Nach der Steinwurf-Attacke auf die bayerischen Grünen-Politiker Ludwig Hartmann und Katharina Schulze im September 2023 in Neu-Ulm ist am Dienstagnachmittag das Urteil gegen einen 46-jährigen Mann verkündet worden. Das Amtsgericht Neu-Ulm verurteilte den Angeklagten aus Ulm wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einem Jahr und vier Monaten Haft auf Bewährung. Das Urteil fiel am ersten Prozesstag.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann bei einer Wahlkampfveranstaltung der Grünen in Neu-Ulm einen knapp 500 Gramm schweren Stein in Richtung Podium geworfen hatte. Die Tat sei als schwerwiegende demokratiegefährdende Handlung zu verstehen, so das Gericht. Die beiden Politiker sowie eine Gebärdendolmetscherin, die ebenfalls auf der Bühne gestanden hatte, blieben unverletzt.
Angeklagter gesteht Steinwurf zu Prozessbeginn
Zu Prozessbeginn am Dienstagvormittag hatte der Angeklagte die Tat gestanden. Er habe nicht die Absicht gehabt, Personen zu verletzen, die Möglichkeit aber in Kauf genommen. In einer Erklärung, die er über seinen Verteidiger verlesen ließ, bezeichnete er die Tat als den "größten Fehler seines Lebens". Zu seinem Motiv machte der Mann keine Angaben. Er war zum Tatzeitpunkt laut Blutalkoholgutachten mit mehr als einem Promille betrunken.
Die Bewährungsstrafe habe er seinem Geständnis zu verdanken, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung. Sie rechnete dem 46-Jährigen auch positiv an, dass er sich bei allen Beteiligten entschuldigt hatte. Außer der Bewährungsstrafe muss der Mann aus Ulm-Wiblingen 200 Sozialstunden leisten und eine Geldstrafe von 1.000 Euro bezahlen.
Bayerische Grünen-Chefin sagt als Zeugin aus
Die bayerische Grünen-Chefin Katharina Schulze, die als Zeugin im Prozess geladen war, erklärte vor Gericht: So etwas wie den Steinwurf habe sie in zehn Jahren Politik noch nie erlebt. Eine Ordnerin, die ehrenamtlich bei der Veranstaltung mitgearbeitet hatte und ebenfalls vor Gericht gehört wurde, beschrieb die Stimmung auf dem Petrusplatz an jenem Tag als aggressiv.
Auch die Gebärdendolmetscherin, die die Redebeiträge von Schulze und Hartmann auf der Bühne übersetzt hatte, war als Zeugin geladen. Sie sagte, sie habe seither Bedenken, bei politischen Veranstaltungen zu dolmetschen.
Täter wird Reichsbürger- und Querdenkerszene zugeordnet
Der Prozess am Amtsgericht Neu-Ulm hatte unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen stattgefunden. Diese Maßnahmen begründete ein Gerichtssprecher damit, dass der Angeklagte der Reichsbürger- und Querdenkerszene zugeordnet werde und Politikerin Katharina Schulze als eines der Opfer als Zeugin geladen war.
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten für den Angeklagten gefordert sowie 200 Stunden gemeinnützige Arbeit. Die Verteidigung hatte auf eine Freiheitsstrafe von nicht über einem Jahr plädiert.