Zwischen Tausenden von Blumen auf der Mannheimer Bundesgartenschau ist ein Mann mit einem Bauchladen unterwegs, der den Besuchern ein Gedicht schenken möchte. Dieser Mann ist der deutsch-spanische Lyriker José Oliver, erkoren zum offiziellen „Blumenhallendichter“.
Lyrik zwischen den Blumenbeeten
Gut gelaunt spaziert José Oliver über die Wege, die durch die großen bunten Blumenbeete und Schaugärten führen. Vor sich trägt er einen Bauchladen, einen offenen hölzernen Kasten, den er an zwei breiten Gurten um den Hals gehängt hat.
Er trägt groß die Aufschrift: „BUGA POESIE“. Damit geht der Lyriker auf die Menschen zu, spricht sie an und verteilt kleine Textkarten, wenn sie es möchten. Kerstin Bachtler war mit José Oliver und seinem Bauchladen voller Gedichte einen Tag lang auf der BUGA unterwegs:
Der Doppelpunkt als lyrische Spezialität
Eine lyrische Spezialität, die José Oliver seit vielen Jahren anwendet, um in einem Wort weitere Wörter zu entdecken und sozusagen herauszuschälen und sichtbar zu machen, ist der Doppelpunkt mitten in einem Wort.
José Oliver ist Präsident des PEN Deutschland
Wenn er nicht gerade auf der BUGA ist, lebt José Oliver in Hausach im Schwarzwald oder ist bundesweit zu Lesungen und Lyrikworkshops unterwegs. Außerdem ist er Präsident der Schriftstellervereinigung PEN in Deutschland.
Blumen mag er schon immer und darum hat er sich sehr gefreut, als man ihn bat, „Blumenhallendichter“ zu werden. In dieser Eigenschaft hat er sich schon zu mehreren Gedichten inspirieren lassen, eines heißt „Klee“, in dem sich natürlich am Ende auch der typische Oliversche Doppelpunkt findet.
klee,
kleiner schmetterlingsblütler:
das glück
hat keine flügel. Es ist
1 h:auch der vorstellung nur
sich imaginieren, dass ...
aber der boden, boden
(lass uns darüber sprechen, wenn wir uns treffen)
im dreizähligen der augenblicke, die
gestern im heute &
heut als morgen // liebe*r
künftig im jetzt!
den ohren gewidmet, zunächst
Den Doppelpunkt in seiner Bedeutung zu lesen, ist nicht ganz einfach und für die Zuhörenden akustisch nicht immer sofort verständlich. Deshalb liest José Oliver seine Gedichte grundsätzlich zweimal vor, einmal mit gesprochenem Doppelpunkt als kleinem sprachlichen Trenner und ein zweites Mal ohne.
Ein Langgedicht zum Abschluss der BUGA
Nachdem José Oliver den BUGA-Besuchern ein Gedicht vorgelesen hat, schenkt er ihnen den kleinen Text auf einer Karte und bittet sie, auch ein Wort von ihnen geschenkt zu bekommen. Ein Wort, das ihnen spontan einfällt.
Am 8. Oktober endet die Bundesgartenschau in Mannheim. Erst danach wird ihr der „Blumenhallendichter“ José Oliver mit seinem Langgedicht aus geschenkten Wörtern ein lyrisches Denkmal setzen.
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José F. A. Oliver, Schriftsteller, 1961 in Hausach im Schwarzwald geboren, wo er auch lebt und den Hausacher LeseLenz organisiert. Seine Eltern kamen aus Andalusien in den Schwarzwald. Für sein dichterisches Schreiben wurde er mit mehreren Preisen ausgezeichnet, so auch jüngst mit dem Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln. Für die Ausstellung „Meine kleinen Schätze – Geschichten von Migration“ hat er einen literarischen Text geschrieben.
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