Störchin Barbara kommt eigentlich immer erst im Februar zurück aus ihrem Winterurlaub. Jetzt ist aber alles anders als sonst. Schon Ende Dezember hat sie es sich wieder in ihrem Quartier in Staufen-Grunern (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) gemütlich gemacht. Dazu kam, dass ihr Storchenpartner Hugo fehlte. Denn normalerweise kommt er immer vor Barbara zurück aus dem Süden. Beides sorgte für helle Aufregung im Ort. Barbaras früher Heimflug sei zwar ungewöhnlich, aber kein Grund zur Sorge, versichert Gustav Bickel vom Verein "Weissstorch Breisgau".
Immer mehr Störche kommen früher zurück in die Region Freiburg
Seit Jahren hat Barbara ihr Nest auf dem alten Schuldach in Staufen-Grunern. Das weiß auch Konrad Grammelspacher, der sozusagen ihr Storchenvater im Ort ist. Als die Störchin schon Ende Dezember wieder da war, fiel das Grammelspacher direkt auf.
Im Ort vermutete man, dass Barbara durch die Kälte wenig Nahrung finden würde. Deshalb wurde Gustav Bickel, Vorsitzender des Vereins "Weissstorch Breisgau" in Freiburg-Opfingen, um Rat gebeten. Er beschäftigt sich seit Jahren mit Störchen und hat mitgeholfen, die Population in der Region wieder zu stabilisieren. Also ein wahrer Storchen-Experte.
Barbaras früher Heimflug sei keine Seltenheit, räumt Bickel ein. In den letzten Jahren habe es nämlich einen wirklichen Umbruch gegeben. Das hat auch Konrad Grammelspacher beobachtet: "Jedes Jahr wird es früher". Zudem sei Barbara auch erst Mitte September weggeflogen.

Storch gesehen? NABU sucht nach Weißstörchen, die hier bleiben
Auch der Naturschutzbund (NABU) hat festgestellt, dass sich das Zugverhalten der Störche in Deutschland verändert. Manche würden gar nicht mehr wegfliegen, schreibt der NABU.
Um herauszufinden, warum Weißstörche immer öfter im Winter in Deutschland bleiben, hat der NABU eine Internetseite erstellt. Dort können Störche gemeldet werden, die im Winter da bleiben. Auch Gustav Bickel vom Verein "Weissstorch Breisgau" hat seit Dezember schon ein paar Anrufe von Leuten erhalten, die sich über die Anwesenheit von Störchen im Winter gewundert hätten.
Auch im Winter können Störche genug Nahrung finden
Ein paar kalte Tage mit minus 10 oder sogar minus 15 Grad würden den Tieren aber nichts ausmachen, sagt Bickel. Die Hauptsache sei, dass die Störche genug zu fressen finden. Das könnten im Winter Wühlmäuse, Krebse oder kleine Wassertiere sein. Die finden sie in kleinen Bachläufen oder auf überfluteten Wiesen.
Bei Frost gebe es zwar keine Würmer, aber der ein oder andere Landwirt pflüge auch im Januar seinen Acker. Das nutze der Storch dann direkt. Wäre es den Störchen zu kalt, könnten sie einfach in wärmere Gebiete fliegen. Von Freiburg würde das - je nachdem - nur ein bis zwei Tagen dauern, so der Storchen-Experte.

Storch und Störchin überwintern meist getrennt voneinander
Und was ist mit Hugo? In Grunern gab es die nettesten Theorien, warum Barbara diesmal vor Hugo zurück ist. Vielleicht sucht Barbara sich ja einen Neuen, war eine Idee. Gustav Bickel kennt die Storchenstatistik. Und die zeigt, dass es eben auch Nester gibt, bei denen die Frau vor dem Mann zurückkehrt. Denn anders als erwartet, machen Storchenpaare ihren Winterurlaub nicht zusammen. So kann es sein, dass Barbara nur bis Südfrankreich geflogen ist. Hugo aber im weiter entfernten Marokko überwintert.
Barbara trägt keinen Sender und ist schwerer zu finden
Einmal Spanien, immer Spanien. So ist es auch bei Störchen und ihrem Winterquartier. Als Beispiel nennt Bickel die Störchin Angela. Sie ist etwa neun Jahre alt und fliegt immer nach Cádiz, an den südlichsten Zipfel Spaniens.
Bickel weiß das so genau, weil Angela einen Sender trägt. Wahrscheinlich wird die Störchin Mitte Februar zurückkommen. Dafür braucht sie manchmal 14 Tage oder weniger. Mit dem Auto müsste man übrigens über 2.000 Kilometer von Freiburg bis nach Cádiz fahren.
Barbara trägt hingegen keinen Sender, sondern einen Ring mit einer Nummer. Diese ist bei der Beringungszentrale des Max-Planck-Instituts erfasst. Bickel hat Barbara beringt und hat deshalb Zugriff auf ihre Daten. Wenn also jemand irgendwo auf der Welt Barbara findet und ihre Nummer in das System eingibt, kann Bickel das zurückverfolgen. Das war in diesem Jahr aber nicht der Fall, weshalb Bickel nicht weiß, wo die Störchin ihr Winterquartier 2024 hatte.
Peter Steffe erzählt in SWR4 von Barbara und Hugo:
"Weissstorch Breisgau" kümmert sich um Störche in Freiburg und Region
Über 220 Storchennester zählt der Verein "Weissstorch Breisgau" von Bad Krozingen (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) bis Wyhl am Kaiserstuhl (Landkreis Emmendingen) aktuell. Im Dezember und Januar sind aber nicht alle Nester leer. Laut Gustav Bickel gibt es rund 25 sogenannte Winterstörche im Breisgau. "Die kennen wir alle persönlich", sagt Bickel.
Denn oft sind es immer dieselben Störche, die im Winter hier bleiben würden. Die meisten seien sehr alte Störche - so 15 Jahre und älter, sagt Bickel. Es gebe aber auch 20 Jahre alte Störche, die noch in den Süden fliegen. Für die gehe es dann aber meistens nach Spanien oder Frankreich, denn da bräuchten sie nur wenige Tage hin. Mal sehen, wann Hugo seinen Rückflug nach Staufen-Grunern antritt und ob Barbara ihn noch ins Nest lässt.