spielzeug-Kosmos von Mattel nachgebildet.
In dieser rosa durchgestylten Traumwelt haben die Barbies das Sagen. Die Kens hängen hauptsächlich am Strand ab, wo sie darauf warten, dass Barbie sie beachtet. Barbieland ist künstlich, asexuell und oberflächlich. Aber alle sehen gut aus, sind bestens gelaunt und feiern jeden Tag den besten Tag ihres Lebens.
Neuer Hype um Barbie: Problematisches Frauenbild oder feministische Ikone?
Shocking: Cellulite bei Barbie!
Barbies Unglück beginnt damit, dass ihre perfekte Hülle Risse bekommt: Plötzlich steht sie auf flachen Füßen, hat einen Anflug von Cellulite am Bein und Todesgedanken im Kopf.
Um herauszufinden, was es mit diesen Makeln auf sich hat, wagt sie sich zusammen mit Ken in die echte Welt. Dort stellt sie fest, dass die Realität für Frauen weit weniger rosig aussieht als die Barbies es sich vorgestellt haben.
Während Barbie erfährt, wie sich Sexismus und Machtlosigkeit anfühlen, kann Ken sein Glück kaum fassen: Er sammelt alles, was er an Infos über das Patriarchat bekommen kann und verwandelt Barbieland kurzerhand in Kendom: eine Welt toxischer Männlichkeit, in der Frauen nur das Bier servieren dürfen.

Greta Gerwig und Noah Baumbach deklinieren feministische Diskurse
Das Drehbuch zum Barbie-Film hat Regisseurin Greta Gerwig zusammen mit ihrem Lebensgefährten Noah Baumbach geschrieben. Im Barbie-Film deklinieren sie feministische Diskurse virtuos rauf und runter.
Sie bringen die nicht zu erfüllenden Ansprüche an Frauen auf den Punkt, mokieren sich über die Mechanismen der patriarchalen Gesellschaft genauso wie über ihren Auftraggeber Mattel, der Barbie als Ikone des Feminismus und der Diversität promotet, dessen Chefetage aber weiß und männlich daherkommt.

„Barbie“ ist vor allem ein Marketing-Instrument
Die Ironie des Films funktioniert ziemlich gut, auch dank zahlreicher popkultureller Referenzen sowie Margot Robbie und Ryan Gosling, die als Barbie und Ken überzeugen.
Dennoch bleibt ein schaler Beigeschmack. Denn bei aller offenen Kritik an dem, wofür Barbie steht, bleibt der Film doch vor allem ein Marketing-Instrument, das Mattel neue Käufergruppen erschließen soll.
Gerade dass Barbie als selbstironische Ikone der Popkultur inszeniert wird, macht den Film wirkungsvoller als jeder Werbespot. Und bei allem Spaß und Glitzer auch ein bisschen perfide.
Trailer „Barbie“, ab 20.7. im Kino
Kinostart am gleichen Tag #Barbenheimer – Im Netz tobt ein Meme-Krieg um die Filme „Barbie“ und „Oppenheimer“
Die sehr unterschiedlichen Blockbuster „Oppenheimer“ und „Barbie“ starten am gleichen Tag in den deutschen Kinos. Filmfans nahmen das zum Anlass für einen regelrechten Meme-Krieg.