Ein Wolf steht in seinem Gehege im Tierpark. In freier Wildbahn nimmt die Zahl der Wölfe deutschlandweit kontinuierlich zu.

Neues Herdenschutzkonzept

Bei mehrfachen Angriffen auf Rinder: Abschuss von Wölfen in Baden-Württemberg künftig möglich

Stand
Autor/in
Oliver Linsenmaier
Bild von Oliver Linsenmaier

Das Land bessert sein Herdenschutzkonzept nach. Durch den Einsatz von Lamas sollen Rinder in BW besser geschützt werden. Zudem werden Wölfe bei mehrfachen Angriffen abgeschossen.

Baden-Württemberg verschärft das bereits bestehende Herdenschutzkonzept. So sollen in Zukunft auch Betriebe mit Rinderviehhaltung stärker unterstützt werden. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass Wölfe unter gewissen Umständen abgeschossen werden können.

"Sollte ein Wolf die zumutbaren Schutzmaßnahmen mindestens zweimal in engem zeitlichen und räumlichen Abstand überwinden, nutzt das Umweltministerium seine rechtlichen Handlungsspielräume", heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums in Stuttgart. "Ein spezialisiertes und jederzeit einsetzbares Entnahmeteam führt die letale Entnahme des Wolfes durch."

Zwei Angriffe auf geschützte Rinder führen zum Abschuss

Konkret bedeutet das: Sollte ein Wolf innerhalb von sechs Monaten und innerhalb einer Region zweimal die Schutzmaßnahmen überwinden und Rinder angreifen, wird er abgeschossen. Das hat das Umweltministerium dem SWR auf Nachfrage bestätigt. "Es ist klar, dass es eine Schwelle dessen gibt, was wir den Tierhaltenden zumuten können", wird Landesumweltministerin Thekla Walker (Grüne) in der Pressemitteilung zitiert.

Zu den Schutzmaßnahmen sollen neben einer "möglichst kompakten Weideführung" oder visuell abschreckenden und elektrifizierten Zäunen künftig auch Lamas zählen. Der Vorteil der Tiere: Laut Ministerium mögen sie hundeartige Tiere nicht, was sie mit lauten Warnungen, Spucken oder gar einem Angriff zum Ausdruck bringen.

Lamas stellen sich Wölfen in den Weg

"Für den Wolf abschreckend ist der Faktor, dass diese Lamas nicht wie Fluchttiere - zum Beispiel Schafe - vor dem Angreifer fliehen, sondern sich diesem stellen. Das kann den Angreifer aus dem Konzept bringen", teilt Pressesprecherin Bettina Jehne mit. "Zudem versuchen Wölfe, Risiken bei der Jagd möglichst zu vermeiden. Ein tretendes Lama kann ein solches Risiko darstellen." 

Erfahrungsberichte hätten gezeigt, dass der Einsatz von Lamas erfolgreich sein kann, führt Jehne aus. Zudem berge das weniger Konfliktpotential als beispielsweise Herdenschutzhunde. Alpakas kommen aktuell dagegen nicht infrage, da sie schlichtweg kleiner als Lamas sind.

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Derweil zählen erfahrene Rinder, Muttertiere und Herdenschutzhunde ebenfalls zu den sogenannten zumutbaren Schutzmaßnahmen. Das Land fördert diese "zumutbaren Schutzmaßnahmen" und übernimmt bei der Integration von Tieren - wie beispielsweise Herdenschutzhunden und nun auch Lamas - pauschal die Kosten für den Unterhalt. Falls doch ein Rind gerissen wird, erstattet das Land den Halterinnen und Haltern den Verlust. Allerdings müssen hierfür die neuen Herdenschutzmaßnahmen bereits umgesetzt worden sein. Dafür kann eine kostenlose Herdenschutzberatung in Anspruch genommen werden.

Strengere Schutzvorgaben für Kälber

Kälber, die jünger als acht Wochen sind, müssen die Landwirte und Landwirtinnen noch besser schützen. Sie müssen tagsüber "behirtet", also gehütet und nachts im Stall untergebracht oder durch Herdenschutzhunde beschützt werden. Auch braucht es wolfsabweisende Zäune, da das Risiko eines Angriffes auf die Jungtiere deutlich höher ist.

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Umweltministerin Walker sichert Unterstützung zu

"Das beste Mittel ist ein wirksamer Herdenschutz. Deshalb ist es mir wichtig, dass nicht nur die Schaf- und Ziegenhaltung, sondern auch Betriebe mit Rinderhaltung verlässlich unterstützt werden - durch Beratung, aber auch finanziell", sagt Walker. Anders seien Herdenschutzmaßnahmen für viele Betriebe nicht umsetzbar. Daher soll das neue Konzept mitsamt Maßnahmenkatalog auch noch im April veröffentlicht und damit wirksam werden.

Das bisher bestehende Herdenschutzkonzept sieht den Abschuss von Wölfen in gewissen Ausnahmefällen vor, denn das Tier steht eigentlich unter Naturschutz. So beispielsweise bei auffälligem Verhalten gegenüber Menschen, einem schwer leidenden Wolf oder mehrfachen Angriffen auf andere geschützte Weidetiere, wie Schafe oder Ziegen. Der Abschuss nach Wolfsangriffen auf Rinder war bisher nicht erlaubt.

Wolf im Südschwarzwald hat sich auf junge Rinder spezialisiert

Dass das Land nun nachbessert, liegt an mehreren Rinder-Rissen durch den Wolf mit der wissenschaftlichen Bezeichnung GW1129m im Spätsommer 2022. Denn eigentlich werden Rinder im Gegensatz zu Ziegen und Schafen seltener von Wölfen angegriffen. Doch dieser seit Juni 2020 im Schwarzwald lebende männliche Wolf hat sich offenbar auf junge Rinder als Beute spezialisiert.

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