Rund 90.000 Studierende in Deutschland haben einen Studienkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufgenommen. Die flexiblen Rückzahlungsmöglichkeiten und die Tatsache, dass der Kredit ohne Sicherheitsverfahren erhältlich ist, machten ihn jahrelang attraktiv für Studenten, die keinen Anspruch auf Bafög haben. Doch die öffentlich-rechtliche Förderbank hat ihre Zinsen massiv erhöht.
Die Trierer Studentin Elisa Neumann ist eine von vielen Studierenden in Deutschland, für die der KfW-Studienkredit wegen der hohen Zinsen zum Problem geworden ist. Als sie vor fünfeinhalb Jahren ihr Studium in Erziehungswissenschaften an der Uni Trier begann, klang der KfW-Studienkredit für sie nach einer guten Möglichkeit, um ihr Studium zu finanzieren. Denn Bafög bekam sie keins und einen Nebenjob hatte sie noch nicht, weil sie neu in Trier war und sich noch nicht auskannte. Ein Stipendium sei zu leistungsabhängig, dachte sie damals.
Ihre Eltern unterstützten sie zwar, aber sie wollte ihnen auch nicht zu sehr auf der Tasche liegen. Damit hätte sie sich nicht wohl gefühlt. "Studieren ohne Kredit wäre damals gar nicht möglich gewesen", resümiert sie heute.
Prinzip des KfW-Studienkredits: Zinsen werden direkt abgezogen
Der KfW-Studienkredit ist nicht einfach zu durchschauen: Studierende können eine Kreditsumme pro Monat festlegen. Von diesem monatlichen Betrag werden anfallende Zinsen direkt abgezogen. Der Betrag, den Studierende monatlich bekommen, sinkt also mit der Zeit. So soll verhindert werden, dass bei der Rückzahlung des Kredits später Zinseszinsen anfallen. Der monatlich beantragte Geldbetrag muss inklusive Tilgungszinsen nach dem Studium zurückgezahlt werden.
Elisa Neumann hat zu Beginn ihres Studiums monatlich 250 Euro bei der KfW-Bank beantragt. Während der Corona-Pandemie erhöhte sie den monatlichen Betrag auf 400 Euro. Aktuell hat die Studentin 200 Euro im Monat beantragt. Ausgezahlt bekommt sie davon aber nur noch 75 Euro - das liegt an den Zinsen, die sie jeden Monat bezahlt und die mit jedem Auszahlungsmonat mehr werden. Mittlerweile hat die Studentin 17.500 Euro Schulden, die sich aus den monatlichen Krediten zusammensetzen.
Zinserhöhung beim Studienkredit der KfW war ein Schock
Wer jetzt einen neuen Studienkredit bei der KfW-Bank abschließt, muss neun Prozent Zinsen zahlen. Ein Rekordniveau. Bis Herbst 2022 lag der Zinssatz noch bei null Prozent, da der Staat den Zins während der Corona-Pandemie übernommen hatte.
Für Elisa Neumann war die Zinserhöhung ein Schock. Als sie vor fünfeinhalb Jahren den Kredit bei der öffentlich-rechtlichen Förderbank aufnahm, lag der Zinssatz bei rund vier Prozent, sagt sie. Jetzt sind es bei ihr gut acht Prozent.
Die massive Zinserhöhung setzt die Studentin unter Druck, mit ihrem Studium fertig zu werden. Denn mit jedem Semester, das sie länger studiert, wird der Schuldenberg größer. "Ich habe große Bauchschmerzen damit, weil ich nicht weiß, wie hoch die Zinsen im nächsten Semester sein werden", sagt Neumann. Die KfW passt den Zinssatz alle sechs Monate je nach Kapitalmarktsituation an.
Aber ohne den Studienkredit geht es nicht, sagt die Studentin. Zwar hat sie inzwischen einen Nebenjob, aber in dem werde sie nach Stunden bezahlt und das Geld käme somit sehr unregelmäßig.
Schulden machen Angst vor der Zukunft
Elisa Neumann dreht gerade jeden Cent um. Sie muss sehr genau überlegen, für was sie Geld ausgibt. Beispielsweise schiebt sie die Autoreparatur nach hinten oder fährt eben nicht die 900 Kilometer in die Heimat zur Familie.
Auch der Blick in die Zukunft macht ihr Sorgen. "Ich habe Angst, dass es durch die Schulden später finanziell noch enger aussieht als jetzt", sagt die Studentin. Rücklagen aufzubauen, sei aktuell nicht möglich. Wenn es gut laufe, komme sie im Monat null auf null raus.
Studierendenwerk und AStA der Uni Trier kritisieren KfW-Bank
Wie viele Studierende in der Region Trier den KfW-Kredit beantragt haben, können weder der Allgemeine Studierendenausschuss der Uni Trier (AStA) noch das Studierendenwerk Trier genau beziffern. Obwohl sich die Beschwerden über die hohen Zinsen noch in Grenzen halten, kritisiert das Studierendenwerk das Vorgehen der KfW-Bank.
Gerade jetzt sei die Erhöhung der Zinsen für die Studierenden ein ernsthaftes Problem, da sowieso schon alles teurer werde, so die stellvertretende Geschäftsführerin. Zudem habe die KfW-Bank die Vertriebspartnerschaft mit dem Studierendenwerk gekündigt. Somit könnten die Studierenden nun nur noch online und ohne Beratung den Kreditantrag stellen. Deshalb sei auch unklar, wie viele Studierende in Trier davon betroffen seien.
Auch der Allgemeine Studierendenausschuss der Uni Trier hält die Zinserhöhung der KfW-Bank für falsch. Die Studierenden hätten sowieso finanziell sehr stark unter der Corona-Pandemie gelitten. Dass nun auch die Zinsen erhöht wurden, sei ein "Schlag in die Magengrube", so die Vorsitzende des AStA.
Die KfW-Bank begründet ihr Handeln mit dem Anstieg des europäischen Referenzzinssatzes Euribor. Schließlich sei der KfW-Studienkredit kein klassischer Förderkredit. Die KfW-Bank müsse den Kredit ohne staatliche Hilfe stemmen. Zudem müssten Studierende keine Sicherheiten hinterlegen. "Die KfW muss daher über den Zinssatz die Kosten für die ordnungsgemäße Abwicklung des Kredits sowie zur Übernahme der Ausfallrisiken decken", so die KfW-Bank auf ihrer Internetseite.
Studierendenwerk warnt vor Schuldenfalle
Zuletzt hatte der Chef des Deutschen Studierendenwerks, Matthias Anbuhl, vor einer "Schuldenfalle" durch die hohen Zinsen beim KfW-Studienkredit gewarnt.
Studentin Elisa Neumann würde heute keinen KfW-Studienkredit mehr aufnehmen. Eher würde sie sich um Stipendien zu bemühen oder andere Hilfsangebote, beispielsweise beim Studierendenwerk, in Anspruch nehmen. "Immer von dem Studienkredit zu leben, würde ich aus jetziger Sicht nicht mehr machen."
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