SWR2 lesenswert Magazin Sehnsucht nach Meer und Melody
Neue Bücher von Arnold Stadler, Martin Suter, Berit Glanz - und eine große Philipp Roth Biografie
Nach drei Jahren Corona-Ausfall öffnet die Leipziger Buchmesse am 27. April 2023 wieder ihre Pforten. Einmal mehr wird zur Eröffnung der Preis der Leipziger Buchmesse vergeben. Die Liste der Nominierten gab die siebenköpfige Jury am 23. März bekannt.
Sie war die Göttliche: in diesem Jahr würde die Sopranistin Maria Callas hundert Jahre alt. Aus diesem Anlass erscheint eine neue Biographie.
Rezension von Konstantin Sakkas.
C. H. Beck Verlag, 507 Seiten, 29,90 Euro
ISBN 978-3-406-79142-0
Eine Familiengeschichte in vielen Stimmen. Dincer Gücyeter, der in Nordrhein-Westfalen als Sohn türkischer Einwanderer geboren wurde, erzählt in poetischen Bildern und in Monologen, Dialogen, Träumen, Gebeten und Chören vom Schicksal der Frauen seiner Familie, von archaischer Verwurzelung in anatolischem Leben und von der Herausforderung, als Gastarbeiterin und als deren Nachkomme in Deutschland ein neues Leben zu beginnen.
Eine Familiengeschichte in vielen Stimmen. Dinçer Güçyeter, der in Nordrhein-Westfalen als Sohn türkischer Einwanderer geboren wurde, erzählt in poetischen Bildern und in Monologen, Dialogen, Träumen, Gebeten und Chören vom Schicksal der Frauen seiner Familie, von archaischer Verwurzelung in anatolischem Leben und von der Herausforderung, als Gastarbeiterin und als deren Nachkomme in Deutschland ein neues Leben zu beginnen.
Die SWR Bestenliste empfiehlt seit über 40 Jahren monatlich zehn lesenswerte Bücher, unabhängig von Bestsellerlisten. Nicht die Bücher, die am häufigsten verkauft werden, bestimmen die Liste, sondern eine Jury , bestehend aus 30 namhaften LiteraturkritikerInnen, wählt die Bücher aus, denen sie möglichst viele LeserInnen wünscht.
Denis Scheck stellt seinen ganz persönlichen Kanon der Weltliteratur vor, der weder Sprach- noch Genregrenzen kennt, also bei Märchen, Krimi, Fantasy, Comic und Science Fiction noch lange nicht aufhört.
Denis Scheck über das Gedicht „Unsieg“ des libanesisch-amerikanischen Dichters: „Ich werde mich noch oft umschaufeln müssen, um Khalil Gibran zu begreifen. In meinem Kanon ist er mir vermutlich der Fernste. Aber ihn und seine Schule auszuschließen? So verarmen möchte ich denn doch nicht.“
Vor zehn Jahren wurde die AfD gegründet: Patrick Bahners' Studie "Die Wiederkehr" zieht aber weniger eine Bilanz dieser Zeit, sondern betrachtet die durch die Rechtspopulisten ausgelösten Diskursverschiebungen und den neuen deutschen Nationalismus. Keine schönen Aussichten, die Bahners da liefert.
Rezension von Ulrich Rüdenauer.
Klett-Cotta Verlag, 540 Seiten, 28 Euro
ISBN 978-3-608-98689-1
Sie war die Göttliche: in diesem Jahr würde die Sopranistin Maria Callas hundert Jahre alt. Aus diesem Anlass erscheint eine neue Biographie.
Rezension von Konstantin Sakkas.
C. H. Beck Verlag, 507 Seiten, 29,90 Euro
ISBN 978-3-406-79142-0
Demokratie ist eine anspruchsvolle und immer auch gefährdete Herrschaftsform. Warum sie allen anderen Staatskonzeptionen überlegen ist, arbeitet der Philosoph Volker Gerhardt in einem neuen Buch heraus.
Rezension von Günter Kaindlstorfer.
C. H. Beck Verlag, 352 Seiten, 36 Euro
ISBN 978-3-406-76536-0
In seinem neuen Lyrikband "Chora" stellt Michael Lentz sein Können unter Beweis: Wiederholung, Umstellung, Neuformung von Worten und Wortgebilden. Und auch ein Gedicht von Friedrich Schiller schreibt Lentz neu. Das ist Sprachschöpfung, die an die Kraft der Poesie glaubt - und mit ihr eigengestalterisch arbeitet.
Rezension von Andreas Puff-Trojan.
S. Fischer Verlag, 127 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-10-390012-5
Eine Familiengeschichte in vielen Stimmen. Dincer Gücyeter, der in Nordrhein-Westfalen als Sohn türkischer Einwanderer geboren wurde, erzählt in poetischen Bildern und in Monologen, Dialogen, Träumen, Gebeten und Chören vom Schicksal der Frauen seiner Familie, von archaischer Verwurzelung in anatolischem Leben und von der Herausforderung, als Gastarbeiterin und als deren Nachkomme in Deutschland ein neues Leben zu beginnen.
Viel Wasser, viele Vögel, alles will fließen und fliegen – Gespräch über "Das zweite Gedicht" vom Poeta Laureatus Michael Krüger mit SWR Literaturredakteur Alexander Wasner. Es geht um die Form des Gedichts, warum man dafür 25 Fassungen braucht, ob man sich als Amtsdichter wohl fühlt, und wie es ist, mitten in den Krisen einen Frühling zu erleben.
Im hohen Alter erzählt ein Mann seine Lebensgeschichte und die seiner Mutter. Sie war Norwegerin, sein Vater Wehrmachtssoldat – eine Kriegsverbindung, die auch das gemeinsame Kind nicht zusammenhalten konnte. Vieles ist unklar auf diesem Lebensweg, der von Heimatlosigkeit und Verlorenheit geprägt ist. Es ist eine suchende Erzählung, die Schauspieler Wolfram Berger genau umzusetzen weiß. Er liest diesen Text nicht, er lebt ihn.
Familie Hackebart ist anders als andere: Die Mutter als LKW-Fahrerin und Pianistin unterwegs, der Vater Hausmann - und von den vier Kindern ist jedes so speziell wie sein Name: Brooklyn, die Organisierte, Zosch, der Zocker, Mönkemeier, der Maler und Lulu, das Superhirn. Die Mission der Familie: im Fernsehen die Million gewinnen. Schauspieler Stefan Kaminski setzt die irrwitzigen Ideen von Markus Orths mit vollem Einsatz um und liefert ganz allein ein großartiges Feuerwerk an Stimmen, Geräuschen und Musik.
Peter Bender ist ein Anhänger der Hohlwelttheorie: Er glaubt, dass die Menschheit nicht auf der Erde wohnt, sondern in ihrem Inneren. Mit seiner Frau Charlotte hat er in Worms eine Gemeinde gegründet und versucht durch Vorträge und Artikel, immer mehr Menschen von seiner Wahrheit zu überzeugen. Autor Clemens J. Setz hat den historischen Peter Bender in eine faszinierende Romanfigur verwandelt. Ihren Gedankengängen zu folgen ist reizvoll – vor allem in der Lesung von Ole Lagerpusch, die den Text um viele Facetten bereichert.
Dr. Peter Stotz, einst wichtiges Mitglied der Schweizer Gesellschaft, hat nicht mehr lange zu leben. Er engagiert den jungen Juristen Tom, der seinen Nachlass für die Nachwelt aufbereiten soll. Dabei erzählt er ihm von seiner großen Liebe "Melody", die einst spurlos verschwand und die er ein Leben lang suchte. Doch stimmt die tragische Geschichte wirklich?
Rezension von Theresa Hübner.
Diogenes Verlag, 336 Seiten, 26 Euro
ISBN 978-3-257-07234-1
Müssen Schriftsteller sich zur Klimakrise äußern? Was tun, wenn das Publikum lieber die Aktivistin Greta Thunberg anhimmeln möchte als mit einem nicht mehr jugendlichen Autor über Literatur zu diskutieren? Am besten ans Meer verreisen, sagt der Ich-Erzähler in Arnold Stadlers neuem Roman, der sich für eine griechische Insel mit Blick auf Ithaka entscheidet, der Heimat von Odysseus. In Gedanken an den Vater aller Irrwege gelingt dann auch ein neues Buch: "Irgendwo. Aber am Meer" ist eine ernst-komische Selbsterkundung und ein Meisterstück der deutschsprachigen Sehnsuchtsliteratur.
Rezension von Carsten Otte.
S. Fischer Verlag, 224 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-10-075131-7
Was liest Liao Yiwu? Es ist der Roman „Atemschaukel“ von Herta Müller, der dem chinesischen Autor besonders viel bedeutet. Darin geht um die Deportation der Rumäniendeutschen unter Stalin. Sie werden in russische Lager gebracht. Kälte und Hunger werden zu ständigen Begleitern. „Das Einzige, was dem Hungrigen bleibt, ist das Atmen“, sagt Liao Yiwu. Und er sagt auch: „Für mich ist der Roman besonders wichtig, weil ja auch ich selbst inhaftiert war.“ Hören Sie selbst!
Hanser Verlag, 304 Seiten, 19,90 Euro
ISBN 978-3-446-23391-1
Wie gefährlich ist die Tour de France? Radprofi Marc tritt an, um seinem Team-Chef Steve bei der Tour das Gelbe Trikot zu sichern. Doch dann passieren rätselhafte Unfälle und ein Fahrer begeht sogar Selbstmord. Marc war früher mal Militärpolizist. Jetzt soll er undercover ermitteln. Bald schon misstraut er dem ganzen Team.
Rezension von Eva Karnofsky.
Aus dem mexikanischen Spanisch von Carsten Regling
Elster & Salis Verlag, 320 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-906903-21-7
2022 unterschrieb die Schriftstellerin Ljudmila Ulitzkaja eine Petition, in der der Krieg gegen die Ukraine als "Schande" bezeichnet wurde. Danach waren sie und ihr Mann Andrej Krassulin in Moskau nicht mehr sicher. Im Berliner Exil ist die engagierte Autorin jedoch keineswegs verstummt. In ihrem neuen Buch "Die Erinnerung nicht vergessen" ist auch das Private, an das sie zurückdenkt, immer politisch. Der Band versammelt aktuelle Vorträge, Tagebucheinträge, Essays und Zeitungsartikel.
Rezension von Angela Gutzeit.
Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt
Carl Hanser Verlag. 192 Seiten, 23 Euro
ISBN 978-3-446-27630-7
Aus Erfahrungen beim Militär machte er seinen ersten Erzählband, die Beziehung zur fürsorglichen jüdischen Mutter inspirierte seinen ersten Roman, seine katastrophale erste Ehe lieferte ihm Stoff für mehrere Romane. Philip Roth nannte sich zu Recht "einen Schriftsteller seiner selbst". Blake Bailey liefert in seiner Roth-Biografie die Fakten zu den Fiktionen.
Rezension von Eberhard Falcke.
Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren und Thomas Gunkel
Hanser Verlag, 1040 Seiten, 58 Euro
ISBN 978-3-446-27612-3