Ein Lehrer der Sägefeldschule in Ulm-Wiblingen war bei einem Angriff im Februar lebensgefährlich verletzt worden. Ein Tatverdächtiger steht wegen versuchten Totschlags in Ulm vor Gericht. Zwei Tage vor der geplanten Urteilsverkündung wurde er jetzt aus der Untersuchungshaft entlassen. Vom Landgericht Ulm hieß es am Montag: "Es besteht kein dringender Tatverdacht mehr." Wichtige Indizien seien entkräftet.
Gutachten zu Zigarettenstummeln in Nähe des Tatorts
Vor Gericht hatten am Montag Zigarettenstummel mit DNA-Spuren des Tatverdächtigen eine wesentliche Rolle gespielt. Diese waren in der Nähe des Tatorts in Ulm-Wiblingen gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft Ulm wollte anhand der Zigarettenstummel beweisen, dass der 23-Jährige zum Tatzeitpunkt an der Sägefeldschule war.
Ein Sachverständiger präsentierte am Montag jedoch ein Gutachten, wonach die Zigarettenstummel schon länger dort an der Schule gelegen hätten, auch schon vor dem Angriff auf den Lehrer. Sie seien durchnässt gewesen, es hatte allerdings vor dem Angriff mehrere Tage nicht geregnet.
Staatsanwaltschaft fordert jahrelange Haftstrafe
In nichtöffentlicher Sitzung war am Montagnachmittag plädiert worden. Laut einer Gerichtssprecherin forderte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von acht Jahren für den Angeklagten. Sie plädierte auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung.
Die Verteidigung beantragte dagegen Freispruch. Am Mittwoch soll am Landgericht Ulm ein Urteil gegen den 23-jährigen Tatverdächtigen, einen ehemaligen Schüler der Sägefeldschule, gesprochen werden.
Vorwürfe gegen Opfer: Nacktaufnahmen von Schülern auf Handy des Lehrers
Ein Polizeibeamter hatte in dem Prozess vor dem Landgericht Ulm ausgesagt und geschildert, was auf dem Handy des Lehrers gefunden wurde: In passwortgeschützten Ordnern sollen demnach Fotos von mindestens 23 ehemaligen Schülern gewesen sein. Die Fotos und auch Videos sollen sexuelle Handlungen zeigen. Sie stammen aus den Jahren 2016 bis 2023. Einige der betroffenen Schüler waren da erst 13 Jahre alt.
Juristische Aufarbeitung läuft Nach Angriff auf Lehrer in Ulm: Wenn aus einem Opfer ein mutmaßlicher Täter wird
Ein Lehrer wird vor einer Schule in Ulm niedergeschlagen. Opfer- und Täterrolle scheinen klar verteilt, bis im Prozess gegen den Verdächtigen auch Vorwürfe gegen den Lehrer laut werden.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte den Lehrer aus Rache wegen der sexuellen Übergriffe auf Schüler niedergeschlagen haben. Der 34-jährige Mann war Ende Februar mit einem Baseballschläger oder einem ähnlichen Gegenstand lebensgefährlich verletzt worden. An den Angriff kann sich das Opfer aber nach eigenen Angaben nicht mehr erinnern.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen den 34-Jährigen und lässt prüfen, ob der Mann trotz seiner Beeinträchtigungen verhandlungsfähig ist. Offenbar reichen die Erkenntnisse der Behörde aus, um den Lehrer anzuklagen.