Klimaaktivisten blockieren die Bundesstraße entlang des Moselufers in Trier mit einem Holzgestell. (Foto: Klimavernetzung Trier/Fotomontage SWR)

Nach Straßenblockade im Juni 2021

Klimaaktivistin klagt gegen Polizei Trier: Urteil in nächsten zwei Wochen

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Nicole Mertes
Nicole Mertes arbeitet als Redakteurin im SWR Studio Trier (Foto: Nicole Mertes)

2021 hatten Klimaaktivisten das Moselufer in Trier blockiert. Eine junge Frau wehrt sich vor Gericht, weil Fingerabdrücke genommen werden sollten.

Es war am 5. Juni 2021. Klimaaktivisten blockierten die B 49 am Krahnenufer mit einem großen Holzgestell. Es gab große Verkehrsbehinderungen, auch Krankenwagen waren betroffen. Neun Klimaaktivisten wurden wegen Nötigung angeklagt. Der Prozess gegen sie soll am 11. September vor dem Amtsgericht Trier beginnen. Doch vorher klagt eine Umweltaktivistin vor dem Verwaltungsgericht Trier gegen die Polizei.

Widerspruch gegen Fingerabdrücke erfolglos

Gegen die junge Klimaaktivistin waren nach Informationen des Verwaltungsgerichts Trier schon mehrfach Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Auch nach der Straßenblockade im Juni 2021 wurde ermittelt. Im Oktober 2021 ordnete die Polizei die erkennungsdienstliche Behandlung der Frau an. Konkret ging es um Finger- und Handabdrücke sowie Fotos. Außerdem sollten ihre Körpermaße registriert werden. Die Frau legte erfolglos Widerspruch ein. Deshalb klagt sie jetzt vor dem Verwaltungsgericht Trier gegen das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch die Präsidentin des Polizeipräsidiums Trier.

"Politischer Aktivismus wird unter Generalverdacht gestellt."

Klimaaktivistin sieht ihre Grundrechte verletzt

Anna Magdalena Busl vertritt die Klimaaktivistin in diesem Verfahren als Anwältin. Sie argumentiert, in diesem Fall seien die von der Polizei geplanten erkennungsdienstlichen Maßnahmen unverhältnismäßig und ein Verstoß gegen die Grundrechte ihrer Mandantin. Solche Anordnungen der Polizei häuften sich phasenweise. "Politischer Aktivismus wird dadurch unter Generalverdacht gestellt", sagt die Anwältin.

Sie hat schon häufiger in solchen Fällen junge Leute, die für Klimaschutz auf die Straße gehen, vor Gericht vertreten. Mal gingen die Verfahren zugunsten der Klimaaktivisten aus, mal zugunsten der Polizei, sagt sie.

Ein Fingerabdruck wird genommen (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Uwe Anspach (Symbolbild))

"Ich finde es gut, wenn Leute auf die Straße gehen und sich politisch engagieren. Man kann natürlich darüber streiten, welche Maßnahmen angemessen sind, aber die grundsätzliche Frage die sich stellt, ist doch, ob es sinnvoll ist wünschenswertes Verhalten wie politisches Engegament in den Kontext potentieller Kriminalität zu stellen", so Anna Magadalena Busl.

Proteste seien notwendig, um Verbesserungen zu erreichen. Dieses Recht nehme die Klimabewegung für sich in Anspruch. Auch unter dem Dach des im Grundgesetz verankerten Versammlungsrechtes. Es sei nun die Frage des Gerichts, zu klären, ob junge Menschen, die an Demonstrationen teilnehmen grundsätzlich kriminialisiert werden sollen.

Straftaten aufklären - Grundrechte der Betroffenen achten

Aber in welchem Fall darf die Polizei Fingerabdrücke nehmen und weitere sogenannte erkennungsdienstliche Maßnahmen anordnen? Dazu gibt es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Solche Maßnahmen können notwendig sein, um ein Strafverfahren durchführen zu können. Ob eine Notwendigkeit besteht, ist nach Angaben des Trierer Verwaltungsgericht auch davon abhängig, ob es Anhaltspunkte für die Annahme gibt, dass eine Person erneut strafrechtich in Erscheinung treten könnte.

Gleichzeitig sind es aber Eingriffe in die Grundrechte der Betroffenen. Deshalb müssen alle Maßnahmen laut Bundesverfassungsgericht verhältnismäßig sein. Das allgemeine Interesse an der Aufklärung von Straftaten und der Schutz der Grundrechte der Betroffenen müssen also in jedem Fall abgewogen werden.

Maßnahmen müssen angemessen sein

Konkret heißt das - jede Maßnahme der Polizei, ob Fotos, Fingerabdrücke oder die Vermessung der Körper von Tatverdächtigen muss abgewogen und rechtlich geprüft werden. Vergisst zum Beispiel die Polizei, am Tatort Fingerabdrücke zu nehmen, ist das ein Fehler in der Ermittlung. In diesem Fall könnte das nachträgliche Abnehmen von Fingerabdrücken rechtswidrig sein. Es gab auch schon Verfahren, in denen die Betroffenen Recht bekamen und polizeiliche Maßnahmen als unverhältnismäßig angesehen wurden.

Polizeipräsidium Trier zu diesem Fall

Das Polizeipräsidium Trier sagt auf SWR Anfrage zu diesem Fall, die rechtlichen Voraussetzungen seien vorher geprüft und als erfüllt bewertet worden. Aus Sicht der Polizei wäre es also angemessen, von der Frau Finger- und Handabdrücke zu nehmen, Fotos zu machen und ihre Körpermasse zu registrieren.

Verwaltungsgericht Trier muss über Verhältnismäßigkeit entscheiden

Was die Klage der Umweltaktivistin vor dem Trierer Verwaltungsgericht betrifft, geht es darum zu entscheiden, ob die Maßnahmen wie das Abnehmen von Finger- und Handabdrücken, Fotos und das Registrieren der Körpermaße in diesem Fall verhältnismäßig sind.

Das müsse in diesem Fall besonders gründlich geprüft werden, so die Richterin am Verwaltungsgericht. Hintergrund sei, dass die Klägerin mit ihren 19 Jahren als Heranwachsend gelte. Deshalb würden andere Maßstäbe als bei Erwachsenen angelegt. So gelte es unter anderem zu prüfen, ob die Tat der Klägerin als vorrübergehend jugendliches Fehlverhalten oder als Beginn einer kriminellen Laufbahn einzustufen sei. Ein Urteil in dem Fall wird innerhalb der kommenden zwei Wochen erwartet.

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