Wenn Stephan Dreßler über seine Arbeit spricht, leuchten seine Augen. Stundenlang kann der Grafiker des Rheinischen Landesmuseums in Trier von seinem Job schwärmen, über all die Flyer, die Bücher und Informationstafeln, die er gestaltet hat.
Seit seiner Kindheit kann sich Dreßler für Archäologie und die Geschichte begeistern. Auch, weil er in Trier aufgewachsen ist, wo die Spuren der Römer im Stadtbild allgegenwärtig sind: "Ich bin mit Altertümern wie der Porta Nigra oder den Kaiserthermen großgeworden und habe da ein Faible entwickelt."

Grafiker war mehr als fünf Jahre lang arbeitslos
Irgendwann im Landesmuseum zu arbeiten, wo all die römischen Exponate lagern, war daher schon immer sein Traum. Aber es war ein Traum, den sich Dreßler nie ernsthaft gewagt hat, zu verfolgen. Denn mehr als fünf Jahre lang hat der Mediengestalter überhaupt keinen Job gefunden.
"Diese Stelle ist jetzt wirklich der Jackpot. Ich hätte nicht gedacht, dass das etwas werden könnte."
Arbeitsvermittlerin erkennt Potential
Dass Dreßler heute in seinem Büro im Grafikatelier sitzt, hat er auch Ursula Straß zu verdanken, einer Arbeitsvermittlerin beim Jobcenter Trier. Die hat den Namen Dreßler zum ersten Mal in einer Liste von Langzeitarbeitslosen gelesen. "Und ich habe da sofort ein Potential erkannt", sagt die Arbeitsvermittlerin.
"Als ich mich dann mit Herrn Dreßler unterhalten hatte, hab ich sofort gemerkt wie eloquent er ist, intelligent und motiviert."
Etliche Bewerbungen blieben ohne Antwort
Viele Betriebe haben dieses Potential allerdings nicht entdeckt. Dreßler hat nach eigenen Angaben "Bewerbungen ohne Ende" geschrieben. Doch meist habe er nicht mal Absagen bekommen, sondern gar keine Antworten. Warum? Das kann der Grafiker sich selbst nicht recht erklären
"Das ist schon extrem lästig und nervig, wenn man dann gar keine Rückmeldung bekommt. Da fragt man sich irgendwann, warum man überhaupt noch Bewerbungen schreibt."
Neues Gesetz ermöglicht intensivere Betreuung
Ursula Straß hat das bei Kunden oft erlebt: "Es ist im Grunde eine Demütigung, immer wieder eine Absage zu bekommen. Das macht etwas mit den Menschen." Häufig hätten Arbeitgeber aber auch Vorurteile, wenn Bewerber länger arbeitslos waren. Ein Teufelskreis, den die Vermittlerin versucht, zu durchbrechen.
Straß geht dabei einen anderen Weg als viele ihrer Kollegen. Denn sie ist als Coach eingestellt, um das Teilhabechancengesetz umzusetzen. Ein Programm, das Langzeitarbeitslosen mehr Perspektive bieten soll. Straß betreut daher nur rund 40 Kunden und kann sich für diese intensiv Zeit nehmen.
Coach lässt bei Vermittlung nicht locker
Bei ihren langen Gesprächen mit Dreßler fällt irgendwann der Name des Rheinischen Landesmuseums in Trier. "Das war mehr so Wunschdenken", erinnert sich der Grafiker: "Ich hätte nie gedacht, dass es klappt."
Gespräch Wie weit reicht das Bürgergeld? – Helena Steinhaus kämpft für einen besseren Sozialstaat
Helena Steinhaus setzt sich seit 2015 mit ihrem Verein “Sanktionsfrei” für Menschen ein, die Hartz IV beziehen. Sie hilft mit Rechtsberatung, Geld und Öffentlichkeitsarbeit gegen die Stigmatisierung.
Anfangs gestaltet sich die Vermittlung auch schwierig, sagt Straß. Die Stelle des Grafikers sollte gar nicht nachbesetzt werden. Doch die Arbeitsvermittlerin ruft bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe an, setzt sich sogar im Kultusministerium in Mainz ein.
Grafiker bekommt Vorstellungsgespräch
Mit Erfolg: Dreßler bekommt ein Vorstellungsgespräch und kann überzeugen. Ein Jahr später erstellt der Grafiker dreidimensionale Modelle für die Landesausstellung "Der Untergang des römischen Reiches", die von Tausenden Menschen gesehen werden. Vorher hätte der Trierer sich nicht mal getraut, eine Bewerbung abzuschicken.

Ursula Straß freut sich ebenfalls über das Erreichte: "Es ist schon toll, wenn die Leute dann anrufen und von der ersten eigenen Lohnabrechnung erzählen. Die Förderprojekte sind an der richtigen Stelle und geben Menschen die Möglichkeit, ganz anders im Leben aufzutreten."
Förderprogramme könnten gekürzt werden
Die Nachricht, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plane, ebensolche Förderprogramme zu kürzen, kann Stephan Dreßler daher nicht verstehen.
Inzwischen haben das Arbeits- und das Finanzministerium zwar Entwarnung gegeben: Ein Abbau des sozialen Arbeitsmarktes sei zumindest bis 2029 nicht geplant. Für Stephan Dreßler ist jedenfalls klar: "Die Arbeitsvermittlung hat mein Leben verändert." Und er bleibe gerne bis zur Rente im Landesmuseum.