Die Politiker Thomas Strobl (v.l. CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Bündnis 90Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Florian Hassler (Bündnis 90Die Grünen, Staatssekretär im Staatsministerium) und Manfred Lucha (Bündnis 90Die Grünen), Minister für Soziales und Integration in Baden-Württemberg sitzen bei einem großen Gipfel im Neuen Schloss, um Lösungen im Umgang mit Geflüchteten zu finden.

Mehrstündige Gespräche von Land und Kommunen

BW-Flüchtlingsgipfel: Schulterschluss - aber keine konkreten Ergebnisse

Stand

Bei einem Flüchtlingsgipfel haben Land und Kommunen in BW Geschlossenheit demonstriert. Weitreichende Einigungen, etwa über Finanzen, erzielten die Beteiligten aber nicht.

Unter dem Druck steigender Flüchtlingszahlen haben sich Land und Kommunen sowie die wichtigsten Verbände auf einen Schulterschluss verständigt und Geschlossenheit demonstriert. Weitreichende neue Ergebnisse über zusätzliche Kapazitäten in den Städten und Gemeinden, über weitere Angebote in Kitas und Schulen oder mehr finanzielle Mittel vereinbarten die rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei ihrem mehrstündigen Gespräch in Stuttgart aber nicht.

Gemeinsame Kraftanstrengung nötig

Die Kraftanstrengung bei der Flüchtlingsfrage sei "in einer großen Verantwortungsgemeinschaft entschlossen angenommen" worden, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) laut Mitteilung nach dem Treffen. Das Land lasse die Kommunen nicht im Regen stehen, versprach er. Ähnlich liest es sich in einer Erklärung zum Flüchtlingsgipfel, in der die Teilnehmer des Treffens betonen, die Unterbringung, Versorgung und Integration der Geflüchteten weiter "in einer gemeinsamen Kraftanstrengung bewältigen" zu wollen. Außerdem bekräftige die Runde ihre Solidarität mit der Ukraine.

In der Abschlusserklärung aller Teilnehmenden heißt es, die weitere Entwicklung, etwa wie viele Flüchtlinge noch kommen werden, sei schwer absehbar. Es sei jedoch die verfassungsmäßige Pflicht, Schutzsuchende aufzunehmen und zu versorgen. Die AfD hatte aus Protest gegen diese Formulierung kurzfristig die Teilnahme an dem Gipfel abgesagt. Die FDP kritisierte nach dem Gipfel, die Erklärung enthalte viel Lyrik, aber wenig Konkretes.

Menschen in Baden-Württemberg sollen helfen

Die Gipfelteilnehmer appellierten an die Menschen in Baden-Württemberg, sie zu unterstützen. Vor allem die Kommunen hatten immer wieder gewarnt, die Aufnahmekapazitäten des Landes, der Städte und Gemeinden seien weitgehend erschöpft - und eine Abnahme der Flüchtlingszahlen nicht in Sicht. Nach Angaben des Migrationsministeriums sind bislang rund 170.000 Geflüchtete sowie Migrantinnen und Migranten in Baden-Württemberg angekommen, 142.000 von ihnen kommen aus der Ukraine.

In der Abschlusserklärung des Gipfels steht zudem, dass als letztes Mittel Messehallen, Kultur- und Sportstätten zur Unterbringung von Geflüchteten genutzt werden sollen. Das Land will außerdem einen Puffer von 2.500 Plätzen in Freiburg, Sindelfingen und Meßstetten für Geflüchtete vorhalten.

Die Zahl der Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes ist seit den ersten Schüssen an der russisch-ukrainischen Grenze Ende Februar von rund 6.000 auf derzeit mehr als 13.500 ausgebaut worden. In der vorläufigen Unterbringung finden derzeit rund 55.000 Menschen Platz. Bereits vor zwei Wochen hatten sich Land und Kommunen über die Verteilung der Kosten für Geflüchtete geeinigt, also für die Unterbringung und die Integration der Menschen in diesem und im kommenden Jahr.

Stuttgart

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Ellwangens OB zeigt sich kompromissbereit

Eine der Landeserstaufnahmeeinrichtungen befindet sich in Ellwangen (Ostalbkreis). Der Vertrag zwischen Kommune und Land läuft zwar Ende des Jahres aus, die Landesregierung aber will die LEA weiterhin beibehalten. Noch im Juni hatte sich Ellwangens Oberbürgermeister Michael Dambacher (CDU) gegen eine Verlängerung des Vertrags ausgesprochen. Beim Flüchtlingsgipfel zeigte er sich kompromissbereit. "Der großen Aufgabe stellen wir uns als Stadt natürlich. Wir versuchen unseren Teil dazu beizutragen", so Dambacher dem SWR. Die Gespräche mit dem Land liefen aktuell. "Ich bin mir sicher, dass wir da zu einer guten Lösung kommen, sodass alle Interessen in diesen Zeiten dann auch gewahrt werden können." Die LEA in Ellwangen besteht seit dem Jahr 2015.

An dem Gipfel nahmen auf Einladung der baden-württembergischen Landesregierung Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen, Landtagsfraktionen, der Wirtschaft sowie Flüchtlingshelferinnen und -helfer teil. Bereits im Vorfeld hatte Ministerpräsident Kretschmann klar gemacht, dass er keine leichten Gespräche erwarte. Städte, Kommunen und Kreise zum Beispiel ächzen unter der Last, für die Geflüchteten Wohnraum zu finden.

Landkreistag fordert faire Verteilung von Geflüchteten

Der Präsident des Landkreistages Joachim Walter (CDU) warnte, dass viele Kommunen kaum mehr Geflüchtete aufnehmen könnten. Dem SWR sagte er, es mangele nicht nur an Unterkünften, sondern auch an Personal, das die Geflüchteten betreue. Walter fordert eine faire Verteilung von Geflüchteten innerhalb der EU - und mehr Unterstützung vom Land bei der Betreuung von Minderjährigen, die alleine auf der Flucht sind.

Baden-Württembergs Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) sieht das Land mittlerweile an seinen Grenzen angelangt, räumlich aber auch personell. Immer wenn man sich um Menschen kümmern möchte, brauche es Personal - im Hauptamt und im Ehrenamt, so die Ministerin. Und an diesen Stellen stoße man jetzt an die Grenzen.

Das sieht auch Ralf Broß vom Städtetag Baden-Württemberg so. Für ihn gibt es zwei Probleme: die Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung und das fehlende Personal in den Landratsämtern und Rathäusern. Es sei eine große Herausforderung, alles in Einklang zu bringen.

Flüchtlingsrat warnt: Nicht rechten Kräften in die Karten spielen

Der Flüchtlingsrat, ein Netzwerk von ehrenamtlichen Helfern, sieht die aktuelle Lage in der Unterbringung nicht ganz so kritisch. Von dort heißt es, die Rede mancher Kommunalverbände spiele nur rechten Kräften in die Hände. Die Landesregierung dürfe dieser Rhetorik nicht verfallen.

Der Grund für die Engpässe bei der Unterbringung mancherorts ist nach Ansicht des Flüchtlingsrats, dass bestehende Unterbringungsstrukturen nach 2015 wieder abgebaut wurden. Es müssten deshalb jetzt flexible Unterbringungskonzepte erarbeitet werden, die je nach Zugangszahlen von Geflüchteten eingesetzt werden könnten.

Der Flüchtlingsrat forderte die Landesregierung auf, sich darauf vorzubereiten, dass noch mehr Menschen nach Baden-Württemberg kommen könnten - nicht nur aus der Ukraine.

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