Rheinland-Pfalz ist Weinland. Von insgesamt mehr als 6.000 landwirtschaftlichen Betrieben im Haupterwerb, machen Wein- und Obstbaubetriebe fast die Hälfte (2.921) aus. Das hat die letzte Landwirtschaftszählung im Jahr 2020 ergeben. Eines der Weingüter: Das von Familie Stenner im rheinhessischen Mainz-Hechtsheim, für das Winzerin Malenka Stenner hauptverantwortlich ist. Doch auch wenn Wein ein hohes Ansehen genießt – unterm Strich ist das Einkommen im Weinbau in den vergangenen Jahren vergleichsweise gering gewesen.
Weinbaubetriebe traditionell mit geringerem Einkommen
Ein Grund dafür ist, dass die Weinbaubetriebe in Rheinland-Pfalz mit einigen Herausforderungen zu kämpfen hatten: "Wir machen zwar von Jahr zu Jahr mehr Umsatz, aber haben auch vom Jahr zu Jahr mehr Kosten," sagt Winzerin Malenka Stenner. Mehltau, ein Pilzbefall in den Wingerten, Trockenzeiten, eine gesunkene Nachfrage nach Alkohol, und gleichzeitig gestiegene Kosten für Stahl, Korken und Papier - das alles drückte die Bilanz.
Auch wer mehrere Jahresgewinne vergleicht, sieht: Die Dauerkultur, in die neben Obst- auch Weinbaubetriebe fallen, hat weniger hohe Gewinne einfahren können als andere Betriebsformen.
Weinbau ist ein wertschöpfungsintensiver Betrieb. Bedeutet: Hier fallen in der Regel höhere Kosten an als bei Ackerbaubetrieben. Und diese Kosten im Weinbau sind gestiegen. Zwar bekommt ein Winzer pro Hektar in der Regel auch höhere Erlöse als ein Ackerbauer. Doch die waren in den vergangenen zwei Jahren rückläufig.
Die EU-Direktzahlungen, die den größten Teil der Agrarsubventionen ausmachen, werden überwiegend pro Hektar bezahlt. Obst- und Weinbaubetriebe, die deutlich weniger Fläche bewirtschaften als beispielsweise Ackerbaubetriebe, erhalten deshalb auch weniger Geld von der EU.
Heiko Hansen, Experte für Agrarbetriebswirtschaft vom Thünen-Institut erklärt: "Die vielen Weinbauern in Rheinland-Pfalz beeinflussen das Einkommen in der Landwirtschaft." Deshalb hatte die rheinland-pfälzische Landwirtschaft insgesamt weniger hohe Gewinne als im bundesweiten Vergleich.
Generell: Gutes Jahr in der Landwirtschaft
Doch generell sei das vergangene Landwirtschaftsjahr "einfach super" gewesen, so Hansen. Alles wurde im Zuge der Energiekrise teurer – auch Lebensmittel. Verbraucherinnen und Verbraucher merkten das an der Supermarktkasse. Die Landwirte und Landwirtinnen am volleren Geldbeutel: Sie konnten höhere Gewinne für ihre Produkte erzielen. Die Milchpreise gingen nach oben, damit die Erlöse für Milchviehhalter, also Futterbauer. Zwar stiegen auch die Kosten für Dünge- oder Futtermittel, doch die höheren Preise für Getreide, Schweinefleisch oder Milch haben die Kostensteigerung kompensiert, so Hansen.
Trotz guter Gewinne: Schweinehaltung in RLP stirbt aus
Einer der Schweinebetriebe in Rheinland-Pfalz ist der von Uwe Bißbort in Windsberg bei Pirmasens im Südwesten der Pfalz. Bißbort gehört zu einer aussterbenden Art. Denn Schweinebauern gibt es nur noch knappe 100 in ganz Rheinland-Pfalz. 2013 waren es noch 900 Betriebe.
Auf seinem Hof in Pirmasens-Windsberg hält er aktuell noch 160 Zuchtsauen und produziert im Jahr 4.500 Ferkel. Zudem bewirtschaftet er eine Fläche von 200 Hektar, davon 160 Hektar Ackerland und 40 Hektar Grünland. Er baut Winterraps, Wintergerste, Winterweizen, die Getreidekreuzung Triticale, Zuckerrüben und Silomais an für eine Biogasanlage.
Vom Geld aus der Landwirtschaft werden bei Bißborts drei Vollzeitstellen finanziert: Auf dem Hof arbeitet ein Vollzeit-Angestellter. Auch seine Tochter arbeitet 100 Prozent in dem Betrieb. Er und seine Ehefrau sind mittlerweile nur noch zu 50 Prozent in der Landwirtschaft aktiv – wegen der vielen Ehrenämter. "Aktuell haben wir außerdem die Luxussituation, dass seit letztem Sommer ein Azubi hier mit anpackt", sagt Bißbort.
Vor der Pandemie habe der Landwirt etwa 70.000 Euro Gewinn gemacht, im ersten Coronajahr dann nur noch 30.000 und 2021 sogar nur 20.000 Euro. Seither habe sich der Betrieb etwas erholt. 2022 waren es 40.000 und im vergangenen Jahr 50.000 Euro Gewinn. Er hofft, dass er dieses Jahr wieder auf einen Gewinn von 70.000 Euro kommen könnte. Der Umsatz habe in der Coronazeit bei rund 450.000 Euro gelegen. Aktuell liege der Umsatz laut Bißbort zwischen 500.000 und 600.000 Euro.
Ohne EU-Subventionen hätte der Hof die Pandemie nicht überstanden
Schwankende Preise sind eine große Herausforderung in der Landwirtschaft, wie der Fall Bißborts zeigt: Vor Corona bekam man zwei Euro pro Kilo Schlachtgewicht, dann fiel der Preis auf 1,50 Euro. Dann kam die Schweinepest und man bekam nur noch 1,30 – einmal sogar nur 1,19 Euro pro Kilo. Auch, wenn im Zuge der Proteste viele Menschen auf die hohen Zuschüsse für die Landwirte geschimpft hätten, die Corona-Hilfen und EU-Subventionen hätten den Hof durch die Pandemie gerettet. Zwischenzeitlich habe der Hof mehr Subventionen bekommen, als er am Ende Gewinn einbrachte. "Das war frustrierend. Aber ohne die Subventionen hätten wir die Pandemie nicht überlebt", sagt Uwe Bißbort.
Er bekomme jährlich zwischen 40.000 und 50.000 Euro an EU-Subventionen.
Die Zuschüsse, die Deutschland und die EU den Landwirten zukommen lassen, hängen generell stark von den Betriebsformen ab. Während Milch- und Futterbaubetriebe sowie Veredelungsbetriebe besonders hohe Zahlungen erhalten, profitieren die Dauerkulturen kaum von den staatlichen Zuwendungen.
Subventionen im Weinbau geringer
Malenka Stenner bewirtschaftet 10 Hektar – damit ist sie ein recht kleiner Betrieb in Rheinland-Pfalz. Die Agrardieselsubventionen machen bei den Stenners nur einen kleinen Betrag des Umsatzes aus, rund 800 Euro. Neben dem Agrardiesel bekommen die Stenners aber auch andere Zuschüsse. Die berechnen sich pro Hektar. Insgesamt sind es für den Betrieb rund 3.500 Euro im Jahr.
Agrardiesel nur Tropfen, der Fass zum Überlaufen brachte
Das zeigt: Der Agrardiesel macht nur einen kleinen Teil der Gesamtzuschüsse aus, die die Landwirtschaft bekommt. Das ist über alle Betriebsformen so. Im höchsten Fall sind es rund neun Prozent (Futterbau). Das unterstreicht, was viele Landwirte immer wieder sagen: Für den Protest war das Streichen des Agrardiesels nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Spezialisierung: Strategie von Winzerin und Schweinebauer
Eine Sorge der Landwirtschaft hierzulande: Die sehr schwankenden Weltmarktpreise, mit denen sie gezwungen sind, zu konkurrieren. Um auf die Veränderungen der Weltpreise reagieren zu können, ist eine Strategie die Spezialisierung. Bis 2022 hat Bißbort auch Schweinemast betrieben, doch weil der Schweinepreis so stark gefallen ist, mästet er jetzt keine Schweine mehr. Stattdessen hat er sich auf die Ferkelzucht fokussiert, die aktuell deutlich lukrativer sei.
Auch Malenka Stenner hat das Weingut in den vergangenen Jahren mehr und mehr umgestellt und setzt auf Spezialisierung. Von einem für Rheinhessen typischen Gemischtbetrieb mit Tierhaltung, Acker- und Weinbau, blieben nur noch die Weinberge. Den Großteil der Ernte verkaufen die Stenners über die Flasche, nur ein kleiner Teil wird als Fasswein vermarktet.
Bauer Bißbort: Von Erzeugerpreisen allein kann man nicht überleben
Der Landwirt Bißbort findet, man müsse Landwirtschaft auch ohne Subventionen betreiben können. Aber die Marktmacht der großen Supermärkte und die Spekulation mit Lebensmittelpreisen hätten ein System geschaffen, in dem Bäuerinnen und Bauern von den Erzeugerpreisen nicht überleben können. Außerdem brauche es eine Politik, findet Stenner, die genauer darauf schaut, was die Landwirtschaft vor Ort wirklich benötigt.