Wenn Regina Sefzat vom Balkon ihrer Wohnung im vierten Stock nach unten schaut, bekommt sie Sorgenfalten. Mitten auf der Wiese vor dem Hochhaus in der Alexander Diehl-Straße in Mainz-Weisenau stehen vier weiße Container. Und in denen soll sie demnächst duschen oder auf Toilette gehen. Über den Fall hatte zuerst die Allgemeine Zeitung Mainz berichtet.
Vor wenigen Tagen flatterten den Bewohnerinnen und Bewohnern Briefe ins Haus mit der Nachricht: Das Wasser wird bald abgestellt, Duschen und aufs Klo gehen ist dann in einigen Wohnungen nicht mehr möglich. Und das vermutlich bis Januar, befürchtet Regina Sefzat.
"Wenn sich das bis in den Winter ziehen sollte, wie soll das dann funktionieren?", fragt sich die 66-Jährige, die seit 28 Jahren in dem Hochhaus lebt. "Wenn das Wetter dann schlechter wird und es regnet, rutsche ich vielleicht im Matsch aus und verletzte mich noch. Außerdem sind da auch keine Lichter oder so angebracht, dann müsste ich ja im Dunkeln laufen." Und die Heizung werde auch zeitweise abgeschaltet, so Sefzat. Zur Not, scherzt sie, "gehe ich halt sieben Mal die Woche ins Fitnessstudio und dusche dort."
Bewohnerinnen und Bewohner schlecht informiert?
Günter Draheim ist ebenfalls stocksauer. Er ist 73 Jahre alt und lebt seit 24 Jahren mit seiner Frau in einer Mietwohnung im 7. Stock. Er bemängelt vor allem, dass die Bewohnerinnen und Bewohner viel zu kurzfristig in einem Brief über die Sanierungsarbeiten informiert worden seien. "Von heute auf morgen heißt es, nächste Woche kommen die Handwerker. Die reißen uns dann die Wände ein und die Wasserrohre raus. So geht das nicht!" Er werde die Container vor dem Haus jedenfalls nicht benutzen.
Marcel Ehrlich macht sich vor allem Sorgen um seine Mutter, die in dem Haus lebt: "Meine Mutter ist schon älter und die soll dann zu den Containern draußen im Freien gehen?"
Außerdem vermutet Ehrlich, dass zum Beispiel morgens, zu Stoßzeiten, die Container belegt sein könnten. "Soll man sich dann ein Nümmerchen ziehen oder sich um die Duschkabinen rangeln mit andren Bewohnern? Andere gehen hier aus den Nachbareingängen zur Arbeit, Kinder gehen zur Schule, machen vielleicht Bilder mit dem Smartphone und laden das ins Internet hoch. An so etwas hat wohl keiner bei der Planung gedacht!"
In einem sind sich aber alle Betroffenen einig: Schuld für das Chaos tragen sowohl die Hausverwaltung, die Krongarten Service GmbH aus Mainz, als auch der Immobilienkonzern Vonovia, dem 14 der 18 betroffenen Wohnungen gehören.
Ferienwohnungen und Hotels für betroffene Bewohner
Bei Vonovia ist man sich keiner Schuld bewusst. "Wir sind genauso kurzfristig von der Hausverwaltung informiert worden wie die Mieterinnen und Mieter", erklärt Pressesprecher Olaf Frei.
Jetzt gehe es darum, gute Lösungen für die betroffenen Mieterinnen und Mieter zu finden. Neben drastischen Mietnachlässen stellt Frei auch kurzzeitige Umzüge in Hotels oder Ferienwohnungen in Aussicht. "Für den Fall, dass auch die Heizungen abgestellt werden müssen, haben wir vorsorglich jeder Partei bereits einen Heizlüfter zukommen lassen", sagt Frei.
Rechtsstreit zwischen Hausverwaltung und Vonovia
Und überhaupt befinde man sich mit der Hausverwaltung in einem laufenden Rechtsstreit wegen der Sanierungsarbeiten. Bereits 2017 haben die restlichen Eigentümer, die neben Vonovia Wohnungen in dem Hochhaus besitzen, laut Frei in einer Versammlung beschlossen, dass die Leitungen erneuert werden müssten. Die Hausverwaltung wurde beauftragt, Angebote einzuholen. Mit der Art und Weise, wie die Arbeiten durchgeführt werden sollen, sei man aber nicht einverstanden gewesen, so der Vonovia-Sprecher weiter. Dagegen habe man geklagt und in erster Instanz Recht bekommen. Derzeit laufe das Berufungsverfahren. Deshalb sei es auch nicht nachvollziehbar, warum die Arbeiten jetzt Hals über Kopf starten müssten.
Hausverwaltung weist Schuld von sich
Aus Sicht der Hausverwaltung klingt all das allerdings ein bisschen anders. "Wir haben sowohl die Bewohnerinnen und Bewohner sowie Vonovia rechtzeitig über den Beginn der Arbeiten informiert, erklärt Hausbetreuer Hans-Peter Naber: "Warum jetzt alle behaupten, dass das nicht der Fall war, verstehe ich nicht".
Es sei auch nicht richtig, dass einige Betroffene bis Januar weder Dusche noch Toilette benutzen können. "Die Arbeiten sind so geplant, dass immer fließendes Wasser, zum Beispiel in der Küche, zur Verfügung steht. Und was die Toiletten angeht: Älteren Menschen muten wir natürlich nicht zu, immer vor der Tür aufs Klo zu gehen. Alle, die das benötigen, bekommen von uns eine chemische Toilette in die Wohnung, die regelmäßig gereinigt wird", so Naber weiter. Außerdem sollten die Einschränkungen auch höchstens vier bis sechs Wochen dauern.
Wie es für die Bewohnerinnen und Bewohner des Hochhauses jetzt weitergeht, ist unklar. Laut den Bauplänen soll das Wasser vermutlich Anfang oder Mitte Oktober abgestellt werden. Für wie lange, weiß aktuell aber niemand.