Die Zerstörungen an der Ahr erschrecken immer wieder aus Neue. Mehr als 130 Menschen verloren ihr Leben, 3.000 Häuser wurden zum Teil sehr schwer beschädigt, 500 zerstört. Doch auch rund 180 Kilometer Straßen wurden beschädigt, ganze Asphaltplatten weggeschwemmt, als das Wasser die Verkehrswege unterspülte.
90 Prozent des Straßennetzes waren in irgendeiner Weise betroffen. Ein Viertel der Straßen war nach der Flut unbenutzbar. Fast die Hälfte aller Brücken im Tal war stark beschädigt oder komplett zerstört. Auch die Trasse der Ahrtalbahn glich einem Trümmerfeld. In Altenahr steht bis heute nur noch der alte Bahnhof auf einer staubigen Schotterpiste.

Der Stand beim Wiederaufbau von Straßen, Brücken und Bahnstrecke
Spätestens im Winter war das ganze Ahrtal dann eine einzige Baustelle. Und sehr viel verändert hat sich daran bis heute nicht. Die allermeisten Straßen sind inzwischen zumindest provisorisch wiederhergestellt. Bei manchen geht es jetzt daran, sie endgültig wieder aufzubauen. Im Idealfall auch so, dass sie künftig nicht mehr unterspült werden.
Die Ahrtalbahn fährt zumindest auf einer Teilstrecke wieder. Kurz hinter Bad Neuenahr ist dann Schluss, denn an der mittleren Ahr ist die Strecke noch immer unbefahrbar. Anfang 2023 will die Bahn mit dem Wiederaufbau der Ahrtalstrecke hinter Walporzheim starten. Für die Wiederinbetriebnahme der Strecke zwischen Walporzheim und Ahrbrück lautet die Prognose aktuell Ende 2025.
Brücken und Bahndämme auf der Strecke sollen "hochwasserresilient" gebaut werden, heißt es in den Plänen der DB Netz AG. Das bedeutet beispielsweise bei einer neuen Brücke in Walporzheim unter anderem: Keine Mittelpfeiler in der Ahr, eine schlanke Konstruktion ohne obenliegende Tragwerke und ausschließlich sogenannte Tiefgründungen in tiefere Bodenschichten.
Wiederaufbau der Ahrtalbahn bis Adenau?
Intensiv beschäftigt hat sich mit den Plänen auch die Interessengemeinschaft Ahrtalbahnfreunde. "Das ist jetzt die Chance, alle Haltestellen und Bahnhöfe barrierefrei zu gestalten", sagt Sprecher Willi Tempel.

Außerdem wünscht er sich, dass von Seiten der Politik noch einmal über den Wiederaufbau der Ahrtalbahn von Ahrbrück bis Adenau nachgedacht wird.
Chancen und neue Wege in Sachen Mobilität
Spätestens 2028 soll die Ahrtalbahn dann von Remagen bis Ahrbrück elektrifiziert sein. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach im Juni von einem Meilenstein im Klimaschutz, weil künftig auf beiden Strecken Züge ohne Dieselabgase fahren könnten.
"In jeder Katastrophe liegen auch Chancen", sagt die Ahrweiler Landrätin Cornelia Weigand (parteilos). Die Elektrifizierung der Ahrtalbahn ist für sie so eine.

"Wir versuchen, an vielen Stellen nicht nur Wiederaufbau, sondern Aufbau zu denken", sagt Weigand. Dabei gehe der Blick in die Zukunft und über den Stand vor der Zerstörung hinaus. Kein einfaches Unterfangen. "An manchen Stellen geht es besser, an anderen ist es ein bisschen schwieriger."
Wie sieht die mobile Zukunft im Ahrtal aus?
"Unsere Vision ist, dass wir klimaneutral werden. Das hat der Kreistag beschlossen und bestätigt. Und da ist Mobilität ein ganz großer Faktor", so die Landrätin. 48 Prozent der Emissionen kommen demnach aus dem Verkehrsbereich.
Deshalb soll ein E-Mobilitätskonzept entwickelt werden, das eingebettet ist in ein Klimaschutzkonzept, welches bald vorgelegt werden soll.
E-Mobilität und Wasserstoff im ÖPNV
Zudem gebe es bereits Gespräche, künftig auch im ÖPNV auf E-Mobilität zu setzen - etwa bei künftigen Ausschreibungen für die Fahrzeugflotten. Außerdem soll ein Modellprojekt mit wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen durchgeführt werden.
"Für den ÖPNV ist das sehr wichtig, wenn man sich gerade die großen Busse vorstellt, die ja lange unterwegs sind, hier in der Topografie unheimliche Steigungen zurücklegen müssen und als E-Fahrzeug nicht überall auftanken können", sagt Weigand.
Ideen für Elektromobilität auch im privaten Bereich
Dabei ist ihr klar: "Im ländlichen Raum kann nicht jeder auf sein Fahrzeug verzichten, aber da auch wollen wir den Ausbau der E-Mobilität vorantreiben." Deshalb kann sie sich vorstellen, dass auch ein E-Carsharing-Angebot und die entsprechende Ladeinfrastruktur kreisweit ausgebreitet werden könnten. Für den Aufbau von E-Ladesäulen an kreiseigenen Liegenschaften gebe es sogar schon Zusagen für Fördergelder.
Auch von privater Seite gibt es hier Engagement. So haben Bürger aus Sinzig und Remagen in der Initiative elektro-Carsharing in Bürgerhand (eCB) ein Konzept für E-Carsharing im Kreis Ahrweiler erarbeitet. In Zusammenarbeit mit der Bürgerenergiegenossenschaft Rhein Sieg eG möchte die Initiative die Anzahl der im Alltag genutzten Autos reduzieren.
Wie so was gehen kann, zeigt der Kreis Mayen-Koblenz. Seit Mitte Mai können sich dort die Einwohner in acht Gemeinden und Stadtteilen kostenlose E-Autos ausleihen.