Im Klinikum Landkreis Tuttlingen kommen jedes Jahr zwischen 800 und 1.000 Kinder zur Welt. Die Hebammen im Kreißsaal arbeiten rund um die Uhr und sorgen dafür, dass die Geburten gut laufen. Eine von ihnen ist Pauline Brückner.
Als Pauline Brückner ihren Dienst antritt, ist der kleine Mats gerade mal zwei Stunden alt. Ganz behutsam wickelt die Hebamme ihn aus seiner Decke und legt das Maßband an, um ihn zu messen: "Ganze 55 Zentimeter", sagt sie zum frischgebackenen Vater. Der ist beeindruckt, denn Mats ist ein großes Baby.
Nach der Untersuchung gehts zurück in den Ruheraum. Dort nimmt die Mutter ihr Kind wieder in die Arme. "Dann dürft ihr noch 'ne Runde kuscheln", sagt Hebamme Brückner zu der kleinen Familie, "ich mach' soweit alle Papiere fertig und dann bring ich euch gleich rüber." Später verlegt sie Mats und seine Eltern auf die Mutter-Kind-Station.

Nachtschicht läuft nicht immer gleich ab
Pauline Brückner hat heute Nachtschicht im Kreißsaal. Von 20:30 Uhr bis sechs Uhr morgens ist sie da - für Schwangere, die in den Wehen liegen, für Kinder, die gerade erst zur Welt gekommen sind und für gynäkologische Notfälle. Das ist eine anstrengende Aufgabe, aber Brückner übernimmt sie gerne. Am liebsten habe sie es, wenn nachts viel los sei, sagt sie. Auch, wenn sie dann morgens "todmüde ins Bett" falle.
Es erfüllt mich total, wenn ich nach Hause komme und weiß, ich hab' heute Nacht zwei, drei coole Geburten gehabt [...]. Dann bin ich immer total glücklich und beseelt.
Bei Müdigkeit: Einfach durchziehen
In dieser Nacht kommt in der Tuttlinger Klinik kein Kind mehr auf die Welt. Es ist ein ruhiger Dienst. Eine Frau, bei der die Geburt eingeleitet werden muss, kommt vor dem Schlafengehen nochmal zum CTG. Brückner legt ihr das Gerät an, das die Herztöne des ungeborenen Babys aufzeichnet.
Eine halbe Stunde lang bleibt die Frau zur Überwachung im Kreißsaal. Gegen 22 Uhr nimmt Brückner das Messgerät wieder ab. Die Herztöne sähen gut aus, sagt die Hebamme. Und weiter: "Wenn heute Nacht was ist oder wenn Sie einfach nicht zur Ruhe kommen, melden Sie sich bei uns, ja?"

Gerade in den ruhigen Nächten muss man aufpassen, dass man nicht müde wird. "Zwischen zwei und vier Uhr morgens kommt das Tief", sagt Brückner. Da müsse man dann einfach durchziehen und sich eine Aufgabe suchen. Den Kreißsaal putzen, Handtücher und Medikamente nachbestellen, Fortbildungen am PC machen - irgendwas gibt's immer zu tun. Und wenn gar nichts mehr hilft, trinkt Brückner eine kalte Cola. Kaffee ist nicht so ihr Ding.
Hebamme: Geburten sind "Herzensangelegenheit"
Pauline Brückner ist 27 Jahre alt und arbeitet seit sechs Jahren als Hebamme. Den Beruf hat sie sich schon als junges Mädchen ausgesucht. Als Brückner zwölf war, hat ihre Nachbarin ein Kind bekommen. "Ich fand das total faszinierend, wie der Körper sich verändert hat", sagt sie, "und dann wollte ich alles über die Schwangerschaft wissen."
Nach dem Abi folgte die Ausbildung zur Hebamme. Und bis heute ist es ihre große Leidenschaft, Paare beim Elternwerden zu begleiten: Von der Geburtsvorbereitung, über die Entbindung, bis Nachsorge - Brückner steht ihnen zur Seite.
Wenn man es mit dem Paar zusammen geschafft hat, dieses Kind zu entbinden, das macht mich immer wahnsinnig glücklich. Und da muss ich manchmal auch ein Tränchen verdrücken.
Nachts herrscht in der Klinik eine besondere Stimmung
Es ist mittlerweile halb zwei. Brückner und ihre Kollegin Petra Sieber haben den Kreißsaal geputzt, aufgefüllt und einen Neuzugang aufgenommen. Brückner arbeitet heute als Bereitschaft. Das heißt, sie darf sich jetzt erst einmal schlafen legen. Wenn etwas passiert, etwa weil spontan mehrere Frauen mit Wehen eingeliefert werden, muss sie aber wieder raus. Ihre Kollegin Petra Sieber hält die Stellung, muss die ganze Nacht wach bleiben.

Es ist nicht immer einfach, die Arbeitszeiten mit dem privaten Leben zu vereinen. Pauline Brückner wird am nächsten Morgen direkt von der Klinik zu ihren Hausbesuchen fahren, die sie als freiberufliche Hebamme macht. Ihren kleinen Sohn kann sie dann nicht in den Kindergarten bringen. Da brauche sie oft Unterstützung von Oma und Opa - und natürlich ihren Mann. "Ich sag immer, er ist 'Hebammen-Mann'. Aber das hat er sich so ausgesucht und da macht er auch mit. Denn er weiß, was der Beruf für mich bedeutet."
Und trotzdem: Die Nachtschicht ist für Brückner eine schöne Arbeit. "Es ist einfach eine ganz besondere Stimmung nachts", sagt sie, "das ganze Alltagsgewusel fällt weg." Die leeren Gänge und das gedimmte Licht auf den Stationen würden es gemütlicher machen und auch die Paare seien entspannter. "Das machts aus. Deswegen machen wir's so gerne."