62,5 Millionen Euro Mehrkosten - Bund lehnt weitere Förderung ab

Sanierung des Nationaltheaters Mannheim: Gemeinderat mit Rücken zur Wand

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Christian Scharff
Christian Scharff

Nächster Akt im Drama um die explodierenden Kosten für das neue Nationaltheater in Mannheim: Der Gemeinderat steht mit dem Rücken zur Wand, verhindert vorläufig einen Baustopp.

Wie geht ein Gemeinderat mit einem Fass ohne Boden um? Ratlosigkeit, ein gutes Stück Verzweiflung und die Gewissheit, dass momentan keine andere Entscheidung möglich ist: Anderweitig droht ein Baustopp - eine Bauruine in der Stadt. Der Neubau des Nationaltheaters in Mannheim wird wieder teurer - um mindestens 62,5 Millionen Euro.

Zustimmung ohne Alternative

Vor diesem Hintergrund hat der Hauptausschuss des Gemeinderats am Donnerstagabend mit großer Mehrheit dem Gemeinderat empfohlen, der Kostensteigerung beim Bau des Nationaltheaters zuzustimmen.

23 Millionen Euro Umschichtung gegen Baustopp

Zunächst werden jetzt 23 Millionen Euro umgeschichtet, die freigeworden sind, weil das neue Zentrallager fürs Nationaltheater gestrichen wurde. Das Projekt Sanierung Nationaltheater droht aber immer noch zu scheitern, wenn die Stadt Mannheim nicht mindestens weitere 40 Millionen Euro freimacht. Die Stadt erkauft sich nur Zeit, betont Oberbürgermeister Christian Specht Specht.

Das Geld reicht bis Ende nächsten Jahres, aber wir brauchen bis Mitte 2025 eine Entscheidung

Kein Geld mehr vom Bund

Specht informierte auch, dass der Bund weitere Förderung abgelehnt hat. Mit dem Land soll allerdings nochmals verhandelt werden, denn immerhin verhinderte ja der Denkmalschutz als Landesbehörde einen Neubau und zwingt stattdessen die Bauherren in die extrem teure Sanierung des alten Gebäudes.

Es sind Grenzen erreicht, da ist kein Spielraum mehr

Bei den Haushaltsberatungen haben alle Fraktionen den Unmut der anderen Kulturschaffenden in Mannheim zu spüren bekommen. Das wurde in der Hauptausschusssitzung betont. Das Nationaltheater kostet so viel, unglaubliche Summen werden dafür ausgegeben, für andere bleibe nichts übrig, das ist sinngemäß der Tenor der vorgebrachten Beschwerden.

Es wurden auch Forderungen laut, dass ein Nationaltheater Mannheim sich künftig mehr auf die Stadtgesellschaft zu bewegen müsse, um wieder mehr Akzeptanz zu bekommen.

Nationaltheater Mannheim
Die Arbeit an der vorhandenen Bausubstanz erwies sich als schwierig und teuer

Eröffnung des sanierten Nationaltheaters 2028 bleibt fraglich

Knapp 327 Millionen Euro wird die Sanierung des Nationaltheaters Stand jetzt kosten, 80 Millionen davon trägt der Bund und 40 Millionen das Land Baden-Württemberg. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass die angepeilte Eröffnung im Jahr 2028 klappt. Falls nicht, drohen noch höhere Kosten. Mittlerweile wird deshalb darüber nachgedacht, zumindest die rund 10 Millionen teure, "klimaresiliente" Umgestaltung des vorgelagerten Goetheplatzes billiger zu machen.

Die für den Haushalt mittlerweile bedrohlichen Kostensteigerungen lassen sich zum einen mit der veränderten Weltlage begründen, zum anderen mit dem Ansatz des Projekts.

Kosten steigen wegen Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg

Nach Corona und dem Angriff Russlands auf die Ukraine sind bestimmte Baustoffe viel teurer geworden, erklärt die Verwaltung in der Vorlage für den Hauptausschuss.

Zudem war die Schadstoff- und Altlastenerfassung viel teuer als gedacht. Zum Beispiel von Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Für Abbruchmaterial sind die gesetzlichen Vorschriften unterdessen verschärft worden - das heißt drei Wochen Beprobung statt drei Tage - das führt zu schmerzhaften Mehrkosten. Das Grundwasser nahe des Neckars ist ein weiteres großes Problem, nur mit aufwendiger Grundwasserabsenkung ist der Weiterbau noch möglich.

Nationaltheater Mannheim
Ob die Fertigstellung 2028 gelingt, steht noch in den Sternen.

Sanierung des Nationaltheaters von Anfang an schwierig

Grundsätzlich ist die Vorgabe des Denkmalschutzes, das alte Haus um jeden Preis zu erhalten, ein Kostentreiber. Es konnte wegen des Denkmalschutzstatus des Spielhauses nur unzureichend im Vorfeld nach Schadstoffen gesucht werden, und die Bausubstanz erwies sich als "fragil", so die Verwaltung. Verbaute Schadstoffe mussten "baubegleitend analysiert, klassifiziert und durch eine entsprechende Fachfirma ausgebaut, luftdicht verpackt und entsorgt werden."

Hoffen auf den Klinikverbund Mannheim-Heidelberg

Die Stadt Mannheim steht finanziell vor riesigen Aufgaben - so kann der Betrieb des städtischen Teils des Uniklinikums auf Dauer nicht mehr finanziert werden - die Hoffnung richtet sich auf die Verbundlösung mit dem Uniklinkum Heidelberg und darauf, dass in Zukunft das Land den Löwenanteil der Kosten übernimmt. Der geplante Neubau der Stadtbibilothek als Bildungsstätte für alle Bürger in Mannheim ist gestrichen. Das Nationaltheater Mannheim bindet viele Ressourcen. Die Handlungsfähigkeit der Stadt ist auf Jahre massiv eingeschränkt.

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