Wie wird der Corona-Herbst in Rheinland-Pfalz? (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Kalaene)

Rückblick und Ausblick

Wie gefährlich ist die Corona-Lage im Herbst 2022 in Rheinland-Pfalz?

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Matthias Weber

Die Zahl der Corona-Infektionen ist zu Beginn des Herbstes deutlich gestiegen, sinkt aber inzwischen wieder. Wie sind die Aussichten für den Winter?

Entspannung auf der einen - Anspannung auf der anderen Seite: Die aktuelle Corona-Lage wird sehr unterschiedlich wahrgenommen. Maskenloses Feiern in vollen Festzelten auf der einen Seite, weiter viel Vorsicht auf der anderen. So ist die aktuelle Lage.

Rückblick: Der Corona-Sommer 2022

Der abgelaufene Sommer wird vielen Menschen in Rheinland-Pfalz in guter Erinnerung bleiben: viel Sonne, kaum Corona-Maßnahmen. Mit ganz wenigen Ausnahmen mussten Masken nur auf freiwilliger Basis getragen werden, Zugangsbeschränkungen gab es so gut wie gar nicht. Gastronomie und Tourismus verzeichneten gegenüber 2021 deutliche Zuwächse. Auch zahlreiche Feste konnten wieder gefeiert werden.

Doch auch das Coronavirus breitete sich über den Sommer immer weiter aus. Von Mai bis Mitte Juli stieg die Zahl der Neuinfektionen in Rheinland-Pfalz an, erst danach gab es eine Entspannung. Auffallend war auch, dass im Vergleich zu den beiden Vorjahren deutlich ungefährlichere Virus-Varianten verzeichnet wurden. So stieg zwar auch die Zahl der Menschen, die wegen Corona auf der Intensivstation behandelt werden musste - erreichte aber längst nicht die Werte der beiden vergangenen Winter.

Aktuelle Lage rund um das Coronavirus in Rheinland-Pfalz

Nachdem die Sommer-Welle im August deutlich abgeebbt war, registrierten die Behörden seit September wieder eine signifikante Steigerung der relevanten Werte. So lag die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz Mitte Oktober bei über 900 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. Seither sinken die Zahlen aber kontinuierlich wieder. Allerdings ist die Dunkelziffer hoch. Das liegt zum einen daran, dass weniger getestet wird. Zudem kann der Rhein-Pfalz-Kreis wegen eines Hacker-Angriffs auf die Verwaltung seit Ende Oktober keine Daten übermitteln. Das betrifft auch die Städte Ludwigshafen, Speyer und Frankenthal. 

Corona-Früherkennung durch Abwasseranalyse

Um die Corona-Lage besser überwachen zu können, hat das Land Rheinland-Pfalz mit einer flächendeckenden Analyse von Abwasser begonnen. Dafür werden mehrmals pro Woche Proben aus 14 Klärwerken genommen. Die Klärwasserproben sollen dann in einem Labor auf ausgeschiedene Coronaviren analysiert werden. Mit diesem Frühwarnsystem könne die Landesregierung ab Mitte Oktober sagen, ob die Verbreitung von Corona stagniert oder exponentiell steigt, hieß es. Zudem könne anaysiert werden, welche Corona-Variante vorherrschend ist.

So schätzen Politiker und Wissenschaftler die Corona-Lage ein

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht Deutschland vor der drohenden nächsten Corona-Welle gut gewappnet. Er sei zuversichtlich, "dass wir dass im Griff haben werden", so der SPD-Politiker. Lauterbach sagte Ende September aber auch: "Wir befinden uns ganz klar am Beginn einer Herbst- und Winterwelle." Er forderte die Länder angesichts steigender Infektionszahlen auf, rechtzeitig neue Regeln wie eine Maskenpflicht in Innenräumen zu erlassen.

Sein rheinland-pfälzischer Amtskollege Clemens Hoch (SPD) sieht den Zeitpunkt für Anpassungen langsam für gekommen. So hält er etwa die Isolationspflicht für Corona-Infizierte für nicht mehr zeitgemäß. Wenn sich in diesem Punkt alle Bundesländer einig seien, könne man von der Isolationspflicht abrücken, sagte Hoch im SWR. Corona solle wie eine normale Erkrankung behandelt werden. Bundesgesundheitsminister Lauterbach lehnt das dagegen ab.

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Geringere Zahl von schweren Verläufen erwartet

Auch die Wissenschaftler erwarten deutlich steigende Fallzahlen, aber keinen gravierenden Anstieg der schweren Corona-Fälle. Laut Robert Koch-Institut (RKI) "kam es in den letzten Wochen zu einer Stabilisierung der Zahl der Fälle, die mit einer schweren akuten Atemwegsinfektion und Covid-19-Diagnose im Krankenhaus behandelt wurden".

In Rheinland-Pfalz stieg die Zahl der Menschen, die auf Intensivstationen behandelt werden mussten, zwischenzeitlich wieder stark an. Waren es Mitte September noch weniger als 30, so lag sie Mitte Oktober bei rund 100. Seither sinken die Zahlen aber auch hier wieder deutlich.

Es bleibe dabei, "dass sich viele der Infektionen als nicht schwer verlaufend darstellten", sagte Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie. Zeeb erwartet zwar wieder zunehmende Krankenhausbehandlungen und steigende Todesfallzahlen, "die vor allem bestimmte Gruppen betreffen werden". Eine Überlastung des Gesundheitssystems sieht er "eher nicht". Der Virologe Hendrik Streeck verwies auf Hunderttausende Corona-Infektionen in diesem Sommer, "mit einer Dunkelziffer, wo wir wahrscheinlich im Millionenbereich waren". Trotzdem habe man das nicht in diesem Maße in den Krankenhäusern gespürt.

Personalausfälle in den Kliniken

Ein Problem im Klinikalltag ist aber weiter die Personalsituation. Vielerorts klagen Krankenhaus-Gesellschaften darüber, dass immer mehr Ärzte und Pfleger infiziert sind und damit ausfallen. Betroffen ist zum Beispiel das Klinikum Ludwigshafen. Nach Aussage des Ärztlichen Direktors Günter Layer war der Krankenstand beim Personal auch ohne Corona bereits seit dem Sommer doppelt so hoch wie vor der Pandemie.

Ungewöhnlich früh im Jahr hat zudem die Grippesaison begonnen. Die Vorsitzende des Landesverbands der Hausärzte, Barbara Römer, rechnet mit erheblich mehr Grippefällen als in den Jahren zuvor. Das Immunsystem sei "ein wenig aus der Übung gekommen", so Römer. Auch der Mainzer Virologe Bodo Plachter erwartet eine Art Nachholeffekt. "Eine normale Grippewelle hatten wir zwei Jahre nicht".

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Welche Corona-Regeln derzeit gelten

Grundlage der derzeit geltenden Regeln sind das vom Bund beschlossene neue Bundesinfektionsschutzgesetz sowie die 34. Corona-Bekämpfungsverordnung von Rheinland-Pfalz. Danach müssen in Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen und Krankenhäusern FFP2-Masken getragen werden. Für den Bereich der Krankenhäuser gilt für Rheinland-Pfalz allerdings eine "landesrechtliche Ausnahmeregelung, dass Personen (Beschäftigte oder Besuchende), die über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen, von der Testpflicht ausgenommen sind".

Außerdem gilt in Rheinland-Pfalz auch weiter in Bussen und Bahnen des ÖPNV eine Maskenpflicht (FFP2- oder OP-Maske), während dies bundesweit nur für den Fernverkehr gilt. In Flugzeugen entfällt die Maskenpflicht bis auf Weiteres.

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Welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden könnten

Drohe im Herbst und Winter "durch eine drastisch erhöhte Infektionslage eine konkrete Gefahr für die Gesundheitsversorgung oder sonstige kritische Infrastruktur im Land”, könne Rheinland-Pfalz über einen entsprechenden Landesparlamentsbeschluss “weitgehendere Maßnahmen erlassen", betont Gesundheitsminister Hoch.

Zu den möglichen Maßnahmen zählen eine Maskenpflicht bei Veranstaltungen im Außenbereich, wenn ein Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden könne, oder Personenobergrenzen für Veranstaltungen.

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