Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang waren auf dem Taylor Swift-Konzert in München und haben von dort Selfies gepostet. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nahm seine Follower mit zum AC/DC-Konzert in Nürnberg. „Heute geht ein kleiner Traum in Erfüllung“, schrieb er.
Mit meinem Kollegen geriet ich darüber heute in einen Disput. Er meinte, Claudia Roth und Co. könnten auf ihren privaten Kanälen Persönliches preisgeben wie jede bzw. jeder andere auch. Politikerinnen und Politiker nutzten völlig zu Recht diese Möglichkeit, sich nahbar zu geben. Ich entgegnete, dass ich bei ihnen immer das politische Amt mitdächte. Die Damen und Herren stets auf Wirkung bedacht seien.

So frei sie in ihrer Freizeitgestaltung sind, für mich hat es ein „Gschmäckle“, wenn Frau Roth – ehemals Managerin der Anarcho-Band „Ton Steine Scherben“ – das Konzert eines Pop-Idols besucht. Auch das Konzert-Hopping von Ricarda Lang und Markus Söder, die kürzlich bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth waren und jetzt bei Stadionkonzerten. Wieviel daran ist Musikgeschmack, wieviel Gelegenheit von Amts wegen?
Mittelalterliche Fürsten drückten ihre Macht unter anderem mit prunkvollen Festen aus. In der Gegenwart, glaube ich, besuchen Spitzenpolitiker prunkvolle Feste zu einem ähnlichen Zweck. „Sehr her, ich bin wer und ich komm da rein“, lautet nach meinem Dafürhalten die Botschaft. Selfies von Roth, Söder und Co. drücken für mich nicht Nähe, sondern fehlende Bodenhaftung aus.