Das ging dann doch überraschend schnell. Heute Morgen sah es noch so aus, als müssten die Unterhändler von CDU, CSU und SPD ein mittleres Gebirge an Problemen aus dem Weg räumen – und jetzt haben wir plötzlich eine Einigung und können fast entspannt ins Wochenende gehen. Damit hatten wahrscheinlich die wenigsten gerechnet.
Die Kolumne von Jan Seidel können Sie hier auch als Audio hören:
Hier hat jemand einen Preis verdient
So, wie es sich abzeichnet, sind die Grünen bereit, Union und SPD das Geld zu bewilligen, das ihnen selbst in der Ampel-Koalition so schmerzhaft gefehlt hat. Und das, obwohl der Wahlkampf der CDU im Wesentlichen aus der Behauptung bestand, das Geld reiche auch so – und der Wahlkampf der CSU relativ monothematisch aus Beschimpfungen gegen den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck bestand.

Wir wissen noch nicht genau, wer die Grünen wie überzeugen konnte, aber wer auch immer dieses Ergebnis verhandelt hat, verdient einen Preis. Für Diplomatie, für Zauberei, zur Not für das Tor des Monats ehrenhalber. Und wer auch immer das verhandelt haben könnte, der sollte so schnell wie möglich nach Washington fliegen und sich auch mal mit Donald Trump unterhalten.
Alles latent porös oder einsturzgefährdet
Wenn die Berichte stimmen, dann dürfte der Rest der Koalitionsverhandlungen für Union und SPD eine Art Spaziergang werden: Vermutlich gibt es ordentlich Geld und es steht auch schon weitgehend fest, wie die Kohle verbraten werden darf. Extra-Ausgaben durch überflüssige Wählergeschenke sind gestrichen, dafür müssen sich Union und SPD jetzt doch um den Klimaschutz kümmern – und der Rest ergibt sich quasi von selbst: Digitalisierung, Bürokratie, Bildung … die Bahn, die Brücke, der Wald … alles latent porös oder einsturzgefährdet, weil jahrelang vernachlässigt. Egal, wo man anfängt, man löst immer Probleme. Man kann eigentlich nur gewinnen.
Und die Grünen könnten feststellen: Vielleicht haben sie in dieser Koalition, die noch gar nicht steht, und in der sie auch gar nicht mitmachen, schon jetzt mehr erreicht als in der letzten Koalition als zweitgrößter Partner in drei mühevollen Jahren.