Geflüchtete betreten die Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) un Ellwangen (Ostalbkreis). (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Stefan Puchner)

Bund-Länder-Treffen

BW will faire Kostenverteilung bei Flüchtlingsunterbringung

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Land und Kommunen kommen bei der Aufnahme Geflüchteter an ihre Grenzen - finanziell, aber auch räumlich. Die angekündigten Bundesimmobilien entpuppen sich als "wenig hilfreich".

Baden-Württemberg hat in diesem Jahr deutlich mehr Geflüchtete aufgenommen als im gesamten Jahr 2015. Rund 102.000 Schutzsuchende waren es damals laut Justizministerium. 2022 seien es bislang rund 158.000, der Großteil aus der Ukraine. Eine Herausforderung für Land und Kommunen, nicht nur bei der Unterbringung, sondern auch hinsichtlich der Kapazitäten in Kitas und Schulen.

"Wir kommen an die Kapazitätsgrenze", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bereits Ende September, ähnlich äußern sich Städte, Gemeinden und Landkreise. Noch in diesem Monat plant Kretschmann einen Flüchtlingsgipfel, im Anschluss an die Beratungen beim Bund-Länder-Treffen am Mittwoch.

Mehr Unterstützung durchs Land bei der Flüchtlingsunterbringung forderten die Kommunen kürzlich bei der Landkreisversammlung:

Bundesimmobilien entpuppen sich als unbebaute Freiflächen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte den Kommunen Anfang Oktober zur Bewältigung der Flüchtlingslage neben mehr Geld auch Immobilien in Aussicht gestellt. Zu diesen sogenannten Bundesliegenschaften gehörten beispielsweise Kasernen. In Baden-Württemberg handle es sich dabei fast ausschließlich um unbebaute Freiflächen, teilte das Landesjustizministerium auf SWR-Anfrage mit. Die Unterstützung des Bundes sei somit "wenig hilfreich". Man prüfe derzeit, inwiefern die Liegenschaften für die Flüchtlingsaufnahme genutzt werden können.

Bund will Milliarden für Flüchtlingsversorgung bereitstellen

Neben der Frage der Unterbringung Geflüchteter stellt auch die Finanzierung das Land vor eine Herausforderung. Um eine "faire Kostenverteilung" soll es bei der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch gehen, heißt es vom Landesfinanzministerium. Der Bund müsse seiner Zusage aus dem Frühjahr nachkommen, sich an den Kosten für die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter zu beteiligen, betonte Kretschmann am vorvergangenen Montag bei der Landkreisversammlung. Aus einem Entwurf des Bundeskanzleramts im Vorfeld der Konferenz geht nun hervor, dass der Bund Länder und Kommunen im laufenden und kommenden Jahr zusätzlich mit insgesamt 4,25 Milliarden Euro unterstützen möchte.

Bislang erhalte Baden-Württemberg für das laufende Jahr 260 Millionen Euro vom Bund, so das Finanzministerium. Die Gesamtkosten für 2022 könne man noch nicht beziffern - 2015 und 2016 hätten sie zusammen allein für Erstaufnahme und vorläufige Unterbringung jedoch bei mehr als 2,4 Milliarden Euro gelegen. 757 Millionen Euro hat das Land aktuell im Haushalt eingeplant. Man werde wohl bereits für dieses Jahr auf Rücklagen zurückgreifen müssen.

Kommunen schreiben Brandbrief an Kretschmann und Scholz

Das Land ist für die Erstaufnahme Geflüchteter zuständig, die Kommunen für die sogenannte Anschlussunterbringung. Viele Gemeinden und Landkreise haben jedoch erhebliche Probleme, geeigneten Raum dafür zu finden - wie beispielsweise im Enzkreis. Die dortigen Kommunen schrieben zuletzt einen öffentlichen Brief an Scholz und Kretschmann. Die Rathäuser drohten unter einer Flut an Aufgaben zusammenzubrechen, nicht nur, aber auch wegen der Flüchtlingsunterbringung.

Im Kreis seien bis Mitte November sämtliche Kapazitäten für die Unterbringung von Geflüchteten erschöpft, so Michael Schmidt, Bürgermeister von Neulingen. Dann müsse man, wie vereinzelt bereits geschehen, beispielsweise den Vereinen Sporthallen wegnehmen. Auch andere Landkreise schließen sich der Kritik an. Die Verwaltungen drohen in eine Überforderung hineinzurutschen, sagte der Chef des Landkreistags, Joachim Walter (CDU), auf der Landkreisversammlung. Es müsse nun entschieden gegengesteuert werden. Auch der Landkreis Rastatt forderte Mitte September mehr Unterstützung von Land und Bund bei der Unterbringung Geflüchteter.

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