Angesichts der Krise und des anhaltenden Drucks durch Pensionen, Personalausgaben und neue Schulden muss die Landesregierung aus Sicht des Steuerzahlerbundes ihren Haushalt in den Grundfesten überdenken. "Die Haushaltsplanungen insgesamt laufen eigentlich seit einiger Zeit in die falsche Richtung. Wir haben ein strukturelles Problem im Haushalt", sagte Landeschef Eike Möller vor der ersten Beratung des Doppelhaushalts 2023/24 im Landtag am Mittwochvormittag. Es reiche nicht, einfach Geld beiseite zu legen, so Möller. Vorratsgelder dürften nicht in einem sauberen Haushalt auftauchen.
Immer mehr Stellen geschaffen
Das Land habe in den vergangenen Jahren immer mehr Personal aufgebaut und werde das im neuen Etat erneut tun. Zwar seien einzelne Stellen gut begründet. "Aber das führt in der Summe dazu, dass der Haushalt an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gerät", warnte Möller.
Die grün-schwarze Koalition will angesichts der Krise einen Kurswechsel vornehmen und im nächsten Haushalt nun doch neue Schulden machen. Zwar kann sich die Regierung über deutlich höhere Steuereinnahmen freuen, doch das reiche nicht, um alle geplanten Entlastungen zu finanzieren, hatte sie zuletzt erklärt.
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"Strukturelle Neuaufstellung des Haushalts nicht erkennbar"
Grüne und CDU planen nun ein eigenes Hilfspaket für Betriebe, die wegen der Energiekrise in Existenznot sind. Außerdem nimmt die Koalition erneut kräftig Geld in die Hand, um eigene Projekte voranzutreiben. So sollen befristet angestellte Lehrkräfte künftig auch über die Sommerferien bezahlt werden.
Das Land habe die Menschen auf eine Zeitenwende vorbereitet und Zumutungen angekündigt, monierte Möller. "Das hätte man dann gerne auch beim Land gesehen", sagte er weiter. "Eine strukturelle Neuaufstellung des Haushalts können wir aber nicht erkennen und das überrascht mich."
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Kritik: Manche Ausgaben notwendig?
Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler müsste eine Fachkommission den Haushalt durchforsten und prüfen, welche Ausgaben zwingend notwendig sind und auf was in diesen strengeren Zeiten verzichtet werden kann. "Brauchen wir einen noch größeren Landtag, Polizeiorchester und alle kulturellen Fördertöpfe, muss wirklich so viel in die Öffentlichkeitsarbeit des Landes investiert werden?", fragte Möller. "Das kann durchaus sein, aber man muss es auch in Frage stellen können." Gerade in Krisenzeiten müssten Ausgaben im Haushalt stärker überprüft werden.
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Allerdings sei die Botschaft noch nicht in den Ministerien angekommen, kritisierte der Landesvorsitzende. Trotz der schwierigen Haushaltslage hätten die Ministerien von Grünen und CDU in den Haushaltsberatungen die Schaffung von 8.959 neuen Stellen in der Landesverwaltung, Schulen und Hochschulen angemeldet. "Da sieht man ja auch, welche Mentalität dahintersteckt, auch wenn diese hohe Zahl glücklicherweise nicht durchgesetzt wurde", sagte Möller. "Offensichtlich hat sich in den Ministerien nicht herumgesprochen, dass sich die Zeiten geändert haben." Im Doppelhaushalt 2023/2024 will Grün-Schwarz nun knapp 1.700 neue Stellen schaffen.