Der Bonner Konzeptkünstler Babak Saed möchte mit einer Installation an die Flutkatastrophe 2021 erinnern. Hoch über dem Dorf Marienthal würde er gerne den riesigen Schriftzug „ICHERINNEREMICH“ aufstellen, in weißen Großbuchstaben aus Metall, angebracht an einer Weinbergsmauer. Das Vorhaben scheiterte bisher - nicht nur am behördlichen Landschaftsschutz.

Der riesige Schriftzug wäre im Ahrtal von weit her sichtbar
Wie viele in Bonn unternimmt auch Babak Saed regelmäßig Ausflüge ins Ahrtal. Nach der Flutkatastrophe kam dem Künstler im Gespräch mit Freunden dort die Idee, ein Erinnerungszeichen hier in der Region zu realisieren.
„ICHERINNEREMICH“, in weißen Großbuchstaben: ein mehr als mannshoher Schriftzug auf 40 Metern Breite, so der Plan. Angebracht auf Bruchsteinmauern der Weinlage Marienthaler Trotzenberg, weithin sichtbar hoch über der Bundesstraße zwischen Bad Neuenahr und Dernau.
Der Bonner Künstler sieht die Installation als Bekenntnis. Jedes Subjekt könne sie mit seinen Inhalten füllen: Trauer um Angehörige, Schmerz über die zerstörte Heimat, aber auch Dankbarkeit für die erlebte Hilfe und Solidarität. „Es ist einerseits alltagssprachlich, aber auch poetisch“, findet er.
Kunstprojekt im Ahrtal Riesiger Würfel soll an Flut-Katastrophe erinnern
Ein Würfel aus Kunstharz soll in Ahrweiler an die Flut erinnern. Mit dem "Museum of modern Ahrts" wollen die Initiatoren das Ahrtal aber auch wieder in die Öffentlichkeit rücken.
Die Naturschutzbehörde sieht Beeinträchtigungen des Landschaftbildes
Gehofft hatte Saed, die überdimensionalen Metall-Lettern mit Hilfe von zwei Stiftungen und einem Ingenieurbüro aus dem Ahrtal schon Mitte Juli zum zweiten Jahrestag der Flutkatastrophe aufstellen zu können. Doch die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Ahrweiler ließ für den gewünschten Installationsort in den Marienthaler Weinbergen keine Ausnahme von der Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet „Rhein-Ahr-Eifel“ zu.
Durch die geplante Installation seien Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes zu erwarten. Vor diesem Hintergrund wurde dem Künstler mitgeteilt, dass aus naturschutzfachlichen Gründen die Errichtung am vorgesehenen Standort nicht möglich ist.
Storytelling-Podcast Die Flut – Warum musste Johanna sterben?
Juli 2021: Die 22-jährige Johanna Orth aus Bad Neuenahr-Ahrweiler ist auf dem besten Weg in eine erfüllte Zukunft. Gerade fertig mit der Ausbildung, frisch verliebt und mit der Aussicht auf eine eigene Konditorei. Dann reißt sie die Flutwelle aus dem Leben. Der Host Marius Reichert ist selbst in Bad Neuenahr-Ahrweiler zu Hause und berichtete als Reporter aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz über die Flut. Er kennt die Schicksale der Betroffenen - auch die Geschichte von Johanna. Zusammen mit ihren Eltern begibt sich Marius auf die Suche nach Antworten rund um die Ereignisse dieser verhängnisvollen Nacht: Wie kam Johanna ums Leben? Wie konnte es so weit kommen? Warum wurde Johanna nicht früher gewarnt? Wer trägt Verantwortung? Johanna soll den mehr als 180 Todesopfern der Flut ein Gesicht geben, so der Wunsch der Eltern, denn der Schrecken dieser Katastrophe darf nicht in Vergessenheit geraten. Mithilfe verschiedener Gesprächspartner - Betroffene, Angehörige, Politiker:innen, Einsatzkräfte, Expert:innen - geht Marius Reichert diesen Fragen auf den Grund. Die ersten sechs Folgen sind am 1. Juli 2022 erschienen. Ein Update zum zweiten Jahrestag erscheint am 7. Juli 2023: Wie geht es den Orths zwei Jahre nach der Katastrophe und wie steht es um die Aufarbeitung?
Der Podcast ist eine Produktion von SWR und WDR.
Hier noch eine Warnung: In diesem Podcast werden die Todesumstände von Johanna und der Umgang mit ihrem Tod explizit beschrieben. Wenn euch Themen wie Tod, Trauer oder Suizid belasten oder ihr selbst von den Ereignissen betroffen wart und traumatisiert seid, dann hört euch den Podcast besser nicht an oder nicht allein. Hilfe findet ihr z.B. bei der Telefonseelsorge oder beim Traumhilfe-Zentrum im Ahrtal: www.thz-ahrtal.de
Viele Marienthaler sind gegen das Kunstwerk
„Gott sei Dank“, kommentiert Marianne Hansen, die wie viele im Hundert-Einwohner-Dorf Marienthal das Kunstwerk täglich aus dem Fenster erblickt hätte. Kurz vor der Bürgerversammlung im örtlichen Freundschaftshaus trifft sich Hansen mit Nachbarn. Sie deutet Richtung Weinberg, auf den vorhandenen kleinen Schriftzug: „Marienthaler Trotzenberg“. „Das ist o.k.“, findet sie. „Aber nicht ein Leben lang an die Flut erinnert werden, die vergessen wir sowieso nicht. Das verunstaltet ja unseren schönen Totzenberg. Nein, total dagegen.“
Die Einwohner des Ahrtals würden ohnehin bei jeden Tag an diese Katastrophe erinnert werden, wenn sie durch das Ahrtal führen: „Ich muss da auch nicht noch mal extra separat dran erinnert werden.“

Babak Saeds Schriftzug wirkt auf die Flutbetroffenen wie ein Befehl
Das ist auch Tenor in der folgenden Diskussion mit dem Künstler im Bürgerhaus. Was Babak Saed als subjektives Bekenntnis verstanden haben will, wirkt auf die Flutbetroffenen wie ein Befehl. Das Flutzeichen 21 ist ihnen zu massiv. Als vergeblich entpuppt sich damit Saeds Hoffnung, die Naturschutzbehörde mit der Unterstützung örtlicher Betroffener umzustimmen.
Entmutigen lässt er sich aber nicht. Er verstehe sich als Konzeptkünstler, dessen Arbeit sich auch in den zahllosen Gesprächen und Präsentationen im gesamten Rhein-Ahr-Gebiet ausdrücke. Jetzt berät er mit örtlichen Unterstützern seiner Installation, wo er das Flutzeichen 21 alternativ aufstellen könnte: „Wir sind im Gespräch – alles ist offen.“