Bunte FFP2-Masken am Handgelenk eines Mannes (Foto: IMAGO, IMAGO / Wolfgang Maria Weber)

Einrichtungen können selbst entscheiden

BW kippt Maskenpflicht für Bewohner von Pflegeheimen - Erleichterung bei "Lebenshilfe"

Stand

Baden-Württemberg kippt die umstrittene Maskenpflicht in Pflegeheimen. Die Vereinigung "Lebenshilfe" begrüßt die Entscheidung. Für die FDP im BW-Landtag ist sie längt überfällig.

Das Land Baden-Württemberg kippt auf eigene Faust die Maskenpflicht in Pflegeheimen. Man habe die Einrichtungen am Freitag per Brief über diese Neuerung informiert, sagte Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) dem SWR. Die Heime sowie die Einrichtungen der Behindertenhilfe könnten ab sofort selbst entscheiden, ob die Bewohnerinnen und Bewohner in Gemeinschaftsräumen weiterhin eine Maske tragen müssen.

Der Bund habe auf Drängen des Landes einen Katalog mit Fragen und Antworten zu den umstrittenen Paragrafen des Infektionsschutzgesetzes vorgelegt. "Danach ist es nach unserer Auffassung vertretbar, auf eine Maskenpflicht in Gemeinschaftsräumen zu verzichten", sagte Lucha.

Maskenpflicht entfällt: Neue Regelung für Pflegeheime

Gemeinschaftsräume seien als Privaträume zu sehen, in denen naturgemäß soziale Kontakte stattfinden. Um Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner nicht gegenüber anderen Menschen zu benachteiligen und weiterhin soziale Kontakte zu ermöglichen, erscheine es vor Ort vertretbar, dort auf die Maskenpflicht zu verzichten, heißt es in dem Brief an die Einrichtungen, der dem SWR vorliegt. Auch die Betreuten in Werkstätten für behinderte Menschen müssen künftig keine Masken mehr tragen. Hier gibt es laut Ministerium nun Auslegungsspielräume für die Bundesverordnung.

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Die Vereinigung "Lebenshilfe" hatte wegen der Maskenpflicht Verfassungsbeschwerde gegen das neue Infektionsschutzgesetz eingelegt. Es war am 1. Oktober in Kraft getreten und beinhaltet unter anderem dass Personen, die in Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM) tätig sind, durchgängig eine FFP2-Maske tragen müssen. Menschen, die zudem in einer besonderen Wohnform leben, müssten demnach bis zu 16 Stunden am Tag einen solchen Mund- und Nasenschutz tragen.

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Vereinigung "Lebenshilfe" erleichtert über Ende Maskenpflicht

Bernd Gärtner, Vorstand der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten, reagierte erleichtert auf die Entscheidung der Landesregierung zur Maskenpflicht in Heimen und Pflegeeinrichtungen. Dem SWR sagte Gärtner, man freue sich sehr darüber, "dass endlich diese unwürdige und diskriminierende Entscheidung, die man damals gefällt hatte, dass Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung eine Maske tragen müssen in ihrem Zuhause, in ihrer Wohnung, dass man die gekippt hat". Er sei sehr froh, dass erkannt wurde, dass nicht jeder Mensch mit einer geistigen Beeinträchtigung automatisch gefährdeter sei.

FDP und SPD im BW-Landtag begrüßen Entscheidung

Auch die FDP-Fraktion im baden-württembergischen Landtag zeigte sich erfreut über die Entscheidung und bezeichnete sie als "längst überfällig". Lucha hätte dies schon vor fast zwei Monaten entscheiden können. "Das hätte Pflege- und Behinderteneinrichtungen viel Ärger erspart und Verdruss über die Politik vermieden", sagte FDP-Sozialexperte Jochen Haußmann.

Eine ähnliche Position vertritt die SPD. Im Sinne aller Betroffenen könne man den Schritt nur begrüßen, sagte Florian Wahl, SPD-Gesundheitsexperte im baden-württembergischen Landtag. "Viele Betroffene werden aber auch fragen, warum das Land erst jetzt gehandelt hat."

Patientenorganisation irritiert über Wegfall der Maskenpflicht

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz ist irritiert über die Entscheidung des Landes. "Ohne Zweifel ist die Maskenpflicht für Pflegeheimbewohner ein unzumutbarer Eingriff in ihre Grundrechte", sagte der Chef der Stiftung, Eugen Brysch. "Doch die groteske Vorschrift ist Teil eines Bundesgesetzes. Deswegen kann ein Bundesland nicht eigenmächtig davon abweichen." Steckten sich viele Bewohner an, "liegt der schwarze Peter bei den Betreibern". Brysch forderte die Ampel-Koalition auf, das Gesetz zu ändern.

Auch Hessen hebt Maskenpflicht in Pflegeeinrichtungen auf

Auch in Hessen müssen Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen in Gemeinschaftsräumen keine Maske tragen, wie das Landessozialministerium am Freitag mitteilte. Verwiesen wurde auf den im Grundgesetz verankerten Schutz der Wohnung. Gemeinschaftlich von den Bewohnerinnen und Bewohnern genutzte Räume seien von der Maskenpflicht auszunehmen, da sie aufgrund der Besonderheiten der Unterbringung in einer vulnerablen Einrichtung zum dauerhaften Aufenthalt bestimmt seien, argumentierte das hessische Sozialministerium.

Bundesrat fordert Gesetzesänderung

Über den Bundesrat forderten die Bundesländer den Bund am Freitag außerdem dazu auf, die entsprechende Regelung im Infektionsschutzgesetz, die seit dem 1. Oktober gilt, mit einer erneuten Gesetzesänderung zu korrigieren. In einer Stellungnahme sprach sich die Länderkammer dafür aus, die Maskenpflicht für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen und für Menschen mit Behinderung wieder aufzuheben, ebenso für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten. Diese würden gegenüber anderen Gruppen von Beschäftigten in vergleichbaren Tätigkeitsfeldern durch die Maskenpflicht ungleich behandelt, heißt es darin unter anderem.

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