Über 1.000 Menschen haben den Gottesdienst in der der Heiliggeistkirche in Heidelberg verfolgt

"Adele"-Gottesdienst oder heiraten im Fußballstadion

Unkonventionelle Angebote: Wie die Evangelische Kirche in BW attraktiver werden will

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Janey Schumacher

Gottesdienste im Zeichen bekannter Popstars, spontane Taufen, Trauungen an ungewöhnlichen Orten - die Kirche will mehr Menschen erreichen. Wie schätzt ein Theologe das ein?

Gottesdienste mit Songs von Popstars, Segensaktionen an Raststätten, Pop-Up-Trauungen an ungewöhnlichen Orten, spontane "Drop-in-Taufen", Vespa-Gottesdienste oder Kirchen-Raves: Die Evangelische Kirche in Baden-Württemberg geht vielerorts neue Wege. Kann sie so wieder für mehr Menschen interessant werden?

Auf ein ungewöhnliches Format setzt die Heidelberger Heiliggeistkirche bei zwei Gottesdiensten im Zeichen der britischen Sängerin Adele an diesem Sonntag. Die zusammen etwa 1.000 Plätze waren nach Angaben der Kirchengemeinde bereits zwei Monate vorher ausgebucht. Schon im Mai sorgten hier zwei "Taylor Swift"-Gottesdienste für Aufsehen, zu denen mehr als 1.000 Menschen kamen.

Unkonventionelle Wege will auch die Evangelische Kirche Stuttgart gehen und bietet jetzt individuelle Taufen, Trauungen und Beerdigungen an. Kirchlich heiraten im Fußballstadion oder eine evangelische Taufe auf dem Stuttgarter Fernsehturm - das ist mit der Ritualagentur "Segensservice" der Evangelischen Kirche möglich, die Pfarrpersonen und passende Ort vermittelt. Die Zahl der kirchlichen Eheschließungen und Taufen sinke, aber diese Rituale seien für viele Menschen weiter wichtig, sagt der Stuttgarter Stadtdekan Søren Schwesig, Initiator des "Segensservice" gegenüber dem SWR.

Besteht die Gefahr des Personenkults?

Mit Angeboten wie diesen sollen Menschen für die Kirche begeistert werden. Dennoch muss aus Sicht von Gerald Kretzschmar von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen unterschieden werden. Bei den Gottesdiensten mit Star-Faktor werde die Popularität einer Musikerin genutzt, um daraus ein liturgisches Format zu stricken.  Das sei "positiv zu sehen, weil es Formate sind, die Menschen ansprechen, die von traditionellen Formen nicht angesprochen werden", so der Theologe. Kritisch sei aber, dass eine berühmte Person im Mittelpunkt stehe.  

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Möglich sind kirchliche Trauungen oder eine Taufe im heimischen Garten derzeit nur mit Genehmigung der Kirchenleitung, erklärt Kretzschmar - und gar nicht so selten. Lange habe die Kirche hinterhergehinkt und sich "nur auf Bedürfnisse bestimmter Milieus eingestellt", sagt Theologe Kretzschmar. Er beobachte eine große Nachfrage nach den Angeboten von Ritualagenturen und Pop-Up-Formaten, die ein "Glücksfall" für die Kirche seien. Dadurch werde alles persönlicher. "In einer pluralisierten, modernen Welt, ist es für die Kirche wichtig, einen Zugang zu den Bedürfnissen der Menschen zu haben", sagt er.

Aus Sicht des Theologen ist es erforderlich, dass diese individuellen Formate - wie sie aus rechtlichen Gründen derzeit vor allem von der Evangelischen Kirche angeboten werden - in den kirchlichen Strukturen verankert werden. Dennoch könnten Probleme, wie die zurückgehende gesellschaftliche Relevanz der Kirche und Kirchenaustritte so nicht kompensiert werden.

Der Stuttgarter "Segensservice" ist das erste Angebot dieser Art in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Die Hoffnung ist nach Angaben der Verantwortlichen, die Idee langfristig auf andere Kirchenkreise auszuweiten - oder auch mit der Katholischen Kirche zusammenzuarbeiten.

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