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„Die Newsreader“ bei Arte –Australische Serie zeigt Nachrichtengeschäft der 80er-Jahre

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Karsten Umlauf

Die 80er-Jahre sind immer noch voll im Retro-Trend. Nicht nur, weil breite Gürtel, Neonfarben und Polohemden mal wieder hip geworden sind, sondern auch, weil einige Themen dieser Zeit in unserem Jahrzehnt wieder virulent sind: Spannungen zwischen Ost und West, Angst vor einer Klimakatastrophe, sexuelle Identitäten. Arte zeigt eine australische Serie, die davon aus der Sicht von Fernsehjournalisten erzählt: „Die Newsreader“ spielt in der Nachrichtenredaktion eines Privatsenders in Melbourne im Jahr 1986.

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Wenn sich das Band vor der Sendung verheddert

Die Redaktion von „News at six“ will einen Beitrag über den frisch gewählten Australier des Jahres bringen, den Schauspieler Paul Hogan. Bei der Abnahme kurz vor der Sendung verheddert sich aber das Band. Der junge Producer Dale Jennings muss schnell noch selbst ein paar Sätze in die Kamera sprechen und dann das Ganze zusammenschneiden, während die Sendung schon angefangen hat.

Hektisches Treiben vor und hinter der Kamera im analogen Nachrichtenstudio

Dale und die psychisch labile Starmoderatorin Helen stehen im Zentrum dieser Serie, die einen sofort reinzieht in das hektische Treiben vor und vor allem hinter den Kameras der Fernsehnachrichten. Bandkassetten im Laufschritt hin und herzutragen, gehört zum Alltag. Aber auch Informationen ohne Wikipedia schnell parat zu haben oder Menschen mal telefonisch nicht erreichen zu können. Und es gibt in diesem Jahr 1986 eine Menge „Breaking News“: die Challenger-Katastrophe am 29. Januar, der Halleysche Komet ab dem 11. Februar, der Atomunfall in Tschernobyl am 29. April. 

Intrigant bis herzlich verbundene News-Gemeinschaft im Fokus

Die Serie bewegt sich tagebuchartig anhand der Daten durch das Jahr. Im Zentrum steht das Zwischenmenschliche in diesem besonderen Karriere- und Gefühlslabor des Journalismus: „News at six“ ist eine kleine, intrigant bis herzlich verbundene News-Gemeinschaft. Die Hierarchien sind fest, die Rollen klar verteilt: vom cholerisch-chauvinistischen Chef bis zur anfangs noch undurchsichtigen Moderatorin Helen. Weil sich Dale nach einem Zusammenbruch liebevoll um sie kümmert, hilft sie ihm, seinem Traum als Nachrichtensprecher näher zu kommen.

 Homosexualität galt als Karrierekiller

Es knistert zwischen den beiden, gleichzeitig ringt Dale mit seinen Gefühlen für den Kameramann Tim. Homosexualität ist schambehaftet, im männlich geprägten Journalismus damals ein Karrierekiller, zudem wächst mit AIDS der moralische Druck.

Sam Reid verleiht als Dale dieser fragilen Identität in seiner ganzen Gestik und seinen Blicken Ausdruck. Anna Torv als Helen braucht dagegen nur einen Sekundenbruchteil, um vom Häufchen Elend zur souveränen Bildschirmerscheinung zu werden, sobald das Rotlicht angeht.

Serie atmet den Geist der 80er-Jahre

2022 Jahr waren „Die Newsreader“ in Australien ein Riesenerfolg. Sehr nachvollziehbar! Die Serie atmet bIs ins Detail den Geist der 80er Jahre, von der Ausstattung bis in die Kameraarbeit und den schimmernden Synthiepop.

Mit einem differenzierten Figurenensemble erzählt sie von Einzelkämpfern im Licht der Öffentlichkeit, vom süchtig machenden Adrenalin der Livesituation, aber auch vom skrupellosen Einsatz für eine quotenträchtige Story und vom bulldozerhaften Umgang mit Menschen. Begleiterscheinungen, die in der Newsbranche möglicherweise zeitlos aktuell sind.

„Die Newsreader“, Arte Mediathek

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Karsten Umlauf