Bildcollage Haushaltsbuch mit Schriftzug Interview (Foto: dpa Bildfunk, Montage: SWR)

Schuldnerberaterin aus Trier im Interview

Hohe Preise treiben immer mehr Menschen in die Schulden

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AUTOR/IN
Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier (Foto: SWR)

Immer mehr Menschen suchen Hilfe bei Schuldnerberaterinnen wie Anika Wegner vom Caritasverband Trier. Das hat mit steigenden Preisen zu tun, aber auch mit Corona und der Flut.

Anika Wegner geht die Arbeit nicht aus. Und das hat einen traurigen Grund: Immer mehr Menschen brauchen ihre Hilfe als Schuldnerberaterin beim Caritasverband Trier.

Im Interview mit dem SWR erklärt die Juristin, warum immer mehr Menschen Schulden machen und formuliert auch Forderungen an die Politik.

Anika Wegner ist Juristin und arbeitet in der Schuldner- und Insolvenzberatung beim Caritasverband Trier.  (Foto: SWR)
Anika Wegner ist Juristin und arbeitet in der Schuldner- und Insolvenzberatung beim Caritasverband Trier.

SWR Aktuell: Wie hoch ist derzeit die Nachfrage nach Schuldner- und Insolvenzberatung in Ihrem Verband?

Anika Wegner: Es gibt vier Beratungsstellen in Trier und von uns musste nie jemand Däumchen drehen. In den vergangenen zwei Jahren ist der Bedarf an Schuldnerberatung aber stark gestiegen. Momentan gibt es in der Region Wartezeiten von 10 Wochen bis hin zu einem halben Jahr für ein Erstgespräch.

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SWR Aktuell: Was sind die Gründe dafür, dass immer mehr Menschen, Ihre Hilfe in Anspruch nehmen?

Anika Wegner: Die Pandemie und auch die Flutkatastrophe haben viele Menschen in finanzielle Nöte getrieben. Was nun noch hinzukommt, sind die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise. Das macht jetzt schon vielen unserer Klienten zu schaffen.

SWR Aktuell: Die Kosten für Gas und Strom werden sich ja bei vielen erst Ende des Jahres bemerkbar machen. Wie blicken Sie auf den Herbst und Winter?

Wegner: Es ist einfach abzusehen, dass viele, die jetzt schon finanziell am Limit waren, ihre Nebenkosten nicht auffangen können.

"Werden monatliche Abschläge für Gas von 500 Euro oder mehr fällig, ist das für Familien mit wenig Einkommen nicht mehr zu bezahlen."

Viele dieser Menschen werden sich dann bei uns melden. Wenn hier auf politischer Ebene gar nichts passiert, können wir davon ausgehen, dass viele Haushalte über kurz oder lang einerseits keinen Strom und andererseits kein Gas mehr haben werden.

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SWR Aktuell: Und Gas, Strom, Sprit, Lebensmittel - das sind alles Kosten, die sich kaum vermeiden oder reduzieren lassen. Was kann man Menschen raten, die diese lebensnotwendigen Ausgaben nicht mehr zahlen können?

Wegner: Zu jeder unserer Beratungen gehört Budgetberatung. Das bedeutet, dass wir mit jedem Ratsuchenden besprechen, ob zusätzliches Einkommen generiert oder Ausgaben verringert werden können. Wenn aber wirklich der Ansturm wie erwartet kommt, werden wir als Berater diesem kaum gewachsen sein, wenn es keine übergeordnete, gesellschaftliche Lösung gibt. Wenn schlicht das Einkommen für die Deckung der lebensnotwendigen Kosten nicht ausreicht, können wir nämlich auch nicht mehr viel machen. Ich sehe das mit großer Sorge.

SWR Aktuell: Es braucht also politische Lösungen. Was schlagen Sie vor?

Wegner: Der Staat muss dafür sorgen, dass Energie bezahlbar bleibt. Aber auch Unterstützungszahlungen an bedürftige Menschen wären denkbar. Diese müssten dann unbürokratisch und schnell ausgezahlt werden. Auch das 9-Euro-Ticket hat viele Haushalte entlastet. Ein Nachfolgeangebot - zumindest für Geringverdiener, Arbeitssuchende, Rentner und Azubis - wäre daher wünschenswert.

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