Baufälliges Haus

Vorschlag von Bundesbauministerin Geywitz: "Raus aufs Land ziehen"

Beispiel Adelsheim: Leerstehende Wohnungen nutzen ist schwieriger als gedacht

Stand
Autor/in
Moritz Mayer
Martina Senghas
Meisoun Belgacem

Sind Umzüge aufs Land ein Rezept gegen Wohnungsnot in der Stadt? Bundesbauministerin Geywitz (SPD) findet ja. Ein Blick auf die Kleinstadt Adelsheim zeigt: ganz so einfach ist es nicht.

Während in den Großstädten Wohnungsnot herrscht, stehen in ländlicheren Gegenden viele Wohnungen leer. Deshalb will Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) Menschen motivieren, aufs Land oder in kleinere Städte zu ziehen. Bis Ende des Jahres möchte sie eine entsprechende Strategie vorlegen. Doch ein Blick auf die Kleinstadt Adelsheim im Neckar-Odenwald-Kreis zeigt: ganz so einfach ist die Sache nicht.

Es gibt viele Gründe, warum Wohnungen leer stehen

Der Adelsheimer Markus Nied wohnt neben einem Haus, das seit drei Jahrzehnten leer steht. Regelmäßig rupft er das Unkraut vor dem Eingang aus, damit es wenigstens einigermaßen ordentlich aussieht. Vor ein paar Jahren wollte er das Gebäude kaufen, aber bei den Gesprächen mit dem Besitzer stellte sich schnell raus:

Das waren Preise, da gab’s überhaupt kein Zusammenkommen. Der wollte das eher vergoldet haben.

Das Haus bleibt also weiterhin verlassen und das Grundstück verwildert – wie viele andere in der 5.000-Seelen-Kommune Adelsheim.

Es ist ein Problem, das schon lange bekannt ist. Deshalb schrieb Bürgermeister Wolfram Bernhardt (parteilos) bereits 2020 Eigentümer an, deren Häuser leer stehen. Von 41 Angeschriebenen meldeten sich nur vier zurück. Die Gründe: schlechte Erfahrungen mit Mietern, Erbstreitigkeiten oder ältere Eigentümer, die sich nicht kümmern möchten. Und so stehen heute noch rund 40 Häuser in der Kleinstadt leer.  

Bilder aus Beitrag "kein Umzug aufs Land" - verwildertes Haus
Ein seit Jahrzehnten unbewohntes Haus in der Odenwald-Kleinstadt Adelsheim.

Ansprüche an Wohnraum haben sich verändert

Ein weiterer Grund für den Leerstand ist, dass alte Gebäude oft schwer zu renovieren und zu bewohnen sind. Die Ansprüche an Wohnraum hätten sich verändert, meint Bürgermeister Wolfram Bernhardt. Deshalb könne er verstehen, dass viele nicht mehr investieren wollen.

Und denen, die es wollen, werden Steine in den Weg gelegt, beispielsweise Carl-Heinz Zimmermann. Er ist Eigentümer eines über 100 Jahre alten, denkmalgeschützten Gasthauses im Zentrum der Stadt. Sein Plan ist, es so umzubauen, dass 13 Wohnungen entstehen. Doch seit einem Jahr wartet er auf die Baugenehmigung. Das Denkmalamt war mehrmals da, habe sich aber an Kleinigkeiten aufgehalten

Sie wollten mir keine großen Räume genehmigen, alles so Vier- bis Fünf-Quadratmeter-Räume. Und dann ging das immer hin und her. Und die Bürokratie ist einfach viel zu hoch.“  

Bilder aus Beitrag "kein Umzug aufs Land" - Fachwerkhaus
In dem 100 Jahre alten Gasthof könnten 13 Wohnungen entstehen. Wenn das Denkmalschutzamt mitmachen würde.

Neu bauen ist oft die einfachere Lösung  

Da ist neu bauen - bürokratisch gesehen – offenbar wesentlich leichter. In einem Adelsheimer Neubaugebiet entstehen derzeit 35 Ein-, Zwei und Mehrfamilienhäuser. Wenn es nach dem Bürgermeister geht, können hier gerne Menschen aus großen Städten herziehen.

Der Ideal-Neubürger von Adelsheim: Jung mit Kindern, berufstätig und in den Vereinen engagiert, die will man hier bevorzugt haben. 

Die meisten der Häuser sind noch zu haben. Genug Platz also für die, die dem Appell der Bundesbauministerin folgen wollen und nicht darauf bestehen, in einer Großstadt zu leben. Das Problem mit dem Leerstand wäre dadurch allerdings noch nicht gelöst.

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