Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) plant einen Flüchtlingsgipfel für Baden-Württemberg. Im Rahmen der Landkreisversammlung in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) versprach er ein zeitnahes Treffen.
Kretschmann: Bund kommt Zusage nicht nach
Kretschmann will nach dem Bund-Länder-Treffen am 2. November zu diesem Flüchtlingsgipfel in Baden-Württemberg einladen. Dort sollen alle dringenden Fragen mit den Kommunen diskutiert werden, so der Grünen-Politiker am Montag in Fellbach. Kretschmann beklagte, dass der Bund bisher seiner Zusage aus dem Frühjahr nicht nachkomme, sich an den Kosten für die Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten zu beteiligen.
Baden-Württemberg habe schon jetzt eineinhalb Mal so viele Geflüchtete aufgenommen wie in der Migrationskrise 2015/2016. Der Bund jedoch ziehe diese Zahlen in Zweifel. "Es ist immer dieselbe Masche, an diesen Zahlen rumzumachen", kritisierte Kretschmann. Er setze darauf, dass man sich bei der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch in dieser Frage einigen werde.
Innenminister Strobl lobt Engagement der Kommunen
Dass die Kommunen in der Aufnahme von Flüchtlingen an ihre Grenzen kommen, machte auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) zum Thema. Er möchte die Kommunen entlasten und Kompromisse finden, um das "System am Laufen" zu halten. Man könne nicht einfach auf höchstem Standard so weitermachen und jeden Tag noch ein bisschen mehr versprechen, so der Unions-Politiker.
Strobl lobte das Engagement der Kommunen bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Die Kommunen leisteten aktuell Beachtliches, so der Innenminister in Fellbach. "Für ihre Arbeit am Rande ihrer Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit gebührt den Landkreisen, Städten und Gemeinden unser Dank und unsere Anerkennung", so Strobl.
Landkreistag fordert Rücknahme des Rechtskreiswechsels
Der Chef des Landkreistags, Joachim Walter (CDU), warnte vor einer "Überforderungsfalle". Nicht nur bei der Aufnahme von Geflüchteten gehe bald nichts mehr. Das Land müsse gegensteuern. Es gebe für Ukrainerinnen und Ukrainer, die schon sichere Unterkünfte in anderen EU-Ländern wie Polen oder Spanien gefunden haben, einen sozialen Anreiz nach Deutschland zu kommen, so der Tübinger Landrat.
Seit 1. Juni 2022 erhalten Ukrainerinnen und Ukrainer Bürgergeld und können dank des sogenannten Rechtskreiswechsels auch eine eigene Wohnung mieten und Arbeit aufnehmen. Walter forderte, der Bund müsse den Rechtskreiswechsel für ukrainische Flüchtlinge rückgängig machen. Das Land solle eine entsprechende Bundesratsinitiative ergreifen. Kretschmann hält diese Forderung für aussichtslos. "Das muss man so akzeptieren", so der Regierungschef.
Bei der 41. Landkreisversammlung des Landkreistags trafen sich 300 Vertreter aus Politik, Kommunen, Gemeinden und Verbänden. Die Versammlung findet alle zwei Jahre statt.