Winzer Alexander Stodden ist sauer, vor ihm liegt ein Hektar Land und außer Gras wächst darauf wenig. Sein Weinbaugebiet liegt zu nah an der Ahr, sagt die Aufsichtsbehörde SGD Nord. Dabei will er endlich loslegen, doch bislang ist nicht klar, wie viel Entschädigung er bekommt. Für 50 Cent den Quadratmeter will er sein Eigentum bestimmt nicht an das Land Rheinland-Pfalz abgeben, sagt der Recher Winzer entschieden.
Ausgleichsflächen für verlorene Weinlagen gesucht
Mit der Entschädigungssumme sollen die Winzer sich Ausgleichsgebiete kaufen können und neue Rebflächen erschließen. Aber "gucken Sie sich das Tal an, wo wollen Sie denn hin?", fragt Stodden empört. Im Norden wachse nichts, alles andere brauche man zum Wohnen oder sei schon bepflanzt.
Die wenigsten Winzer, die in der Flutnacht im Juli 2021 ihre Rebflächen verloren haben, konnten bislang wieder neu pflanzen. Selbst da, wo Flächen wieder für den Weinbau nutzbar waren, fehlten Jungpflanzen. Denn wie Baumaterialien und viele andere Dinge ist auch Pflanzgut derzeit knapp. Auf wie viel Hektar nach der Flut Wein neu angepflanzt wurde, dazu liegen dem Winzerverband im Kreis Ahrweiler keine Informationen vor. Noch nicht mal zehn Hektar dürften es sein, sagt Geschäftsführer Knut Schubert.
Ende Juni Infotermin zu Entschädigungen für Landwirte in Dernau
40 Hektar Rebfläche wurden nach dem Hochwasser so stark zerstört, dass eine Weinlese auch in diesem Jahr nicht möglich ist. Davon werden zehn Hektar Rebfläche aus Gründen des Hochwasserschutzes für immer wegfallen. Doch bei den Entschädigungen sei "die Tür noch nicht zu", heißt es vom Winzerverband. Man erwarte einen Marktwert, der einer Weinbergsfläche entspricht.
Winzer sollen entschädigt werden Hochwasserschutz: Weinbau am Ufer der Ahr größtenteils verboten
Viele Winzer im Ahrtal hatten es lange befürchtet - jetzt haben sie Gewissheit: Im Uferbereich der Ahr dürfen insgesamt zehn Hektar Weinanbaufläche nicht mehr bewirtschaftet werden.
Vielerorts steht noch die Flurbereinigung an
Vielerorts steht im Ahrtal noch die Flurbereinigung an: Flächen müssen vermessen, neue Wege festgelegt werden. Doch bis das getan ist und bis dann Jungpflanzen für die Gebiete bestellt werden können, dürfte es noch dauern. Frühestens im Jahr 2024 wird er pflanzen, erwartet Winzer Adolf Schreiner aus Rech. Dann noch mal drei Jahre bis zur ersten Ernte.
Schreiner kann zurzeit etwa ein Viertel seiner Anbaufläche von insgesamt drei Hektar wegen Hochwasserschäden und ausstehender Entscheidungen nicht bewirtschaften. Er hofft, dass er auf seinen alten Gebieten wieder voll anpflanzen kann. Sorge bereitet ihm die neue Vorschrift für den größeren Zeilenabstand von 2,20 Meter. "Was für unsere Region zu viel ist. Da müssen wir mit unseren Gerätschaften jede Zeile zweimal fahren." Hierzu will der Winzerverband noch das Gespräch mit der SGD suchen.
Aufhören sei für Schreiner nie eine Option gewesen. Sein Sohn hat am 14. Juli 2021, dem Tag der Sturzflut, seine Abschlussprüfung zum Winzer gemacht. Er wird voraussichtlich in fünfter Generation den Betrieb weiterführen.
"Viele sind traumatisiert" Erste größere Demo von Flutbetroffenen an der Ahr
Die Flut im Ahrtal hat viele Menschen getötet und Tausende Häuser zerstört. Der Wiederaufbau ist langsam. Dagegen regt sich Protest. Am Donnerstag gingen Menschen auf die Straße.
Fast alle Weinbau-Betriebe im Ahrtal hatten Verluste
Verlorene Reben, zerstörte Fässer und Flaschen, kaputte Maschinen und Gebäude - von 65 Weinbau-Betrieben im Ahrtal hatten 60 Verluste nach dem Hochwasser und der Sturzflut. Und kaum ein Winzer oder eine Winzerin, der nicht auch als Privatmensch von den Wassermassen betroffen war. Doch der Weinbauverband Ahr zeigt sich zuversichtlich, dass der Weinbau in der Region wieder seinen Stand von vor der Flutkatastrophe erreichen kann. "Wir haben ein ganz hohes Potenzial junger Leute", sagt Verbandspräsident Hubert Pauly.
Einer der Jungen im Ahrtal ist Lukas Sermann aus Altenahr. Er hat Gebäude- und Geräteschäden am Weingut in einer Höhe von 1,4 Millionen Euro, tausende Dinge seien noch zu erledigen, viele Baustellen warteten. Immerhin hat er am Altenahrer Eck, einem sehr alten Weinberg, wo der Boden bis auf den Fels weg war, erste Spätburgunder-Pflänzchen nach der Zerstörung gesetzt. Er hofft, dass sie 50 bis 60 Jahre im Boden bleiben.