300 Jahre Immanuel Kant

Kant. Vom Aufbruch der Gedanken – Graphic Novel über den Philosophen der Aufklärung

Stand
AUTOR/IN
Leander Scholz

Als Immanuel Kant vor 300 Jahren geboren wurde, begann mit der Aufklärung eine Epoche großer Umbrüche. Viele der revolutionären Gedanken aus dieser Zeit haben auch in unserer Gegenwart nichts an Aktualität eingebüßt. Jörg Hülsmann erinnert mit seiner Graphic Novel über Kants Leben und Werk an diesen einmaligen Aufbruch der Gedanken. 

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Mit einer selbstbewussten Aussage des jungen Immanuel Kant beginnt das Buch: 

Ich habe mir die Bahn schon vorgezeichnet, die ich halten will. 
Ich werde meinen Lauf antreten, und nichts soll mich hindern, ihn fortzusetzen.

Die Ideen Kants im Comic

Nun jährt sich der 300. Geburtstag des wichtigsten Philosophen der Aufklärung. Geboren am 22. April im Jahr 1724 in Königsberg, verstarb Immanuel Kant mit 80 Jahren ebenfalls in seiner Heimatstadt, die er nur selten verlassen hat. Aber seine Gedanken haben nicht nur weltweit Beachtung gefunden, sie sind bis heute lebendig geblieben und hochaktuell. Und jetzt gibt es sie auch in Form eines Comics. Ein schöneres Geschenk zum runden Geburtstag hätte es nicht geben können. 

Die Epoche der Aufklärung 

„Vom Aufbruch der Gedanken“ lautet der Untertitel der Graphic Novel. Sie gibt einen Überblick über das Leben und die Werke eines Philosophen, dessen Alltag zwar von einer stillen Zurückgezogenheit geprägt war, der sich aber in alle wichtigen Debatten seiner Zeit eingemischt hat. Kant lebte in einer Epoche großer Umbrüche, in der die Religion ihre gesellschaftliche Leitfunktion an die Wissenschaft verlor. Es entstand ein neues Menschenbild, das die Fähigkeit zu eigenen Urteilen betont und das Kant wie kein anderer in seiner berühmten Aufforderung zum Selbstdenken auf den Punkt gebracht hat: 

Sapere aude! (Habe Mut, dich deines eigenen Verstands zu bedienen!) ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

Das revolutionäre Jahrhundert 

Mit seinen unaufdringlichen und doch expressiven Zeichnungen gelingt es Hülsmann, den Kontrast zwischen der betulichen Welt des Bürgertums im 18. Jahrhundert und den revolutionären Gedanken herauszustellen, die sich unaufhaltsam ihren Weg bahnten. Unter Rückgriff auf Aussagen von Wegbegleitern setzt er den Alltag des Denkers gekonnt in Szene, seinen strengen Tagesablauf mit den kleinen lustvollen Ritualen. Wir sehen Kant, der zeitlebens unverheiratet geblieben ist, beim Pfeiferauchen, als Billardspieler und in den geselligen Tischrunden, die er auch in seinem Werk immer wieder zum Thema gemacht hat: 

Allein zu essen ist für einen philosophierenden Gelehrten ungesund. Der genießende Mensch, der im Denken während der einsamen Mahlzeit an sich selbst zehrt, verliert allmählich die Munterkeit.

So diszipliniert Kants tägliches Leben war, so deutlich stand ihm sein berufliches Ziel schon früh vor Augen. Er arbeitete als Hauslehrer, Unterbibliothekar und Privatdozent, lehnte alle Angebote von anderen Universitäten ab, bis er erreichte, was er sich vorgenommen hatte. Im Jahr 1770 wurde er auf den Lehrstuhl für Logik und Metaphysik in Königsberg berufen.

Ab dieser Zeit schrieb er an seinen Hauptwerken, die sich um nichts Geringeres als um den Entwurf eines modernen Menschen bemühten, der sich vor allem auf sich selbst verlassen muss. Denn die einzigen Quellen für das Wahre und das Gute in der Welt konnten für Kant nur der Verstand und der Wille der Menschen sein: 

Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außerhalb derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille.

Die vier Leitfragen der Philosophie Kants

Bei der Einführung in Kants praktische und theoretische Philosophie folgt Hülsmann den vier Fragen, deren Beantwortung sich der philosophische Wegbereiter der Moderne vorgenommen hatte. Die erste Frage lautet „Was ist der Mensch?“ und bezieht sich auf die Grundlagen des Verstehens und Wollens. Die zweite Frage „Was kann ich wissen?“ geht den Fähigkeiten zur Erkenntnis nach, und die dritte Frage „Was soll ich tun?“ ist auf das moralisch richtige Handeln ausgerichtet.

Die vierte und letzte Frage „Was darf ich hoffen?“ zielt auf die Problematik ab, welche Rolle dem religiösen Glauben in einer modernen Welt noch zukommen kann. Es ist eine große Leistung, diesen komplexen Stoff in einer Graphic Novel zugänglich zu machen und damit die Neugierde nicht nur auf den Menschen Immanuel Kant, sondern vor allem auf seine Gedanken zu richten. 

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Zu Immanuel Kants 300. Geburtstag beschäftigt sich die britisch-albanische Philosophin Lea Ypi mit einem lange vernachlässigten Abschnitt in der „Kritik der reinen Vernunft“.
Aus dem Englischen von Antonia Grunert
Suhrkamp Verlag, 245 Seiten, 22 Euro
ISBN‎ 978-3518300381

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