Dutzende überfahrene Kröten
Der alte Feuersee bei Dürnau (Kreis Göppingen) und die Hecken- und Streuobstlandschaft ringsum bieten eine idyllische Kulisse - wären da nicht dutzende überfahrene Kröten auf der vorbeiführenden Raubeckstraße. Trotz der derzeitigen Amphibien-Wanderung stehen am Straßenrand keine Krötenzäune. Nur am Anfang und am Ende der Straße weisen Schilder auf die kreuzenden stark gefährdeten und streng geschützten Tiere hin. Irmtraut Niemann-Khaliefi, Vorsitzende des Ortsverbands des NABU (Naturschutzbund Deutschland) im nahe gelegenen Bad Boll, kann angesichts der Situation nur mit dem Kopf schütteln.
Vertreter der Gemeinde Dürnau zeigten sich auf eine Nachfrage des SWR am Freitag überrascht. An diesem Tag habe man vor Ort tatsächlich überfahrene Kröten entdeckt - die meisten von ihnen allerdings in einem Bereich der Straße, der in der Gemeinde bisher nicht für Krötenwanderung bekannt gewesen sei. "Hier ist sicherlich nochmals eine genauere Betrachtung erforderlich", so die Gemeinde.
Verwaltung: Keine Krötenzäune nötig
Bereits im vergangenen Jahr war die Lage nach Angaben des NABU ähnlich - doch seither habe sich nichts verändert, kritisiert Niemann-Khaliefi. Jemand habe damals die Naturschützer alarmiert - er allein habe 60 bis 80 tote Tiere entdeckt, berichtet sie. Daraufhin nahm der NABU nach eigenen Angaben Kontakt zur Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Göppingen und zum Bürgermeister von Dürnau auf - und man traf sich vor Ort. Fazit: "Es wurde gesagt, da seien zu wenig tote Tiere. Man bräuchte die Krötenzäune eher für Gebiete, wo mehr Kröten wandern", erzählt Niemann-Khaliefi. Ergebnis: Kein Krötenzaun für die Kröten am Feuersee.
Die Gemeinde Dürnau bestätigt die Gespräche vor Ort und grundsätzlich auch die Ergebnisse, fasst sie aber mit einem anderen Zungenschlag zusammen: Es habe sich ergeben, dass "die Krötenwanderung im Bereich unseres Feuersees vergleichsweise gering ist" und auch durch die Sanierung des Sees vor einigen Jahren "keine Vergrößerung der Population zu verzeichnen war oder zu erwarten sein wird".
NABU würde die tägliche Kontrolle der Zäune übernehmen
Niemann-Khaliefi sagt, aus ihrer Sicht würde ein Zaun auf jeden Fall Sinn ergeben. Denn ansonsten "wird es ja von Jahr zu Jahr immer weniger". Sie sichert zu, sie und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter seien bereit, sich um die täglichen Kontrollen der Krötenzäune kümmern, wenn der Bauhof nur den Zaun stellen würde - einen solchen habe der NABU schlicht nicht zur Hand.
Die Gemeinde Dürnau gibt wiederum zu bedenken, um den Krötenschutz weiter zu verbessern, sollten "vor allem die Erkenntnisse der Fachleute zu Veränderungen miteinbezogen werden". Außerdem habe Dürnau im betreffenden Bereich am See unter anderem Tempo 30 eingeführt. Sie hänge ab März Hinweisschilder auf und habe Anwohner auf die Krötenwanderung aufmerksam gemacht.
Kreis Göppingen stärkt Gemeinde Dürnau den Rücken
Das Landratsamt Göppingen verteidigt die Situation damit, dass für mögliche Maßnahmen zum Krötenschutz zunächst noch Zählungen und Auswertungen der Wanderbewegungen nötig seien. "Ergebnisse hierüber liegen der Naturschutzbehörde aktuell noch nicht vor", teilte das Landratsamt dem SWR auf Anfrage mit. Besonders geeignet für die Straßen am Feuersee seien grundsätzlich mobile Zaunanlagen, bei denen die Kröten dann eingesammelt und über die Straße gebracht werden. Das Landratsamt gibt aber zu bedenken: "Dies erfordert jedoch einen hohen Einsatz ehrenamtlicher Betreuer." Für feste Einrichtungen, um die Krötenwanderung sicher zu leiten, seien die Anforderungen noch einmal höher.
Der Kreis Göppingen nimmt außerdem die Gemeinde Dürnau in Schutz: Sie habe in den vergangenen Jahren den dortigen Feuersee "entschlammt und sowohl touristisch wie auch ökologisch aufgewertet. Dies kommt auch der dortigen Amphibienpopulation zugute, die in Folge der Aufwertung des Feuersees zugenommen haben dürfte."