Schäfer Klaus Michels hat Angst um seine Herde, nachdem in Schönecken ein Mufflon von einem Wolf gerissen wurde.  (Foto: SWR, Christian Altmayer )

Landwirte fordern Abschuss

Nach Wolfsriss: Eifeler Schäfer fürchten um ihre Tiere

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Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier (Foto: SWR)

Seitdem ein Wolf bei Schönecken ein Mufflon gerissen hat, machen sich Schäfer Sorgen um ihre Herden. Klaus Michels aus Echtershausen hofft, dass sein Zaun das Raubtier fernhält.

Es ist Frühstückszeit im Stall in Echtershausen. Und die Schafe geben ihr allmorgendliches Konzert. Sie blöken in allen Tonlagen, als sie ihren Schäfer Klaus Michels sehen, und drängen sich dicht ans Gatter, um an den Futtertrog heranzukommen.

Michels verbringt hier viel Zeit, seit er im Ruhestand ist. Mehrere Stunden am Tag kümmert sich der Rentner um das Vieh. Denn es sind nicht irgendwelche Tiere, sondern Zuchtschafe. Manche von ihnen sind mehrere Tausend Euro wert, sagt der 69-Jährige.

Schäfer Klaus Michels hat Angst um seine Herde, nachdem in Schönecken ein Mufflon von einem Wolf gerissen wurde.  (Foto: SWR, Christian Altmayer )
Schäfer Klaus Michels hat Angst um seine teuren Zuchtschafe.

Der Schafhalter betreibt daher auch einigen Aufwand, um sie zu sichern. Ein 1,80 Meter hoher Elektrozaun soll die teuren Tiere schützen. Kostenpunkt: gut 30.000 Euro. Doch Michels ist froh, dass er ihn hat. Denn vergangenen Freitag wurde bekannt, dass wieder ein Wolf durch die Eifel streunt.

Wolf hat Mufflon in Schönecken gerissen

Mitte Februar hatten Jäger ein totes Mufflon in der Nähe von Schönecken gefunden, rund 20 Kilometer Luftlinie von Echtershausen entfernt. Ein Wolf - das ergab eine Laborprobe beim Senckenberg Institut in Gelnhausen - hatte dem Wildschaf die Kehle durchgebissen.

Ein männliches Mufflon (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Mufflons sind Wildschafe aus dem Kaukasus. Weil sie von Jägern ausgesetzt wurden, haben sie sich in der Eifel verbreitet.

Michels macht sich seitdem Sorgen, dass es seinen Schafen bald genauso ergehen könnte. Denn erst vor wenigen Wochen hätten Jäger auch im Nachbarort Altscheid einen Wolf gesehen, erzählt er: "Es ist schwer zu ertragen, immer mit der Angst zu leben, dass du morgen auf die Weide kommst, und dann hat der Wolf zugeschlagen."

Schäfer: Zäune sind für Weiden nicht geeignet

Im Moment sind die Schafe noch im Stall und somit sicher. Doch wenn es wärmer wird, Ende April oder Anfang Mai, führt der Schäfer seine Herde auf die umliegenden Weiden, wo er sie nur schwer schützen kann.

"Wir haben hier hügeliges Gelände", sagt der 69-Jährige, "und felsigen, harten Boden." Die Erde sei zu hart, um die Pfosten der Zäune hineinzubekommen. Und an den abschüssigen Hängen blieben sie ohnehin nur schlecht stehen. Gut vorbereitet auf einen Wolfsangriff fühlt sich der Schafhalter also nicht.

Schäfer Klaus Michels hat Angst um seine Herde, nachdem in Schönecken ein Mufflon von einem Wolf gerissen wurde.  (Foto: SWR, Christian Altmayer )
Manche seiner Schafe sind mehrere Tausend Euro wert, sagt Klaus Michels.

Land fördert Wolfsschutz in der Eifel

Dabei rechnen Fachleute seit Jahren damit, dass die Tiere sich hierzulande ansiedeln. Im nahen Nordrhein-Westfalen und in Belgien streifen schon länger Rudel umher. Immer wieder wandern die Wölfe über die Grenze. Auch für den Riss in Schönecken war laut Gentest ein Rüde aus dem Hohen Venn verantwortlich, einem Naturschutzgebiet in der Wallonie.

Das Land hat die Eifel daher zum Wolfspräventionsgebiet erklärt. Es zahlt Entschädigungen für gerissene Nutztiere, wenn ein "wolfsabweisender Grundschutz" vorhanden war. Und es unterstützt die Tierhalter bei der Anschaffung von Schutzzäunen und Herdenschutzhunden mit Fördergeld.

Schäfer Klaus Michels hat Angst um seine Herde, nachdem in Schönecken ein Mufflon von einem Wolf gerissen wurde.  (Foto: SWR, Christian Altmayer )
1,80 Meter hoch und mit Strom gesichert: So sieht ein Schutzzaun gegen Wölfe aus.

Bundesschäferverband: Zu wenig Fördermittel abgerufen

Laut Landesumweltministerium sind bis jetzt mehr als 260 Förderanträge aus der Eifel und 800.000 Euro bewilligt worden. Das seien allerdings immer noch zu wenige, meint Günther Czerkus, der jahrelang als Wanderschäfer in der Eifel unterwegs war: "Ich kann mir das nicht erklären, warum nicht noch mehr Schäfer die Fördermittel abrufen und sich Zäune anschaffen."

Der Schäfer in Wallendorf (Foto: SWR, SWR -)
Günther Czerkus ist Wanderschäfer. Er ist das ganze Jahr mit seinen Tieren als Landschaftspfleger unterwegs.

Czerkus sagt, dass geeignete Zäune mehr als die Hälfte der Wolfsrisse verhindern könnten. Dies sei durch Studien belegt. "Und das ist aus meiner Sicht auch für meine Kollegen zumutbar", sagt Czerkus. Klaus Michels hingegen ist da skeptisch. Manche Wölfe könnten höher als 1,80 Meter springen.

Wie viele seiner Kollegen fordert der Echtershausener daher, Wölfe zum Abschuss freizugeben. "Wir Weidetierhalter können den Wolf hier nicht gebrauchen, wir wollen, dass er verschwindet", sagt Michels. Doch der Artenschutz verbietet es seit 1987, den Wolf zu jagen. Schließlich hat der Mensch das Raubtier schon einmal in Mitteleuropa ausgerottet. Und es brauchte gut 150 Jahre, bis er zurückkehrte.

Artenschutz verbietet Jagd von Wölfen

Das Landesumweltministerium verfolgt daher eine andere Strategie, die in einem Wolfsmanagementplan festgeschrieben ist. Dort heißt es: "Die Wiederbesiedlung von Rheinland-Pfalz durch den Wolf wird von der Landesregierung unterstützt und die damit verbundene Aufwertung der Artenvielfalt wird begrüßt."

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Runder Tisch will im April verhandeln

Dennoch wird in Mainz weiter darüber nachgedacht, wie man das Zusammenleben von Wolf und Mensch organisieren kann. Am 19. April treffen sich Politiker, Landwirte, Jäger und Fachleute zu einem runden Tisch, bei dem auch über den Wolf und Fördermittel gesprochen werde.

Doch auch weiteres Fördergeld kann Klaus Michels nicht die Angst nehmen, sagt er. Inzwischen denkt er sogar ans Aufhören. Obwohl sein Sohn Interesse daran habe, mit der Zucht weiterzumachen, sieht der 69-Jährige für die Zukunft schwarz.

"Wenn wir im Sommer tatsächlich das halbe Vieh getötet bekommen, dann tun wir uns das nicht mehr weiter an", sagt Michels: "Das ist es nicht wert."

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