In Rheinland-Pfalz rufen im Sommer bei Hitze und Trockenheit immer mehr Kommunen zum sparen von Wasser auf. Aber auch große Firmen greifen auf unser Grundwasser zu. In Zeiten von Klimawandel kann das zu Problemen führen. (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance/Arne Dedert)

Hitze und Trockenheit

SWR exklusiv: Mit diesen Firmen teilen wir uns in RLP das Grundwasser

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Ludger Peters
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Ulrike Brandt
SWR Reporterin Ulrike Brandt (Foto: SWR)

Wasser sparen im Sommer: Dazu rufen die Wasserversorger die Bürger immer häufiger auf. Doch wie viel Grundwasser verbraucht eigentlich die Industrie? Und welche Konzerne bekommen am meisten?

Grundwasser ist in Rheinland-Pfalz die Hauptquelle unseres Trinkwassers. Fast drei Viertel davon fließt in die öffentliche Versorgung. Das andere Viertel nutzen Unternehmen und Landwirtschaft. Wer wie viel Grundwasser verbraucht wäre egal, wenn wir Wasser im Überfluss hätten. Da das aber nicht der Fall ist und die Grundwasser-Reserven zurückgehen, ist ein Austausch über das weitere Vorgehen wichtiger denn je - inklusive Transparenz.

Behörden legen erstmals Zahlen zu Grundwasser vor

Zum ersten Mal haben jetzt die beiden zuständigen Behörden auf SWR-Anfrage die Namen der Unternehmen herausgegeben, die das meiste Grundwasser im Land fördern.

Hintergrund ist, dass Experten für die Zukunft zunehmend Konflikte bei der Verteilung von Grundwasser befürchten. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd nimmt solche Konflikte heute schon wahr. "Der Kampf ums Wasser ist auf lokaler Ebene schon entbrannt. Man bekriegt sich noch nicht. Aber wir merken, dass es Nutzungskonflikte gibt", sagt Behördenleiter Hannes Kopf. Denn in den vergangenen Jahren ist die Neubildung des Grundwassers in Rheinland-Pfalz wegen des Klimawandels um 25 Prozent zurückgegangen.

So wird in Rheinland Pfalz das Grundwasser verteilt. Was bekommen Haushalte, Industrie und Landwirtschaft. Die Frage ist in Zeiten von Klimawandel, Hitze und Trockenheit immer wieder neu zu beantworten. (Foto: SWR, Anna Lara Weidinger)

"Der Kampf ums Wasser ist auf lokaler Ebene schon entbrannt. Man bekriegt sich noch nicht. Aber wir merken, dass es Nutzungskonflikte gibt."

Das meiste Wasser nehmen Chemiefirmen

Unter den 15 größten gewerblichen Grundwasserentnehmern sind in Rheinland-Pfalz vor allem Chemiefirmen und Getränkehersteller. Auch die Stahl- und Pharmaindustrie ist vertreten. Pro Kubikmeter Wasser, das sind 1.000 Liter, müssen sie sechs Cent zahlen.

Die BASF, Deutschlands Chemieriese Nummer eins, ist mit großem Abstand Spitzenreiter bei der industriellen Wasserentnahme im Land.

BASF darf 26 Millionen Kubikmeter, also 26 Milliarden Liter Grundwasser im Jahr fördern. Das ist ungefähr soviel wie der Inhalt von 10.000 olympischen Schwimmbecken. Mit dieser Menge könnten 7 Prozent des Trinkwasserbedarfs im Land gedeckt werden. BASF nutzt das Recht allerdings nach eigenen Angaben nicht komplett aus. Die SGD Süd gibt die tatsächlich geförderte Menge mit rund 22 Millionen Kubikmeter an.

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Den Großteil des Grundwassers nutzt BASF in der Produktion. Das Grundwasser wird nach Angaben der BASF nahezu vollständig als Rohwasser in der Wasseraufbereitung genutzt, wo es zur Erzeugung von vollentsalztem Wasser dient. Dieses spezielle vollentsalzte Wasser wird dann größtenteils zum Herstellen von Produkten eingesetzt.

Neben dem Branchenprimus sind weitere Chemieunternehmen unter den größten Grundwasser-Entnehmern. So auch die beiden Wormser Unternehmen Grace GmbH und Röhm GmbH .

Das Unternehmen Thyssen Krupp Rasselstein aus Andernach (Kreis Mayen-Koblenz), das laut Behörde rund 10 Millionen Kubikmeter Grundwasser nutzt, sagt, diese Zahl sei so nicht korrekt. 90 Prozent davon sei Uferfiltrat aus dem Rhein: "Diese Menge führen wir annähernd vollständig zurück, abzüglich von Verdunstungsverlusten." Uferfiltrat ist Wasser aus dem Rhein, das in das Grundwasser einsickert und dann gefördert wird.

Streit ums Wasser mit Sprudelhersteller

Auch Getränkehersteller wie Mineralwasserbrunnen tauchen in der Liste der größten Wasserentnehmer in Rheinland Pfalz auf. Nach Angaben des Verbands deutscher Mineralbrunnen gibt es in Rheinland-Pfalz 21 Mineralbrunnen-Betreiber. Laut Verband entnehmen sie nur 2,4 Prozent des Grundwassers in Rheinland-Pfalz. Damit seien sie einer der kleinsten Grundwassernutzer, so der Verband.

Trotzdem gibt es in Einzelfällen immer wieder Ärger vor Ort. So zum Beispiel im Falle der Entnahmerechte für die Firma MEG in Wörth am Rhein. Sie produziert Mineralwasser für die Discounterkette Lidl und ist unter den Top 10 der Grundwasserentnehmer in Rheinland-Pfalz.

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Wenn es nach dem örtlichen Trinkwasserversorger geht, sollte die Grundwasser-Entnahme des Unternehmens stärker eingeschränkt werden. Denn er befürchtet, dass sein Grundwasser durch den Getränkehersteller in der Nachbarschaft verunreinigt werden könnte.

Auch im Nationalpark Hunsrück-Hochwald gibt es Streit um Bohrungen eines Getränkeherstellers.

Widerstand gegen Bohrungen im Nationalpark (Foto: SWR, SWR)
Menschen aus der Nationalparkregion demonstrierten vergangenes Jahr gegen weitere Probebohrungen nach Wasser von zwei Mineralbrunnenbetrieben.

Zwei regionale Sprudelfirmen, darunter die Firma Hochwald Sprudel Schupp, haben kurz vor Gründung des Nationalparks 2014 die Genehmigung erhalten, nach Mineralwasser zu bohren.

"In Zeiten von Klimawandel und Niederschlagsmangel kann es nicht nachhaltig sein, Tiefenwasser aus einem Nationalpark kommerziell zu vermarkten."

Ein Teil dieser Bohrungen sorgte in einigen Orten des Nationalparks für Unverständnis. Nach Protesten verzichteten die Unternehmen deshalb auf weitere Probebohrungen im Grundwasser.

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Aus sechs Brunnen wird dennoch Wasser gefördert. Mittlerweile wird das Wasser von einem Unternehmen in Hamburg offenbar überregional als Nationalparkwasser vermarktet. Die Firma bezeichnet das Getränk als besonders nachhaltig. Experten halten das für eine Mogelpackung. "In Zeiten von Klimawandel und Niederschlagsmangel kann es nicht nachhaltig sein, Tiefenwasser aus einem Nationalpark kommerziell zu vermarkten", sagt die Stiftung Warentest in einem Mineralwassertest.

Weniger Grundwasser wegen Klimawandel

Ob Chemieriese, Papierhersteller oder Stahlproduzent. Alle diese Unternehmen brauchen aus den verschiedensten Gründen in der Produktion Wasser. Den weit überwiegenden Teil, nämlich 94 Prozent laut Statistischem Landesamt, bezieht die Industrie allerdings aus anderen Quellen als dem Grundwasser. Nämlich aus Oberflächenwasser - also aus Flüssen, Seen und Talsperren. Das Grundwasser ist vor allem der Öffentlichen Wasserversorgung vorbehalten.

Klimawandel zwingt Behörden zum Umdenken

Wegen der sinkenden Grundwasserneubildung sollen in Rheinland-Pfalz Genehmigungen für Grundwasserentnahmen anders als in der Vergangenheit behandelt werden. Wie das Umweltministerium dem SWR mitteilte, existierten viele dieser Rechte bereits seit Jahrzehnten, als mehr Grundwasser zur Verfügung stand. Das Wasserrecht der BASF ist sogar unbefristet.

Werden Wasserrechte neu erteilt oder verlängert, müsse "die Ausrichtung auf klimatische Änderungen und ein sinkendes Grundwasserangebot in Zukunft eine größere Rolle spielen", so das Ministerium gegenüber dem SWR. Außerdem sollen mehr Wasserrechte vergeben werden, die einfacher als früher widerrufen werden können. So will das Land schneller auf veränderte Grundwasserspiegel reagieren können.

Vor allem bei Neuvergaben habe das Konsequenzen, sagt Joachim Gerke, der Abteilungsleiter Wasserwirtschaft bei der SGD Nord ist. "Dann bekommt das Unternehmen erstmal eine sehr kurze Erlaubnis, das ist unsere Sicherheitsstufe", sagt Gerke. Dann müssten Gutachter klären, wie das Grundwasser darauf reagiert. Erst dann werde über ein längerfristiges Recht entschieden. Niemand bekomme ein Wasserrecht, das 100 Prozent der Grundwasserneubildung ausnutzt. Üblicherweise liege das Recht zwischen zehn und 25 Prozent, sagt Gehrke.

"Wenn ich eine zurückgehende Grundwasserneubildungsrate habe, dann ist das eine große Aufgabe, das Wasser gerecht zu verteilen. Das ist wirklich schwierig."

Rechtssichere Bewilligungen für die Entnahme von Grundwasser sollen nur noch in begründeten Fällen erteilt werden. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Unternehmen große Investitionen planen und daher Sicherheit benötigen. Solche Bewilligungen können die Behörden nicht ohne weiteres widerrufen. Zudem werden Entschädigungszahlungen an die Unternehmen fällig.

Das seien keine einfachen Entscheidungen, sagt Hannes Kopf von der SGD Süd: "Wenn ich eine zurückgehende Grundwasserneubildungsrate habe, dann ist das eine große Aufgabe, das Wasser gerecht zu verteilen. Das ist wirklich schwierig."

Das Moor in Mosbruch ist kaum noch als solches zu erkennen. Denn durch den Klimawandel hat sich das Wasser aus der Landschaft zurückgezogen.  (Foto: SWR, Christian Altmayer )
Das Moor in Mosbruch im Kreis Vulkaneifel ist kaum noch als solches zu erkennen. Denn durch den Klimawandel hat sich das Wasser aus der Landschaft zurückgezogen. Wenn die oberen Bodenschichten im Winter nicht mit Wasser ausreichend durchfeuchtet wird kann sich im Winter auch kein neues Grundwasser bilden.

Wasserpreis für Industrie bleibt niedrig

Rheinland-Pfalz gilt im Vergleich als wasserreiches Land. Experten gehen davon aus, dass es so schnell nicht zu flächendeckenden Engpässen kommen wird. Doch dringend müssten jetzt die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Denn auch in den kommenden Jahren werde sich das Grundwasser im Winter nicht so stark neu bilden wie in der Vergangenheit.

Auch der Wasserpreis könnte dabei eine Stellschraube sein. Doch das Land Rheinland-Pfalz gehört zu den Bundesländern, die die Wasserentnahmeentgelte nicht erhöhen wollen. Lediglich fünf Bundesländer (Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen) haben das vor.

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Uwe Emnet vom BUND Südpfalz geht davon aus, dass ein höherer Preis als die aktuell gültigen sechs Cent pro Kubikmeter, die Bereitschaft von Unternehmen zu sparen, erhöhen würde. Der Wassercent oder die Vergabe von strittigen Entnahmerechten: Letztlich seien solche Entscheidungen bei aller Faktenlage eben auch politisch sagt der Hydrologe Tobias Schütz von der Universität Trier:

"Am Ende sind das immer Aushandlungsprozesse. Was wollen wir? Und was ist uns wichtiger zu erhalten, Wirtschaft oder Natur?"

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