Belle de Jour – Schöne des Tages, 1967, Regie: Luis Buñuel (Foto: IMAGO, IMAGO / United Archives)

Frankreichs Leinwandikone

Catherine Deneuve – Die Grande Dame des französischen Kinos wird 80

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Dominic Konrad
Dominic Konrad, Autor und Redakteur bei SWR Kultur und SWR Musik (Foto: SWR, Foto: Dominic Konrad)

Zwischen unschuldig Liebender und sinnlicher Männerfantasie: Seit sechzig Jahren ist Catherine Deneuve das Gesicht des französischen Kinos. Regisseure wie Roger Vadim, Jacques Demy, François Truffaut, Luis Buñuel und Hirokazu Koreeda schreiben ihr Rollen auf den Leib. Nun feiert die Grande Dame des französischen Kinos ihren 80. Geburtstag. Eine Filmkarriere in Bildern.

Das Gesicht des französischen Films

Es ist eine Ehre, die nur wenigen Französinnen zuteil wird: Seit 1970 wird die Büste der Marianne, Symbolfigur der französischen Republik, berühmten Frauen nachempfunden. 1985 trägt sie die Gesichtszüge von Catherine Deneuve. Die blonde Schauspielerin ist auf dem Zenit ihres Erfolges, sie ist nicht nur das internationale Gesicht des französischen Films, sie ist nun auch das Gesicht von Frankreich selbst.

Die Filme der Catherine Deneuve: Eine Karriere in Bildern

Catherine Deneuve (ca. 1960) (Foto: IMAGO, IMAGO / Leemage)
Catherine Fabienne Dorléac wird am 22. Oktober 1943 in Paris geboren. Ihre erste Filmrolle übernimmt sie im Alter von 14 Jahren. Bild in Detailansicht öffnen
Laster und Tugend (Le Vice et la vertue), 1963, Regie: Roger Vadim (Foto: IMAGO, IMAGO / ZUMA/Keystone)
Früh zieht Deneuve die Aufmerksamkeit großer Regisseure auf sich. Roger Vadim besetzt sie 1963 neben Luciana Paoluzzi in „Laster und Tugend“. Auch privat sind Vadim und Deneuve kurzzeitig liiert. Die 20-Jährige wird Mutter des gemeinsamen Sohnes Christian Vadim. Bild in Detailansicht öffnen
Die Regenschirme von Cherbourg  (Les Parapluies de Cherbourg), 1964, Regie: Jacques Demy (Foto: IMAGO, IMAGO / Ronald Grant)
Dem internationalen Publikum wird Catherine Deneuve 1964 durch Jacques Demys romantischen Musikfilm „Die Regenschirme von Cherbourg“ bekannt. Der Film gewinnt die Goldene Palme in Cannes und wird für fünf Oscars nominiert. Bild in Detailansicht öffnen
Les Demoiselles de Rochefort  (Die Mädchen von Rochefort), 1967, Regie: Jacques Demy (Foto: IMAGO, IMAGO / United Archives)
Jacques Demy besetzt Deneuve auch 1967 in der Komödie „Die Mädchen von Rochefort“, gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Françoise Dorléac. Françoise stirbt drei Monate nach der Filmpremiere bei einem Verkehrsunfall. Sie war 25 Jahre alt. Bild in Detailansicht öffnen
Ekel (Repulsation), 1965, Regie: Roman Polanski (Foto: IMAGO, IMAGO / Everett Collection)
Deneuve hat keine klassische Schauspiel-Ausbildung und nähert sich ihren Rollen eher intuitiv. Dabei scheut sie keine Risiken: In Roman Polanskis Horrorfilm „Ekel“ spielt sie 1965 eine von schizophrenen Wahnvorstellungen gequälte Kosmetikerin, die zur Mörderin wird. Bild in Detailansicht öffnen
Mayerling, 1968, Regie: Terence Young (Foto: IMAGO, IMAGO / Everett Collection)
Außerhalb von Frankreich dreht die Schauspielerin große Filmproduktionen wie 1968 „Mayerling“ an der Seite von Omar Sharif. Deneuve spielt Mary Vetsera, die Geliebte des österreichischen Thronfolgers Rudolf. Bild in Detailansicht öffnen
Belle de Jour – Schöne des Tages, 1967, Regie: Luis Buñuel (Foto: IMAGO, IMAGO / United Archives)
Luis Buñuel besetzt die schöne Französin, die Anfang der 1960er-Jahre auch als Model arbeitet, in seinem Skandalfilm „Belle de Jour – Schöne des Tages“. Deneuve spielt eine Arztgattin, die mit ihrem Mann ihre sexuellen Fantasien nicht ausleben kann und ein Doppelleben als Prostituierte beginnt. Bild in Detailansicht öffnen
Tristana, 1970, Regie: Luis Buñuel (Foto: IMAGO, IMAGO / Allstar)
Mit Buñuel dreht Deneuve 1970 erneut: „Tristana“ erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die nach dem Tod ihrer Mutter zum Mündel und später der Frau eines spanischen Lebemanns wird. Bild in Detailansicht öffnen
Der Chef (Un flic), 1972, Regie: Jean-Pierre Melville (Foto: IMAGO, IMAGO / United Archives)
Häufig wird Deneuve als Frankreichs Antwort auf die kühlen Blondinen der Filme Alfred Hitchcocks tituliert. Mit Jean-Pierre Melville, dem „Ästhet der Unterwelt“, dreht sie 1972 den Krimi „Der Chef“. Sie spielt das Objekt der Begierde von Kommissar Coleman (Alain Delon). Bild in Detailansicht öffnen
Das Geheimnis der falschen Braut (La Sirène du Mississipi), 1969, Regie: François Truffaut (Foto: IMAGO, IMAGO / Ronald Grant)
Auch Frankreichs großer Nouvelle-Vague-Regisseur François Truffaut besetzt Catherine Deneuve mehrfach. In „Das Geheimnis der falschen Braut“ spielt sie an der Seite von Jean-Paul Belmondo eine Frau, die ihrem Mann eine falsche Identität vorspielt. Bild in Detailansicht öffnen
Die letzte Metro (Le Dernier Metro), 1980, Regie: François Truffaut (Foto: IMAGO, IMAGO / Ronald Grant)
1980 schreibt Truffaut Catherine Deneuve die Hauptrolle in „Die letzte Metro“ auf den Leib. Sie ist hier die Intendantin eines Pariser Theaters, in dessen Keller sie ihren Mann, einen deutschen Juden, vor den Nazis versteckt. Für ihre Darbietung erhält Deneuve den ersten von zwei Césars. Bild in Detailansicht öffnen
Begierde  (The Hunger), 1983, Regie: Tony Scott (Foto: IMAGO, IMAGO / Ronald Grant)
Eine Vampirin ist Deneuve neben David Bowie in Tony Scotts Erotik-Horrorfilm „Begierde“. Für Aufsehen sorgt eine lesbische Verführungsszene mit Susan Sarandon. Diese über ihre Filmpartnerin: „Man muss nicht betrunken sein, um mit Catherine Deneuve schlafen zu wollen.“ Bild in Detailansicht öffnen
Indochine, 1992, Regie: Régis Wargnier (Foto: IMAGO, IMAGO / EntertainmentPictures)
Internationale Anerkennung: In „Indochine“ von Régis Wargnier verkörpert Deneuve eine Plantagenbesitzerin im französisch besetzten Vietnam. Der Film erhält 1993 den Oscar als bester nicht-englischsprachiger Film, Deneuve wird als beste Schauspielerin nominiert. Bild in Detailansicht öffnen
Diebe der Nacht (Les Voleurs), 1996, Regie: André Téchiné (Foto: IMAGO, IMAGO / Everett Collection)
Sieben Filme dreht Deneuve mit André Téchiné. Einer der bemerkenswertesten: „Diebe der Nacht“. Sie spielt eine Philosophieprofessorin, die durch ihre Affäre mit einer Studentin (Laurence Côte) in eine unglückliche Dreiecksbeziehung verwickelt wird. Bild in Detailansicht öffnen
Place Vendôme – Heiße Diamanten, 1998, Regie: Nicole Garcia (Foto: IMAGO, IMAGO / United Archives)
Eine weitere große Auszeichnung erhält Deneuve für ihre Darstellung einer alkoholkranken Juwelenhändlerin in „Place Vendôme – Heiße Diamanten“. Bei den Filmfestspielen in Venedig wird sie 1998 als beste Schauspielerin mit der Coppa Volpi ausgezeichnet. Bild in Detailansicht öffnen
8 Frauen (8 Femmes), 2002, Regie: François Ozon (Foto: IMAGO, IMAGO / Allstar)
Reigen der großen französischen Schauspielerinnen: Catherine Deneuve spielt neben Isabelle Huppert, Danielle Darrieux und Fanny Ardant in „8 Frauen“. Regisseur François Ozon mischt im Film Musical mit Krimi à la Agatha Christie. Bild in Detailansicht öffnen
Das Schmuckstück (La Potiche), 2010, Regie: François Ozon (Foto: IMAGO, IMAGO / Allstar)
Mit Ozon kollaboriert Deneuve erneut 2010: „Das Schmuckstück“ erinnert nicht ohne Grund an „Die Regenschirme von Cherbourg“: Ozon setzt dem 1960er-Welterfolg ein bonbonfarbenes Denkmal, in dem Catherine Deneuve wider Willen zur Chefin einer Regenschirm-Fabrik aufsteigt. Bild in Detailansicht öffnen
Asterix & Obelix - Im Auftrag Ihrer Majestät (Astérix et Obélix: Au Service de Sa Majesté), 2012, Regie: Laurent Tirard (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / dpa | Concorde Filmverleih)
Auch in Comic-Verfilmungen königlich: In „Asterix & Obelix - Im Auftrag Ihrer Majestät“ spielt Deneuve neben den Galliern Gérard Depardieu (Obelix) und Édouard Baer (Asterix) die Königin der Briten. Bild in Detailansicht öffnen
La Vérité – Leben und lügen lassen (La Vérité), 2019, Regie: Hirokazu Kore-eda (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa/3B/Bunbuku/MiMovies/FR3 | L.Champoussin)
2019 besetzt der gefeierte japanische Regisseur Hirokazu Koreeda Catherine Deneuve in „La Vérité – Leben und lügen lassen“ als alternde Schauspielerin und Mutter von Julie Binoche. Bild in Detailansicht öffnen
Catherine Deneuve bei den Filmfestspielen in Cannes 2021 (Foto: IMAGO, IMAGO / ABACAPRESS)
Auch mit 80 Jahren ist Catherine Deneuve der Leinwand nicht müde. Erst Anfang des Monats startete ihr neuester Film „Bernadette“, ein Porträt der ehemaligen First Lady Frankreichs Bernadette Chirac. Bild in Detailansicht öffnen

Geboren wird Catherine Deneuve am 22. Oktober 1943, als Tochter eines Pariser Schauspieler-Ehepaars. Schon früh tritt sie in die Fußstapfen der Eltern: Mit 14 Jahren spielt sie in André Hunebelles „Les CollégIennes“ („Die Mittelschülerinnen“) ein Schulmädchen.

Der große Nouvelle-Vague-Regisseur Roger Vadim besetzt die 20-Jährige als tugendhafte Justine in seinem Film „Laster und Tugend“. Auch hinter der Kamera knistert es: Deneuve wird Mutter eines gemeinsamen Sohnes, mit ihrem späteren Lebensgefährten Marcello Mastroianni hat sie neun Jahre später eine Tochter.

Catherine Deneuve wird 1985 zum Vorbild für die Marianne, das Symbol der französischen Republik (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Olivier Boitet)
In regelmäßigen Abständen wird die Büste der Marianne, die Personifikation der französischen Republik, nach den Gesichtszügen berühmter Französinnen neu modeliert. Nach Brigitte Bardot, Michèle Morgan und Mireille Mathieu wurde Catherine Deneuve 1985 die vierte Marianne.

Ruhm durch Musikfilme, Nachruhm durch kontroverse Dramen

Große Regisseure objektivieren die schöne Blondine, doch Deneuve weigert sich, einfach nur Objekt zu bleiben. Der Durchbruch gelingt dank Jacques Demy. Er besetzt sie 1964 in seinem für mehrere Oscars nominierten Film „Die Regenschirme von Cherbourg“ und 1967 in „Die Mädchen von Rochefort“.

Statt simpler Unterhaltung sucht Deneuve die schauspielerische Herausforderung und scheut dabei auch nicht die Provokation. Roman Polanski besetzt sie als schizophrene Mörderin und unter der Regie von Luis Buñuel spielt sie in „Belle de Jour – Schöne des Tages“ eine unbefriedigte Arztgattin, die sich ihren sexuellen Kick als Teilzeit-Prosituierte holt.

Ich suche die Herausforderung. Man muss angestoßen werden, sonst macht man immer nur das, was man ohnehin schon kann, was man kennt. Ich freue mich immer über einen Regisseur, der mich herausfordert.

François Truffaut schreibt ihr schließlich eine ihrer größten Rollen auf dem Leib. Er möchte sie in einer leitenden Rolle sehen. In „Die letzte Metro“ spielt die Deneuve eine Theaterintendantin im Paris der Nazi-Okkupation, die für den Erhalt ihres Theaters, die Résistance und ihren versteckten jüdischen Ehemann kämpft.

Die Regenschirme von Cherbourg  (Les Parapluies de Cherbourg), 1964, Regie: Jacques Demy (Foto: IMAGO, IMAGO / United Archives)
Große Gefühle in Technicolor. Der Film „Die Regenschirme von Cherbourg“ macht Deneuve berühmt.

Auch mit 80 Jahren noch mit Leidenschaft vor der Kamera

Im realen Leben hat Deneuve nur selten ihr Publikum gegen sich. Eine unrühmliche Ausnahme bleibt ein offener Brief für die „Freiheit der Belästigung“, den sie zu Beginn der #MeToo-Bewegung unterzeichnet. Später entschuldigt sie sich bei den Opfern sexueller Gewalt, die sie für ihre Haltung scharf kritisieren.

Ihrem Ruhm schadet der Brief nicht. Auch heute, im Alter von 80 Jahren, steht Catherine Deneuve unermüdlich vor der Kamera. In ihrem neuesten Film „Bernadette“ spielt sie die französische Präsidentengattin Bernadette Chirac auf der Suche nach einem öffentlichkeitswirksamen Image. An Ruhestand denkt Catherine Deneuve noch lange nicht.

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Dominic Konrad
Dominic Konrad, Autor und Redakteur bei SWR Kultur und SWR Musik (Foto: SWR, Foto: Dominic Konrad)